Westschweizer SP-Politschwergewicht Nordmann will Berset beerben

Westschweizer SP-Politschwergewicht Nordmann will Berset beerben
Roger Nordmann, Waadtländer SP-Nationalrat mit Bundesratsambitionen. (Bild: SRF)

Bern – Mit der Kandidatur des Waadtländer SP-Nationalrats Roger Nordmann kommt weitere Bewegung ins Rennen um die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset. Nordmann gilt als politisches Schwergewicht, sieht sich selbst als «gesamtschweizerischer Romand» und Brückenbauer.

Nordmann ist der erste Westschweizer Sozialdemokrat auf dem Kandidierendenkarussell. Den Hut in den Ring geworfen haben vor ihm bereits vier Deutschschweizer, nämlich der Basler Regierungspräsident und frühere Nationalrat Beat Jans, die Nationalräte Jon Pult (GR) und Matthias Aebischer (BE) und Ständerat Daniel Jositsch (ZH).

Der Lausanner Nordmann betonte am Mittwoch vor den Medien in Bern, seine Kandidatur sei nicht die eines Romands, sondern eine sprachübergreifende und die eines Schweizers. Angesichts der dramatischen Zeitenwende brauche es keinen Bundesrat mit regionalen Interessen. Ein dritter Westschweizer in der Landesregierung sei damit durchaus möglich.

«Ich gehe ein Risiko ein»
Generell kann erwartet werden, dass wegen der Westschweizer SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider Deutschschweizer Politiker in der Poleposition sind. Nordmanns Kandidatur ist aber nicht zu unterschätzen. Der 50-Jährige ist perfekt dreisprachig und hat sich im Bundeshaus ein grosses Netzwerk aufgebaut. Nordmann war acht Jahre Chef der SP-Bundeshausfraktion. Insgesamt politisiert er seit 2004 in der grossen Kammer.

Erst im Juni gab er überraschend das Fraktionspräsidium ab. Er tat dies, um sich in die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) wählen zu lassen, die die Notfusion der Grossbanken UBS und CS unter die Lupe nimmt. Im Rennen ums PUK-Präsidium unterlag Nordmann aber. Auch seine Ambitionen für ein Ständeratsmandat musste er bereits zwei Mal begraben.

Angesprochen auf seine Wahlchancen in seiner Fraktion und in der Vereinigten Bundesversammlung hielt Nordmann fest, dass es nicht sein Job sei, Prognosen zu schreiben. «Ich gehe ein Risiko ein.» Er habe in der Vergangenheit auch bewiesen, dass er gut verlieren könne. Ohnehin sei klar: «Es gibt kein Menschenrecht, Bundesrat zu sein.»

Verschiedene Krisenherde
Nordmann strich vor den Medien seine Kompromissfähigkeit hervor. «Brücken überwinden Gräben, deshalb suche ich immer nach Gemeinsamkeiten mit anderen politischen Kräften – auch solchen, die weit entfernt sind.» Er scheue sich nicht, heikle Fragen anzusprechen.

In den vergangenen Jahren machte sich Nordmann als Energiepolitiker einen Namen. Der langjährige Vorsitz der SP-Fraktion habe ihm jedoch Einblick in viele weitere Bereiche gegeben, sagte er.

Das Land stehe komplexen Problemen gegenüber. Dazu gehörten die Alterung der Gesellschaft und der damit zusammenhängende Arbeitskräftemangel, dessen Lösung in der Bildung liege. Energie und Klima brauchten grosse Investitionen. Und die Krankenkassenprämien belasteten. Bei steigenden Bedürfnissen fehle auch hier Personal. Und der öffentliche Diskurs über die EU müsse positiver werden.

Mit dem Pilger- statt dem Zauberstab
Seine Motivation für die Bundesratskandidatur sei das Finden von Lösungen, sagte Nordmann. Dazu sei ihm die Analyse anderer wichtig. Er wolle Schritt für Schritt und langfristig vorgehen. «Mein Instrument ist nicht der Zauber-, sondern der Pilgerstab.»

Geboren wurde Nordmann am 23. März 1973 in Lausanne. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder; seine Ehefrau ist die Lausanner Finanzvorsteherin Florence Germond. Nordmann gilt als passionierter Langläufer, Velofahrer, Skitourengänger und Bücherschreiber. Er räumte ein, dass er als Bundesrat weniger Zeit dafür haben würde.

Die relativ späte Ankündigung seiner Kandidatur begründete Nordmann mit der Notwendigkeit, den Entschluss reifen zu lassen. In der Landesregierung wolle er aber vorwärtsmachen. Die Schweiz könne es sich nicht mehr leisten, Entschlüsse derart lange wie aktuell reifen zu lassen. Es brauche eine neue Bestimmtheit und eine Beschleunigung.

Die Nachfolgerin oder der Nachfolger für Berset wird bei den Gesamterneuerungswahlen der Landesregierung am 13. Dezember bestimmt. Interessierte SP-Mitglieder können bis 29. Oktober eine Kandidatur einreichen. (awp/mc/ps)

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