Hannover Rück steigert Gewinn dank geringer Steuern – Aktie sackt ab
Hannover – Der Rückversicherer Hannover Rück rechnet trotz verheerender Brände, Unwetter und Erdbeben mit einem Rekordgewinn im laufenden Jahr. Der Konzern sei «bestens aufgestellt», das Gewinnziel von mindestens 1,7 Milliarden Euro zu erreichen, sagte Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz bei der Vorlage der Quartalsbilanz am Donnerstag in Hannover. In den ersten neun Monaten hat der Dax-Konzern bereits 1,4 Milliarden Euro verdient. Im dritten Quartal stieg der Gewinn jedoch nur dank einer ungewöhnlich niedrigen Steuerlast. An der Börse wurden die Neuigkeiten mit einem Kursrutsch quittiert.
Am Morgen verlor die Hannover-Rück-Aktie zuletzt mehr als vier Prozent auf 197,85 Euro. Damit war sie der grösste Verlierer im Dax und wurde nur noch knapp sieben Prozent teurer gehandelt als zum vergangenen Jahreswechsel. Branchenexperte Philip Kett vom Analysehaus Jefferies zeigte sich vom Rückgang des operativen Gewinns (Ebit) im Schaden- und Unfallgeschäft negativ überrascht.
Finanzvorstand Clemens Jungsthöfel begründete die Entwicklung mit einer Aufstockung der Schadenreserven. Der weltweit drittgrösste Rückversicherer habe die gute Geschäftsentwicklung genutzt, um zusätzliches Geld für künftige Schäden zur Seite zu legen. Dadurch ging der Gewinn vor Zinsen und Steuern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konzernweit um elf Prozent auf 484 Millionen Euro zurück. Analysten hatten hier einen deutlichen Anstieg erwartet.
Nettogewinn schrumpft um die Hälfte
Der Nettogewinn legte allerdings um fast die Hälfte auf 439 Millionen Euro zu. Denn die Steuerbelastung schrumpfte von 164 Millionen auf nur noch 20 Millionen Euro. Jungsthöfel erklärte dies mit der diesmaligen Verteilung der Gewinne in unterschiedlichen Teilen der Welt.
Anders als im vergangenen Jahr ging die Hurrikan-Saison im Atlantik für die Versicherungsbranche bislang glimpflich aus. Wie schon Weltmarktführer Munich Re berichtete auch die Hannover Rück jedoch von einer Vielzahl mittelgrosser Schäden.
Am teuersten schlugen bei dem Konzern im dritten Quartal die schweren Unwetter in Norditalien mit 132 Millionen Euro zu Buche. Die Zerstörungen durch die Waldbrände auf der Hawaii-Insel Maui kosteten den Rückversicherer 87 Millionen Euro, und für die Folgen des Erdbebens in Marokko legte er 70 Millionen Euro zur Seite.
Obwohl die Aufstockung der Reserven das Schaden- und Unfallgeschäft im dritten Quartal belastete, sieht Jungsthöfel den Geschäftsbereich auf Kurs zu einem operativen Jahresgewinn (Ebit) von mindestens 1,6 Milliarden Euro. In den ersten neun Monaten hat die Sparte vor Zinsen und Steuern 1,1 Milliarden verdient. Noch besser sieht es in der Personen-Rückversicherung aus: Sie hat mit einem operativen Gewinn von 730 Millionen Euro in den ersten neun Monaten schon fast ihr Jahresziel von mindestens 750 Millionen erreicht.
Belastungen bei Kapitalanlagen
Unterdessen stellt sich der Finanzchef weiter auf Belastungen bei den Kapitalanlagen ein. Dabei geht es um mögliche Wertberichtigungen auf Immobilien und Private-Equity-Anlagen, die er bereits vor einigen Monaten angekündigt hatte. In den ersten neun Monaten konnte der Konzern seine Gewinne aus Kapitalanlagen indes um sechs Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro steigern.
Wie andere grosse Versicherer berechnet die Hannover Rück ihre Geschäftszahlen seit diesem Jahr nach den neuen Rechnungslegungsstandards IFRS 17 und IFRS 9. Die Vorjahreszahlen wurden entsprechend angepasst. Grösster Anteilseigner des Konzerns ist der Versicherungskonzern Talanx . Ihm gehören gut die Hälfte der Hannover-Rück-Aktien. (awp/mc/ps)