US-Schluss: Dow mit längster Gewinnserie seit Jahren
New York – Der bekannteste Wall-Street-Index Dow Jones Industrial hat am Mittwoch den achten Handelstag in Folge Gewinne verbucht. Es ist seine längste Rally-Strecke seit Jahren. Gleich zum Handelsstart übersprang er die Marke von 35’000 Punkten und erreichte ein weiteres 15-Monats-Hoch.
Insgesamt herrscht derzeit allgemein Optimismus, was die Risiken für eine mögliche Rezession in der weltgrössten Volkswirtschaft betrifft. Zudem erwarten die meisten Marktakteure, dass die US-Notenbank nur noch einen Zinsschritt gehen wird, und zwar in der kommenden Woche, und dass dann der Zinserhöhungszyklus beendet wird.
Mit einem Plus von 0,31 Prozent auf 35’061,21 Punkten beendete der Dow den Tag. Der S&P 500 stieg um 0,24 Prozent auf 4565,72 Zähler, während der Nasdaq 100 um 0,09 Prozent auf 15’826,35 Zähler nachgab.
Am US-Anleihemarkt ging es für die Renditen zugleich weiter abwärts, nachdem sie bereits in den vergangenen Tagen nachgegeben hatten. Zuletzt stieg der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) um 0,19 Prozent auf 112,97 Punkte. Für die Rendite zehnjähriger US-Anleihen ging es auf 3,747 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit Ende Juni.
Zum einen dürfte die überraschend stark abgeschwächte Inflation in Grossbritannien als ein Auslöser gelten, denn rückläufige Inflationsraten untermauern Hoffnungen, dass damit der Druck auf die Notenbanken nachlässt, noch weiter an der Zinsschraube zu drehen.
Aktuelle US-Konjunkturdaten lieferten andererseits Hinweise, dass die Zinsanhebungen Wirkung zeigen: Die Bautätigkeit in den USA entwickelte sich im Juni schwach, allerdings nach einem sehr starken Vormonat. Zuletzt hat sich die Lage auf dem Immobilienmarkt wegen rückläufiger Hypothekenzinsen etwas entspannt, die kräftig gestiegenen Zinsen stellen aber weiterhin eine hohe Belastung für den Häusermarkt dar.
Unter den Einzelwerten stachen Goldman Sachs nach Quartalszahlen mit einer ausgeprägten Berg- und Talfahrt hervor. Letztlich stieg die Aktie um 1,0 Prozent. Die Einnahmen der Bank im Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren waren zwar hinter den Erwartungen zurückgeblieben, doch insgesamt sei das Quartal besser ausgefallen als gedacht, schrieb etwa RBC-Analyst Gerard Cassidy. Unter Ausklammerung der negativen Einmaleffekte sei das Ergebnis je Aktie im Kerngeschäft deutlich höher als vom ihm und dem Analystendurchschnitt erwartet.
Leicht aufwärts ging für Netflix, während IBM minimal im Plus schlossen und Tesla nachgaben. Alle drei präsentierten ihre Quartalsberichte nach Börsenschluss.
Die Apple-Aktie sprang nach Gerüchten über die Entwicklung eines Konkurrenz-Systems für ChatGPT und andere KI-Chatrobots auf ein Rekordhoch von etwas unter 200 Dollar und legte letztlich um 0,7 Prozent zu. Die Software werde intern von einigen Apple-Mitarbeitern getestet, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg. ChatGPT sorgt seit Ende vergangenen Jahres für Aufsehen, weil der Chatbot auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen kommunizieren kann. Die Software des Start-ups OpenAI wurde dafür mit einer gewaltigen Menge an Daten trainiert.
Tags zuvor hatte die Microsoft-Aktie ein Rekordhoch erreicht, nachdem der Software-Gigant Preise für die gewerbliche Nutzung des durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützten Tools Microsoft 365 Copilot bekannt gegeben hatte. Zur Wochenmitte allerdings wurde ein Teil der Gewinne wieder mitgenommen. Der Anteilschein gab um 1,2 Prozent nach.
Telekomaktien erholten sich nach den jüngst kräftigen Verlusten wegen Sorgen über Bleibelastungen bei Verkabelungen, Umweltschäden und mögliche kostspielige Rechtsstreitigkeiten. Der Telekomkonzern AT&T hatte mitgeteilt, dass weniger als zehn Prozent seiner Kabel mit Blei ummantelt seien. Das sorgte für Beruhigung am Markt.
AT&T stiegen als Spitzenwert im S&P 100 um 8,5 Prozent, während Verizon an der Dow-Spitze um 5,3 Prozent zulegten. Telephone & Data Systems erholten sich um 6,8 Prozent und Frontier Communications sprangen um etwas mehr als 26 Prozent nach oben.
Mit plus 2,3 Prozent profitierten ausserdem Cisco davon, dass JPMorgan empfiehlt, die Aktien des Netzwerkausrüsters im Portfolio überzugewichten.
Der Euro pendelte um die Marke von 1,12 Dollar und wurde zum Börsenschluss an der Wall Street mit 1,1201 Dollar gehandelt. Börsianer sprachen von einer kleinen Gegenbewegung nach dem jüngsten Kursanstieg. Am Dienstag war der Eurokurs bis auf 1,1276 Dollar geklettert und hatte damit den höchsten Stand seit Februar 2022 erreicht. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs in Frankfurt auf 1,1222 (Dienstag: 1,1255) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8911 (0,8885) Euro. (awp/mc/ps)