Digitale Wettbewerbsfähigkeit: Die Schweiz bleibt auf Platz 5
Lausanne – Das international renommierte Institute for Management Development in Lausanne (IMD) hat seine Weltrangliste zur “Digitalen Wettbewerbsfähigkeit” veröffentlicht. Die Schweiz sichert sich zum zweiten Mal in Folge Platz 5 von 64 untersuchten Ländern.
Die Ergebnisse für die Schweiz wurden am 30. November am World Digital Competitiveness Forum 2023, das von digitalswitzerland, IMD und EPFL auf dem SwissTech Convention Center der EPFL veranstaltet wurde, näher erläutert. Wie disruptive Technologien wie generative KI sich auf die digitale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz auswirken könnten, wurde an einer hochrangigen Podiumsdiskussion beleuchtet.
Nachdem sie 2022 von Dänemark überholt wurde, sitzt die USA 2023 wieder an der Spitze der Rangliste. Dänemark hingegen büsste drei Plätze ein und belegt den 4. Platz. Die Niederlande klettern auf den zweiten Platz (von Platz 6), Singapur verbesserte sich um einen Rang (3. Platz).
Die Schweiz macht Fortschritte
Die Weltrangliste zur „Digitalen Wettbewerbsfähigkeit“ bewertet die Fähigkeit und Bereitschaft einer Volkswirtschaft, digitale Technologien als Hauptantriebskraft für den wirtschaftlichen Wandel in Unternehmen, Behörden und der Gesellschaft im Allgemeinen zu nutzen und zu erforschen. Die Forschenden beurteilen die digitale Wettbewerbsfähigkeit anhand von drei Hauptkategorien bzw. Faktoren: Wissen, Zukunftsfähigkeit und Technologie. Die solide Position der Schweiz in der Rangliste ist massgeblich auf die exzellente Bewertung beim Faktor Wissen zurückzuführen. Das World Competitiveness Center definiert diesen als “das notwendige Know-how, neue Technologien zu entdecken, zu verstehen und zu entwickeln”. In den beiden anderen Kategorien konnte sich die Schweiz im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessern, wobei jedoch nach wie vor Potenzial besteht.
Spitzenrang im Bereich Wissen
Die Schweiz rangiert in sämtlichen Unterkategorien im Bereich Wissen in den Top 10, allen voran in Bezug auf Talente, wo sie den zweiten Platz belegt. Die internationale Erfahrung der Arbeitskräfte sowie der Anteil hoch qualifizierter Talente aus Drittstaaten tragen zu dieser Platzierung bei. Hinsichtlich der wissenschaftlichen Konzentration liegt die Schweiz neu auf dem 10. Rang (2022: Platz 8), im Bereich der Aus- und Weiterbildung auf Rang 7 (2022: Platz 8). Im Bereich Technologie steigt die Schweiz auf Platz 10 (2022: Platz 12) auf. Massgeblich dafür sind die Verbesserungen des regulatorischen Rahmens – die Schweiz belegt in diesem Subfaktor den 4. Platz (2022: Platz 8).
Marc Walder, Gründer der Standortinitiative digitalswitzerland: „Die Mission von digitalswitzerland ist es seit vielen Jahren, die Schweiz in eine führende digitale Nation zu transformieren. Die Einstellung der Bevölkerung zu Technologie ist diesbezüglich eine entscheidende Komponente. Wir möchten die Bevölkerung sensibilisieren und ermutigen, digitale Innovationen anzunehmen und sie zu nutzen. Ein Fokus auf Aus- und Weiterbildung, insbesondere im Bereich digitaler Fähigkeiten, ist entscheidend. Dies sollte – mehr denn je – bereits in jungen Jahren beginnen, um eine breite Basis an digitalen Kompetenzen zu schaffen.“
Nachholbedarf und verpasste Chancen der Schweiz
Grosses Verbesserungspotenzial liegt gemäss Bericht denn auch bei der Einstellung der Bevölkerung zu Technologie. Hier belegt die Schweiz den 16. Platz. Prof. Arturo Bris, Director des World Competitiveness Center des IMD, erklärt: „Die Schweiz lehnte das E-ID-Gesetz ab; die Nutzung der COVID-Online-Anwendung war sehr gering; die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes sind extrem hoch; und das digitale Bankwesen ist nicht so weit entwickelt wie in vielen anderen Ländern. Dies spiegelt die Kultur der Schweiz in Bezug auf die Adoption von Technologien auf individueller Ebene wider, die viel geringer ist als in anderen Ländern, obwohl die Schweiz über eine hervorragende digitale Infrastruktur, solide Regulation und digitale Talente verfügt, und auch Unternehmen bei der Umsetzung der digitalen Transformation sehr agil sind.“
In den Kategorien Cybersicherheit (Platz 20) und staatliche Cybersicherheitskapazitäten (Platz 28) muss die Schweiz ebenfalls besser werden: Im Zuge der Pandemie stieg die Nutzung digitaler Technologien, eine ähnliche Verbesserung im Bereich Cybersicherheit konnte jedoch nicht festgestellt werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die stetig steigende Anzahl von Cyberangriffen auf Unternehmen wie Privatpersonen gefährlich.
