Innovationskraft ungebremst: Patentanmeldungen in Europa nehmen 2022 weiter zu
München – Im vergangenen Jahr gingen beim Europäischen Patentamt (EPA) 193 460 Anmeldungen ein. Dies entspricht einem Anstieg um +2,5 % gegenüber dem Vorjahr (2021: 188 809). Laut dem heute vom EPA veröffentlichten Patent Index 2022 hat das Anmeldeaufkommen nach einem leichten Rückgang im Jahr 2020 (180 417, 0,6 %) und der deutlichen Erholung 2021 (+4,7 %) damit eine neue Höchstmarke erreicht.
Die steigende Zahl der Patentanmeldungen – ein Frühindikator für die Investitionen der Unternehmen in Forschung und Entwicklung – unterstreicht, dass die Innovationstätigkeit im vergangenen Jahr trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten auf der ganzen Welt robust blieb.
«Wenn es um das Versprechen grüner Innovationen geht, gab es ein solides, anhaltendes Wachstum bei den Anmeldungen im Zusammenhang mit sauberen Technologien und anderen Mitteln zur Erzeugung, Übertragung und Speicherung von Strom», sagte EPA-Präsident António Campinos. «Es ist dieser anhaltende Boom, der die Energiewende vorantreibt. Innovatoren arbeiten auch an einer intelligenteren Zukunft, da die vierte industrielle Revolution unser Leben, unsere Sektoren und Industrien erfasst – und weit in andere Bereiche vom Verkehr bis zum Gesundheitswesen hineinreicht. Dies lässt sich an der unaufhaltsamen Zunahme der Patentanmeldungen in den Bereichen digitale Technologien und Halbleiter erkennen.
Boom bei digitalen Technologien, Batterien und Halbleitern
Die digitale Kommunikation (+11,2 % gegenüber 2021) war auch im vergangenen Jahr der Bereich mit den meisten Patentanmeldungen, dicht gefolgt von der Medizintechnik (+1,0 %) und der Computertechnik (+1,8 %). Der starke Anstieg der Patentanmeldungen im Bereich der digitalen Technologien wirkt sich auch auf viele andere Bereiche wie das Gesundheitswesen, den Verkehr und die Landwirtschaft aus.
Elektrische Maschinen/Apparate/Energie (+18,2 %), ein Bereich, der Erfindungen im Zusammenhang mit sauberer Energie umfasst, war der am schnellsten wachsende unter den zehn wichtigsten Technologiebereichen, was zum Teil auf den Boom bei Batterietechnologien (+48,0 %) zurückzuführen ist. Die Bereiche Halbleiter (+19,9 %) und audiovisuelle Technologie (+8,1 %) verzeichneten ebenfalls ein starkes Wachstum, wenn auch von einer geringeren Basis aus. Die Patentaktivität in der Pharmazie setzte ihren stetigen Anstieg fort (+1,0 %) und schob sich am Verkehrssektor (-2,6 %) vorbei, um zum ersten Mal in den letzten zehn Jahren unter die fünf wichtigsten Technologiebereiche aufzusteigen. Auch die Biotechnologie (+11,0 %) boomte weiter.
Starkes Wachstum aus China und den USA
Die fünf wichtigsten Herkunftsländer für Patentanmeldungen beim EPA im Jahr 2022 waren die Vereinigten Staaten (mit einem Viertel der Gesamtzahl), Deutschland, Japan, China und Frankreich (siehe Grafik Herkunft der Anmeldungen). Der Anstieg der Anmeldungen im Jahr 2022 ist vor allem auf Anmeldungen aus China (+15,1 % gegenüber 2021) zurückzuführen, die sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt haben, und in geringerem Masse auf Anmeldungen aus den USA (+2,9 %) und der Republik Korea (+10,0 %).
Die Zahl der Patentanmeldungen aus den 39 Ländern der Europäischen Patentorganisation (83 955) blieb zwar auf dem gleichen Niveau wie 2021 (83 894, +0,1 %), ihr Anteil an der Gesamtzahl ging jedoch um einen weiteren Prozentpunkt auf knapp 44 % zurück. Der wachsende Anteil von Anmeldungen beim EPA, die von außerhalb Europas stammen, verdeutlicht die Attraktivität des europäischen Technologiemarktes für Unternehmen aus der ganzen Welt.
Was die Technologietrends betrifft, so nahmen die Patentanmeldungen aus den USA in den Bereichen digitale Kommunikation und elektrische Maschinen/Apparate/Energie stark zu. Europäische Unternehmen meldeten weniger Patente in der digitalen Kommunikation an, dafür aber deutlich mehr in der Computertechnik, der Medizintechnik und der Biotechnologie. Patentanmeldungen aus China nahmen in den meisten wichtigen Technologiebereichen zu.
Trends in den europäischen Ländern: Deutsche Unternehmen melden weniger Anmeldungen an; Irland, die Schweiz und Belgien verzeichnen ein starkes Wachstum
Die Patentanmeldungen von Unternehmen in Deutschland, Europas führendem Land in Bezug auf Patentanmeldungen, gingen im vergangenen Jahr um 4,7 % zurück, was vor allem auf Rückgänge in Bereichen wie Verkehr (einschliesslich Kraftfahrzeuge), elektrische Maschinen/Apparate/Energie und organische Feinchemie zurückzuführen ist. Die Anmeldungen aus den meisten anderen führenden europäischen Patentanmeldeländern sind gestiegen, darunter Frankreich (+1,9 %), die Schweiz (+5,9 %) und die Niederlande (+3,5 %). Von den anderen europäischen Ländern mit mehr als 1’000 Anmeldungen pro Jahr verzeichneten Irland (+12,3 %), Belgien (+5,0 %) und Österreich (+3,4 %) das stärkste Wachstum. Bei den Patentanmeldungen pro Kopf der Bevölkerung war die Schweiz erneut führend, gefolgt von einigen nordischen Ländern (siehe Grafik Patentanmeldungen pro Million Einwohner).
Huawei führt Anmelder-Ranking an
Die führenden Patentanmelder beim EPA im Jahr 2022 sind Huawei (Nr. 1 im Jahr 2021), gefolgt von LG (von Platz 3 im Jahr 2021), Qualcomm (Sprung von Platz 7 auf Platz 3), Samsung und Ericsson. Unter den Top Ten befinden sich vier Unternehmen aus Europa, zwei aus der Republik Korea, zwei aus den USA und je eines aus China und Japan.
Jede fünfte Patentanmeldung wird von einem kleinen Unternehmen eingereicht
Patente sind nicht nur für grosse Unternehmen von Interesse. Ein erheblicher Teil der Anmeldungen beim EPA stammt von kleineren Unternehmen: Im Jahr 2022 stammte jede fünfte Patentanmeldung beim EPA aus Europa von einem Einzelerfinder oder einem kleinen oder mittleren Unternehmen (weniger als 250 Mitarbeiter). Weitere 7 % kamen von Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen (siehe Grafik Aufschlüsselung der Anmelder nach Kategorien).
Der vollständige Patentindex 2022 kann unter epo.org/patent-index2022 eingesehen werden. (EPA/mc/hfu)
Über das EPA Mit 6’300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist ferner weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche. |