Martin Luther King – Spontan entstand sein Traum von einer gerechteren Welt
Am 28. August 1963 hielt Martin Luther King eine der berühmtesten Reden der Geschichte. Die Worte „I have a dream“ haben sich ins kollektive Gedächtnis eingeprägt – dabei hatte er eigentlich gar nicht vorgehabt, sie zu sagen.
Die Bürgerbewegung war gespalten, wie es so oft der Fall ist: Radikale und Liberale standen sich unvereinbar gegenüber. In dieser Situation verfasste George Plimpton Anfang der 1960er-Jahre ein Porträt über den Schwarzenführer Malcolm X, dessen Pointe noch heute verblüfft: Dem Schriftsteller zufolge hatte der Mann es leicht. Weil er ein Extremist sei, ergäben seine Worte immer eine eindeutige und vollständige Lösung aller Probleme. Malcolm X sei völlig sicher, dass man die Weißen mit allen Mitteln bekämpfen müsse, er verstricke sich nie in moralische Probleme.
Denkt man Plimptons Punkt konsequent zu Ende, so hatte es Malcolm X’ liberaler Konkurrent Martin Luther King (1929 bis 1968) beim „Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit“ damit deutlich schwerer. Er konnte unmöglich zu rhetorischen Methoden wie Malcolm X greifen. Wer sich das vor Augen hält, wird die Leistung noch höher schätzen, die der Theologe am 28. August 1963 vollbracht hat. Und am Ende hielt Martin Luther King die eine Rede, die bis heute nachwirkt – und nicht der Extremist Malcolm X.