Vier Fragen an Alfredo Gomez Soria, Plug and Play Tech Center in Frankfurt
Es gibt viele VCs, die sich auf Fintechs fokussieren. Aus welchen Gründen betreibt Plug and Play extra einen Fintech-Hub in Frankfurt? Welche Vorteile ergeben sich dabei?
Alfredo Gomez Soria: Die Entscheidung, einen Standort in der Mainmetropole zu eröffnen, war eine sehr bewusste. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben den offensichtlichen Gründen, dass Frankfurt das Zentrum des europäischen Finanzsystems und Deutschland der größte Fintech-Markt in Kontinentaleuropa ist, gibt es natürlich noch weitere, vor allem strategische Gründe. Die räumliche Nähe ermöglicht es uns, ein sehr starkes Netzwerk von Investoren, Mentoren und Branchenexperten zu pflegen. Zudem sind viele unserer Partner aus dem Finanzsektor in Frankfurt ansässig, was die Zusammenarbeit zusätzlich erleichtert. Im Übrigen ist die Nachfrage nach Corporate-Partnern aus dem Finanzsektor in Frankfurt sehr hoch. Die Unterstützung dieser Partner ist wiederum sehr wichtig für das Wachstum der hier ansässigen Startups, da die Kooperationen von Vorteil sind, um Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt zu bringen.
Der Finanzsektor hat sich in den vergangenen 10 Jahren enorm verändert. Welche Rolle messen Sie Startups dabei zu und wie gelingt es Banken zukünftig, agiler im Markt zu agieren?
Die Zusammenarbeit zwischen Startups und Banken bietet viele Vorteile. Junge Unternehmen können von der Erfahrung und den Ressourcen der Banken profitieren, während die Banken von den innovativen Ideen und Technologien der Startups profitieren. Durch die Zusammenarbeit können sie neue Lösungen entwickeln und die Bedürfnisse ihrer Kunden besser bedienen. Um in einem wettbewerbsintensiven Umfeld erfolgreich zu sein, müssen sich Banken agiler positionieren und ihre Infrastruktur modernisieren. Die Einführung von Cloud-Technologien, die Automatisierung von Prozessen und die Zusammenarbeit mit Fintech-Startups können dazu beitragen. Insgesamt ist das Innovationsmanagement zu einem zentralen Faktor im Finanzsektor geworden. Banken entwickeln digitale Ökosysteme und Plattformen, um ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten. Die Inspiration kommt dabei häufig von Fintech-Startups.
In den letzten Jahren ist ein regelrechter Investitions-Hype im Fintech-Segment erfolgt. Wie schätzen Sie heute die aktuelle Lage ein?
Im Jahr 2021 haben die Investitionen im Bereich Fintech ihren Höhepunkt erreicht. Seitdem sind die Investitionssummen jedoch größtenteils wieder rückläufig. Im Jahr 2022 blieb die Nachfrage in einigen Segmenten wie Payment, Crypto & Defi jedoch trotz des Rückgangs der Investitionen hoch. Einige antizyklische Segmente wie Climate Fintech haben sich noch besser entwickelt. So stiegen die Investitionen in Climate Fintech Startups in nur 3 Jahren um den Faktor 10 auf fast 3 Milliarden Euro. Mittlerweile zeigt sich, dass trotz diverser Schocks im Fintech-Sektor die Investitionen von Monat zu Monat stabil geblieben sind und sich auf einem Niveau von ca. 0,5 Mrd. € pro Monat eingependelt haben. Insgesamt wird erwartet, dass die Nachfrage nach innovativen Lösungen im Finanzsektor weiter anhält und die Investitionen in Fintech-Startups daher weiter steigen werden.
Was sind Ihre konkreten Pläne in den kommenden Jahren? Auf welche Bereiche innerhalb der Fintech-Welt möchten Sie sich konkret fokussieren und weshalb?
Die wachsende Zahl an Fintech-Startups hat dazu geführt, dass es immer wichtiger wird, in solche Startups zu investieren, die sich durch eine klare Differenzierung und einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen im Finanzsektor auszeichnen. Ein vielversprechender Bereich ist der Climate-Fintech-Sektor, der aktuell immer mehr Investoren anzieht. Produkte und Dienstleistungen wie grüne Kredite, Klimarisiko-Bewertungen, nachhaltige Investmentplattformen, Klima-Indexfonds und nachhaltige Versicherungsprodukte sind hier besonders gefragt. Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie gewinnen ebenfalls an Bedeutung und werden für Investoren immer relevanter, insbesondere durch neue Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit von Kryptotransfers, die ein sicheres Umfeld schaffen und das Vertrauen der Verbraucher stärken sollen.
Ein weiterer Bereich umfasst Lösungen zu Kostenreduzierung und Prozessoptimierung. Vor allem Organisationen im Bereich Wealth- und Asset-Management setzen dafür zunehmend auf Fintech-Lösungen und wollen ihren Kunden dadurch einen besseren Service bieten. Auch die Trendthemen KI und Datenanalyse stehen im Finanzsektor hoch im Kurs. Hier werden große Datenmengen analysiert, um effizientere und genauere Entscheidungen zu treffen. Unser Standort in Frankfurt legt zudem besonderen Fokus auf AML (Anti-Geldwäsche), KYC (Know Your Customer) und Fraud-Prävention im Finanzsektor. Hier können innovative Lösungen von Startups, die künstliche Intelligenz und Big Data Analyse nutzen, dazu beitragen, verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen und beispielsweise KYC-Prozesse zu automatisieren, um das Kundenerlebnis zu verbessern und Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Um die Entwicklung all dieser neuen Technologien und Geschäftsmodelle gemeinsam voranzutreiben, streben wir Kooperationen mit der LBBW, der BayernLB, der DSGV und der Targobank an. Diese sollen uns eine noch bessere Marktposition verschaffen und unseren Startups langfristig weitere Vorteile sichern. (PlugAndPlayTechcenter/Bettertrust/mc/hfu)