Holcim-Chef Jenisch wechselt mit Rekordergebnis an VR-Spitze
Zug – Bei Holcim kommt es zu einem Wechsel an der Spitze: Verwaltungsratspräsident Beat Hess (74) tritt an der nächsten GV nicht mehr an. Sein Nachfolger wird Konzernchef Jan Jenisch, der Holcim im vergangenen Jahr zum besten Ergebnis aller Zeiten geführt und einen rasanten Umbau vorangetrieben hat.
Jenisch werde seine Tätigkeit als CEO noch für eine begrenzte Zeit fortsetzen. «Sein Nachfolger wird innerhalb der nächsten 12 Monate bekannt gegeben», teilte Holcim am Freitag mit.
Der 56-jährige Deutsche hat den grössten Baustoffhersteller der Welt wieder auf die Erfolgsspur gebracht, nachdem dieser durch die Turbulenzen als Folge der Fusion der Schweizer Holcim mit der französischen Konkurrentin Lafarge im Jahre 2015 aus dem Tritt gekommen war. Jenisch trat im Oktober 2017 die Nachfolge von Eric Olson an. Dieser hatte Ende April im Zusammenhang mit Schutzgeldzahlungen im syrischen Bürgerkrieg seinen Rücktritt bekannt gegeben.
Die Affäre verfolgt den Konzern seit Jahren: Im vergangenen Jahr musste Holcim eine Busse von 778 Millionen Dollar an das US-Justizministerium zahlen. Und in Frankreich ist immer noch ein juristisches Verfahren hängig.
Konzern verschlankt und umgebaut
Nach seiner Ankunft setzte Jenisch die Schere an: Komplexitäten wurden abgebaut, die Konzernleitung verkleinert, die beiden Konzernzentralen in Paris und Zürich dicht gemacht. Das Hauptquartier wurde nach Zug verlegt.
Darüber hinaus baute Jenisch den Konzern um: So verkaufte das Unternehmen eine Reihe von Zementgeschäften in Schwellenländern. Im vergangenen Jahr zog sich Holcim aus Indien, Brasilien und Simbabwe zurück.
Auf der anderen Seite expandierte Holcim unter Jenisch in Industrieländern ins Bauzuliefergeschäft. So wurde die neue Sparte Lösungen & Produkte aufgebaut, die etwa Produkte für Dächer, Fassaden oder Gebäudeisolation herstellt. Diese Division, die mit milliardenschweren Zukäufen erweitert wurde, ist mittlerweile das Rennpferd von Holcim.
Im vergangenen Jahr schoss dort der Umsatz um über die Hälfte nach oben. Mit 5,5 Milliarden Franken steuert die Sparte mittlerweile 19 Prozent zum Konzernumsatz bei. Bis 2025 sollen es 30 Prozent werden.
Neue Rekorde bei Umsatz und Gewinn
Seit Jenischs Amtsantritt hat Holcim den Umsatz um 2,2 Milliarden auf 29,2 Milliarden im 2022 gesteigert. Das ist Rekord. Der wiederkehrende Betriebsgewinn EBIT kletterte im vergangenen Jahr um 3,0 Prozent auf 4,75 Milliarden Franken. Auch das ist eine Bestmarke. Darin sind Restrukturierungs-, Prozess- und andere Einmalkosten sowie Wertminderungen auf Betriebsanlagen nicht enthalten.
Der Konzerngewinn schoss um 44 Prozent auf 3,31 Milliarden Franken nach oben. Dabei spülte alleine der Verkauf von Indien einen Sondergewinn von 1,5 Milliarden Franken in die Kasse. Auf der anderen Seite wurde das Ergebnis von der Busse von 778 Millionen US-Dollar des US-Justizministeriums wegen der Syrien-Affäre belastet.
Im vergangenen Jahr wurde die Transformation mit 23 Zu- und Verkäufen vorangetrieben. Und im laufenden Jahr geht es in hohem Tempo weiter: Im Januar und Februar hat Holcim bereits sieben weitere Akquisitionen angekündigt. Und einige Übernahmen würden in der nächsten Zeit bekannt gemacht, sagte Jenisch vor den Medien.
Ein wichtiges Ziel von Holcim ist vor allem auch mehr Nachhaltigkeit – Baustoffhersteller gelten bekanntlich als grosse Umweltverschmutzer, was sich etwa im Aktienkurs manifestiert. Auch hier ist schon einiges passiert. «Als führendes Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit hat Holcim den CO2-Ausstoss pro Umsatz deutlich reduziert und ist auf dem besten Weg, ein Netto-Null-Unternehmen zu werden», erklärte das Unternehmen.
Weitere Rekordergebnisse angestrebt
In seinen letzten Monaten als Konzernchef will Jenisch erstmals die Marke von 30 Milliarden Franken Umsatz knacken. Im laufenden Jahr soll der Nettoumsatz um 3 bis 5 Prozent wachsen. Der wiederkehrende EBIT auf vergleichbarer Basis soll dabei überproportional zulegen. Damit wird die Rekordjagd weitergeführt.
Kritik an seinem Doppelmandat wies Jenisch zurück: Das sei jetzt mal die beste Lösung für dieses Jahr, um kein Tempo bei der Transformation zu verlieren, sagte er. Das Doppelmandat werde nur eine sehr beschränkte Zeit dauern. Auf seinen Lohn als Verwaltungsratspräsident verzichtet er, solange noch Konzernchef ist. (awp/mc/pg)