UNO beklagt Tausende getötete Kinder in Gaza
Tel Aviv / Gaza – Dem Krieg zwischen Israel und den islamistischen Hamas-Angreifern im Gazastreifen fallen immer mehr Zivilisten zum Opfer – darunter nach UN-Angaben viele Kinder. Seit den Terrorangriffen der Hamas in Israel vor gut zwei Wochen starben bei Israels Gegenschlägen nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks allein 2360 Kinder. 5364 weitere seien verletzt worden, teilte Unicef am frühen Mittwochmorgen unter Berufung auf nicht genannte Berichte mit. Eine israelkritische Äusserung von UN-Generalsekretär António Guterres sorgte derweil für verschärfte Spannungen zwischen ihm und Israel. Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock hob vor dem Weltsicherheitsrat Israels Recht auf Selbstverteidigung hervor – mahnte Israel aber auch zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts.
Erneut Raketenalarm in Israel
Unterdessen führte die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben weitere Gegenschläge im Gazastreifen aus. Seit Kriegsbeginn wurden auch aus dem Gazastreifen wiederholt Raketen abgefeuert. Während es in Tel Aviv seit Tagen ruhig war, meldete das israelische Militär in der Nacht zum Mittwoch im Grenzgebiet erneut Raketenalarm.
Militär: Hamas-Terroristen wollten wieder nach Israel
Zuvor hatte die Hamas nach Angaben des israelischen Militärs versucht, vom Gazastreifen aus erneut nach Israel einzudringen. Man habe einen Versuch von Hamas-Terroristen vereitelt, vom Meer aus in den Süden Israels zu gelangen, hiess es in der Nacht zu Mittwoch. Sie seien dabei gewesen, einen Tunnel an der Küste der abgeriegelten Enklave zu verlassen. Israels Luftwaffe bombardierte darauf den Tunnel und ein Waffenlager der Terroristen, teilte das Militär weiter mit.
Terroristen im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel ein Massaker unter Zivilisten angerichtet. Mehr als 1400 Menschen kamen dabei und in den folgenden Tagen ums Leben. Mindestens 222 weitere Menschen wurden laut Israels Armee gewaltsam in den Gazastreifen verschleppt, darunter mehrere Deutsche. Vier Geiseln kamen inzwischen frei. Die Hamas will weitere Geiseln nach eigener Darstellung erst freilassen, wenn Israel die Lieferung von Treibstoff und Arzneimitteln in den Gazastreifen erlaubt.
UN fordern weiter Treibstoff für Gaza
Die Vereinten Nationen beklagen, dass die Lage der eine Million Binnenvertriebenen im Gazastreifen trotz einiger inzwischen in Gaza angekommenen Hilfslieferungen weiter dramatisch sei. Treibstoffmangel gefährde einen humanitären Einsatz über diesen Mittwoch hinaus. Unicef sprach von «unerbittlichen Angriffen» der Israelis. UN-Generalsekretär Guterres verurteilte beim Weltsicherheitsrat zwar die Terrorangriffe der Hamas auf Israel erneut auf das Schärfste, kritisierte aber zugleich Israel Angriffe und sprach von «eindeutigen Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht». Israels UN-Botschafter Gilad Erdan forderte daraufhin erbost Guterres zum Rücktritt auf.
«Der Kampf richtet sich gegen die Hamas und nicht gegen Zivilisten. Deshalb ist es für uns von entscheidender Bedeutung, dass dieser Kampf im Einklang mit dem humanitären Recht und mit grösstmöglicher Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung in Gaza geführt wird», sagte derweil Baerbock bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Dienstag in New York. Das Leben aller Zivilisten sei in gleichem Masse wichtig.
Palästinenser: Rund 700 Tote an einem Tag
Zuletzt seien im Gazastreifen innerhalb nur eines Tages rund 700 Palästinenser getötet worden, teilte das UN-Nothilfebüro Ocha in der Nacht zum Mittwoch unter Berufung auf die Gesundheitsbehörde im Gazastreifen mit, die von der Hamas kontrolliert wird. Dies sei die bisher höchste an einem Tag zu beklagende Opferzahl seit Beginn des Kriegs. Insgesamt seien bis zum Dienstag 5791 Palästinenser ums Leben gekommen. 2360 seien Kinder und Jugendliche – dieselbe Zahl, die auch Unicef nannte. Unabhängig lässt sich dies derzeit nicht überprüfen. Angesichts der notleidenden Bevölkerung bekräftigte Baerbock ihren Ruf nach Kampfpausen in Gaza – es brauche «humanitäre Fenster».
USA arbeiten an Notfallplan für Landsleute
Die US-Regierung arbeitet unterdessen für den Fall einer Ausweitung des Konflikts an Notfallplänen, um nötigenfalls im grossen Stil Amerikaner aus der Region herauszubringen. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte am Dienstag in Washington: «Es wäre unklug und unverantwortlich, wenn wir nicht eine breite Palette von Eventualitäten und Möglichkeiten durchdenken würden – und Evakuierungen gehören sicherlich dazu.» Auf Details könne er nicht genauer eingehen, sagte Kirby. Er betonte aber, es gehe um eine umsichtige Vorbereitung auf mögliche Entwicklungen. (awp/mc/pg)