„Wir stehen wirklich an einem Scheideweg, wenn es um die Akzeptanz von Technologie geht. Im Falle der Schweiz finde ich vor allem das schlechte Angebot an E-Government und E-Partizipation besorgniserregend. Es ist an der Zeit, dass wir dieses Thema auf höchster Ebene angehen“, sagt Sascha Zahnd, Präsident von digitalswitzerland.
Generative KI definiert den Wettbewerbsfähigkeitsindex von Unternehmen und damit von Ländern neu
Weitere Erkenntnisse lieferte eine hochrangige Podiumsdiskussion am „World Digital Competitiveness Forum“, das am 30. November von digitalswitzerland, IMD und EPFL ausgerichtet wurde. Die Gäste diskutierten folgende Fragen: „Signalisieren jüngste disruptive digitale Technologien wie Generative KI einen Quantensprung im Bereich Weiterbildung? Welche Auswirkungen hat dies auf die Arbeitswelt – und folglich auf jeden Einzelnen von uns?“
Ausgewählte Zitate der Diskussionsteilnehmenden:
„Die Striktheit und die ethischen Standards der akademischen Welt sind besonders wichtig angesichts eines so transformativen Elements wie Generative KI. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeigt, dass 43 % der Menschen in der Schweiz Angst haben, wegen KI ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Es liegt an uns – dem privaten Sektor, der Regierung und der Wissenschaft – die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass sich die Arbeitsplätze verändern werden und dass dies den Wert des kontinuierlichen Lernens erhöhen sollte.“ – Heike Kammerer-Vercelli, Mitglied der Geschäftsleitung, Nestlé
„Es gibt eine Reihe von technologischen Fortschritten, die sich auf den Bildungsmarkt auswirken – und ich verwende dieses Wort bewusst, denn es geht um Wettbewerb: den Kunden zu verstehen und an der Spitze der neuesten Möglichkeiten zu stehen. Die Technologie ist jedoch nicht das Endziel: Die Menschen müssen lernen, sie zu nutzen, um die Lernerfahrung zu verändern. Auf der pädagogischen Seite gibt es noch viel zu tun, um zum Beispiel KI einzusetzen, die Arbeitsweise zu verändern und einen Mehrwert zu schaffen. Angesichts der Unmittelbarkeit der Technologie ist es jetzt an der Zeit, alle unsere Aktivitäten zu überdenken.“ – Ofra Hazanov, Head of Talent & Development an der EPFL
„Wir brauchen eine vernünftige Regulierung; keine schwerfällige Regulierung, sondern ein gewisses Mass an gesundem Menschenverstand, der in das System integriert ist. Ich spreche nicht nur von den globalen, allumfassenden Vorschriften: Im Falle der Schweiz als Staat bedeutet dies eine Regulierung der Nutzung der Technologie. Ausserdem wird derjenige diese Technologie erfolgreich nutzen können, der nicht die neuen glänzenden Dinge beherrscht, sondern die ‘langweiligen Dinge’, die Grundlagen: Infrastruktur, Zugang zum Internet. Und wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass es sich um ein Werkzeug handelt, und Werkzeuge sind dazu da, Probleme zu lösen. Wir sollten uns nicht in die Technologie verlieben, sondern von dem Problem ausgehen, das wir lösen wollen.“ – Amit Joshi, Professor für KI, Analytics und Marketingstrategie des IMD
„Partnerschaften wie diese zwischen digitalswitzerland, der EPFL und dem IMD werden uns erfolgreich in die Ära der generativen KI führen. Der nächste Schritt dieser Partnerschaft ist ein umfassendes Whitepaper über den Stand von Gen AI in der Schweiz, das nächste Woche veröffentlicht wird. Wir stehen erst am Anfang, was das Sammeln von Daten anbelangt und beginnen erst zu verstehen, was noch vor uns liegt“ – mit diesen Worten verabschiedet Sarah Toms, Chief Learning Innovation Officer des IMD, die Teilnehmenden des World Digital Competitiveness Forum. (digitalswitzerland/mc)