Müde und erschöpft – die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung verschlechtert sich
Luzern – Die Schweizer Bevölkerung fühlt sich weniger gesund als vor der Pandemie. Eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes zeigt sich bei den über 65-Jährigen: Rund die Hälfte von ihnen fühlt sich nicht ganz gesund oder krank. Vielen jungen Erwachsenen geht es mental nicht gut und sie haben Mühe, professionelle Hilfe zu finden. Und: Die Doppelbelastung mit Arbeit und Care-Arbeit fordert ihren Tribut bei Frauen zwischen 41 und 50 Jahren. Sie sind psychisch am meisten belastet. Dies zeigt die CSS Gesundheitsstudie 2023.
Im März 2020 gaben 22 Prozent der Befragten an, sich nicht ganz gesund zu fühlen. 2023 ist dieser Anteil auf 34 Prozent gestiegen. Auffällig ist die Zunahme bei den Senioren/-innen: von 30 Prozent im Jahr 2020 ist der Anteil auf 46 Prozent in diesem Jahr angestiegen. Vor und während der Pandemie lag die Zahl der Krankheitstage der Senioren/-innen bei 2,6 pro Jahr und damit deutlich unter dem Durchschnitt von 3,8. Im Jahr der verstärkten Corona-Massnahmen (2021) sank der Wert der Senioren/-innen auf 2,2 Tage und stieg 2023 an auf mehr als das Doppelte mit 4,5 Tage.
Erschöpfte Nation
Mehr als zwei Drittel der sich krank fühlenden Personen gaben an, dass sie oft an Müdigkeit und Erschöpfung (68%) litten. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass die Erschöpfung auch auf Covid-Erkrankungen zurückzuführen ist. Häufig genannt werden zudem Schmerzen (48%), Infektionskrankheiten (41%) sowie Stress (40%). Die angeschlagene Gesundheit wirkt sich auch auf den Alltag aus: Betroffene leiden an Schlafproblemen und Bewegungsmangel, reduzieren gar ihr Sozialleben und leiden unter angespannten Beziehungen.
Engpässe bei Medikamenten
Gut die Hälfte der Bevölkerung benötigte im vergangenen Jahr Medikamente. 37 Prozent von ihnen waren von Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten betroffen. Die meisten konnten gleichwertige Alternativen finden. Bei 7 Prozent der Personen mit Medikamentenbedarf wirkten sich die Lieferschwierigkeiten hingegen negativ auf die Behandlung aus.
Psychisches Wohlbefinden bei Frauen zwischen 41 und 50 Jahren am schlechtesten
Die mentale Gesundheit ist eine grosse Herausforderung für die Schweiz: Während es 2021 noch knapp drei Viertel der Bevölkerung immer oder meistens gut ging, sind es 2023 nur noch gut zwei Drittel. Immer noch geht es den jungen Erwachsenen schlechter als der übrigen Bevölkerung. Allerdings zeigt sich eine leichte Aufhellung der Stimmung: Der Anteil der jungen Erwachsenen, denen es psychisch gut geht, ist von 57 auf 60 Prozent gestiegen.
Eine anhaltende negative Tendenz zeigt sich dagegen bei den Erwachsenen: Seit 2021 ist der Anteil der mental ganz Gesunden von 75 auf 67 Prozent gesunken. Am schlechtesten ist die mentale Stimmung bei Frauen zwischen 41 und 50 Jahren. Es ist das Lebensalter, in dem sich beruflicher und familiärer Stress oft vermischen. Psychisch am robustesten zeigen sich weiterhin die Senioren/-innen.
Junge Erwachsene haben Mühe, professionelle Unterstützung zu finden
38 Prozent derjenigen, denen es psychisch nicht gut geht, gaben an, professionelle Hilfe in Anspruch genommen zu haben. Eine Mehrheit von 62 Prozent holt sich in dieser Situation jedoch keine Unterstützung durch einen Psychiater/-in oder einen Psychologen/-in. Allerdings finden nicht alle, die professionelle Hilfe suchen auch die benötigte Unterstützung. Für knapp die Hälfte der Befragten gestaltete sich dies schwierig. Besonders junge Erwachsene, denen es ohnehin öfter schlecht geht, haben eher Mühe, professionelle Unterstützung zu erhalten. Auch für Personen, die sich in einer akuten psychischen Krise befinden, gestaltet sich die Suche nach einem Therapieplatz schwieriger.
Mehr Flexibilität bei der Arbeit reduziert Stress
Wie wirkt sich die Arbeit auf unser psychisches Wohlbefinden aus? Eine grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung (70 Prozent) erachtet eine psychische Erkrankung aufgrund von Leistungsstress als Gefahr für die Gesundheit. Entgegen der Annahme, dass die räumliche und zeitliche Flexibilisierung der Arbeitswelt zu mehr Druck führt, beurteilen drei von vier berufstätigen Befragten die Flexibilisierung bei der Arbeit als positiv. Sie wirkt entlastend: Die Arbeit lässt sich an die eigene Tagesform und an private Angelegenheiten anpassen. Diese positive Wahrnehmung ist bei Frauen, die auch heute noch mehr Care-Arbeit übernehmen, etwas stärker verbreitet als bei den Männern.
Lebensqualität ist wichtiger als ein langes Leben
Wenn sich die Bevölkerung zwischen einem langen, einem erfüllten oder einem gesunden Leben entscheiden müsste, würden sich nur für 2 Prozent für ein langes Leben entscheiden. Für 54 Prozent steht ein erfülltes Leben an erster Stelle, für 44 Prozent ist es die Gesundheit. Für Senioren/-innen ist die Gesundheit im Vergleich zur Erfülltheit wichtiger. Interessanterweise betrachten auch Personen, die (eher) krank sind, ein erfülltes Leben als den wichtigsten Aspekt ihrer Lebenszeit. (mc/pg)