Wetterphänomen El Niño kommt mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit
Genf – Die Welt muss sich nach einer Prognose der Weltwetterorganisation (WMO) wegen des nahenden Klimaphänomens El Niño bereits in diesem Jahr auf eine weitere Temperatursteigerung einstellen. Schon jetzt sei das Oberflächenwasser im zentralen und östlichen Pazifik höher als im langjährigen Durchschnitt, und dies gehe immer mit höheren Temperaturen an Land einher, berichtete die WMO am Mittwoch in Genf. Mit Blick auf 2024 und 2025 seien wegen El Niño sogar Temperaturrekorde zu befürchten, sagte WMO-Chef Petteri Taalas.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein El Niño entwickelt, liege für die Periode Juni bis August bei 70, für Juli bis September bei 80 Prozent, teilte die WMO mit. Das könne die globale Durchschnittstemperatur, die durch menschengemachte Treibhausgase seit Jahrzehnten steigt, zusätzlich in die Höhe treiben. «Die Entwicklung eines El Niño (…) erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Temperaturrekorde gebrochen werden», sagte Taalas.
Veränderte Meeres- und Luftströmungen
El Niño und das Gegenstück La Niña begünstigen Extremwetter in vielen Weltregionen. El Niño treibt die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe, während La Niña einen kühlenden Effekt hat. Sie tauchen abwechselnd alle paar Jahre auf. Bei beiden verändern sich die Meeres- und Luftströmungen im und über dem süd-südöstlichen Pazifik. Je nach Weltregion erzeugt dies vermehrte Niederschläge oder Dürren. Weil die Erwärmung der Küstengewässer vor Peru immer zum Jahresende besonders hoch waren, nannten Fischer das Phänomen El Niño (das Christkind).
Schwierige Prognosen
In den vergangenen drei Jahren sei das globale Klima von La Niña beeinflusst worden, sagte Taalas. «Das wirkte wie eine Bremse auf den globalen Temperaturanstieg.» Wie lange El Niño anhält oder wie stark die Folgen sind, könnten Fachleute nicht voraussagen. Typische Folgen sind nach WMO-Angaben mehr Regenfälle in Teilen Südamerikas, den südlichen USA und am Horn von Afrika (Somalia, Äthiopien und Kenia). In Australien, Indonesien und Teilen von Südasien komme es dagegen öfter zu starken Dürren. Von Juni bis September steige bei El Niño die Gefahr von schweren Stürmen im zentralen und östlichen Pazifik, während sich im Atlantik oft weniger Hurrikans bilden.
2014 bis 2016 waren durch einen sehr starken El Niño gekennzeichnet. Dies trug neben dem Klimawandel dazu bei, dass 2016 das heisseste Jahr seit der Industrialisierung war. Die globale Durchschnittstemperatur lag nach Angaben der WMO rund 1,3 Grad über dem Durchschnittswert von 1850-1900. Nicht jeder El Niño hat so starke Auswirkungen. (awp/mc/pg)