Bundesbudget 2024 erleidet im Nationalrat beinahe Schiffbruch
Bern – Mit einer Mehrheit von nur vier Stimmen hat der Nationalrat am Montagabend das Bundesbudget angenommen. Nur dank eines Tricks ist dieses mit der Schuldenbremse konform: Die grosse Kammer kürzte in letzter Minute die Mittel für den Bahninfrastrukturfonds um 18 Millionen Franken.
Über die Einlage in den Fonds hatte der Rat eigentlich schon Stunden zuvor entschieden. Weil das Budget nach der Detailberatung jedoch ein strukturelles Defizit von 17,4 Millionen Franken aufwies, drohte es in der Gesamtabstimmung zu scheitern.
Dies wäre einer Rückweisung an den Bundesrat gleichgekommen. Hätte der Ständerat in der Folge an seinen früheren Beschlüssen festgehalten, hätten der Nationalrat und seine Finanzkommission die Beratung des Voranschlags nochmals von vorne beginnen müssen.
«Die einzige Lösung»
Vor diesem Hintergrund stellte Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (VS) dem Rat vor der Gesamtabstimmung den Antrag, auf den früheren Entscheid zum Bahninfrastrukturfonds zurückzukommen.
Die Kürzung um 18 Millionen Franken sei keine gute Lösung, aber aktuell die einzige, sagte Bregy. «Das nächste Jahr muss eine andere Lösung her.»
Der Ständerat hatte vergangene Woche ebenfalls nur dank eines buchhalterischen Tricks ein Budget beschlossen, das mit der Schuldenbremse konform ist. Er schrieb eine Kreditsperre in die Vorlage – also eine Anweisung an den Bundesrat, die bewilligten Kredite nicht auszuschöpfen. Dieser Weg stand dem Nationalrat in der ersten Beratungsrunde nicht offen.
Die grosse Kammer nahm das Budget schliesslich mit 79 zu 75 Stimmen bei 40 Enthaltungen an. Die Ratslinke stimmte fast geschlossen mit Nein. Eine Mehrheit erhielt das Budget nur, weil sich die Mehrheit der SVP-Fraktion der Stimme enthielt.
Linke kritisiert Armeeausgaben
Vorausgegangen war eine kontroverse Diskussion über Bregys Rückkommensantrag. Sarah Wyss (BS) bekräftigte die Kritik der SP-Fraktion an der Erhöhung der Armeeausgaben und forderte eine Debatte über die Schuldenbremse. Mehrere Anträge der Ratslinken für eine Kürzung der Kredite für das Verteidigungsdepartement hatte der Rat am Nachmittag abgelehnt.
Felix Wettstein (SO) forderte namens der Grünen-Fraktion, in welchen Bereichen nun gekürzt werde, solle man der Finanzkommission überlassen.
SVP-Fraktionssprecher Lars Guggisberg (BE) kritisierte den Lösungsvorschlag Bregys als nicht nachhaltig. Man stimme dem Rückkommensantrag nur aus Vernunft zu. Guggisberg beklagte, seine Partei habe während Jahren Sparvorschläge gemacht, sei damit aber nicht durchgedrungen. Die SVP hatte Kürzungsanträge namentlich im Asylbereich und bei der Entwicklungszusammenarbeit gestellt, drang damit aber nicht durch.
«Ich vermisse die Opfersymmetrie»
Alex Farinelli (FDP/TI) sagte, man befinde sich in einer «buchhalterischen Übung». Er warnte davor, die Schuldenbremse anzutasten.
Die GLP stimmte sowohl dem Rückkommensantrag als auch dem Budget zu. Beat Flach (AG) kritisierte allerdings, er vermisse die Opfersymmetrie. Man hätte den Betrag aus seiner Sicht ohne weiteres auch bei der Landwirtschaft einsparen können.
Wie zuvor der Ständerat hatte der Nationalrat am vergangenen Donnerstag beschlossen, die Mittel für Direktzahlungen an Bauern auf dem Niveau von 2023 zu belassen. Der Bundesrat hatte eine Kürzung um 2 Prozent oder 54,8 Millionen Franken vorgeschlagen.
Auch für die Absatzförderung von Schweizer Wein, die seltenen Nutztierrassen oder den Herdenschutz will das Parlament mehr Geld einsetzen als die Landesregierung.
Auch beim regionalen Personenverkehr ist das Parlament ausgabefreudiger als die Landesregierung. Letztere hatte eine Kürzung um fünf Millionen Franken im Vergleich zum laufenden Jahr beantragt, das Parlament beschloss stattdessen eine Aufstockung um 55 Millionen Franken.
Ständerat am Zug
Im Gegenzug kürzte das Parlament die Mittel für die Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats um 30 Millionen Franken.
Der Nationalrat strich zudem den Schweizer Beitrag von 20 Millionen Franken an das Uno-Palästinenserhilfswerk UNRWA. Mit dieser Idee muss sich nun am kommenden Donnerstag der Ständerat befassen.
Eine weitere finanziell gewichtige Differenz betrifft die Standortförderung in den Regionen. Die kleine Kammer möchte 25 Millionen in den entsprechenden Fonds einzahlen, der Nationalrat will 2024 auf eine Einzahlung verzichten.
Der Ständerat dürfte in der zweiten Beratungsrunde das Budget so zurechtzustutzen, dass es auch ohne finanzpolitischen Trick mit der Schuldenbremse konform ist. (awp/mc/ps)
One thought on “Bundesbudget 2024 erleidet im Nationalrat beinahe Schiffbruch”
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Liebe Politiker hört endlich auf mit diesen Tricks um die Schuldenbremse auszuhebeln oder zu umgehen. Geht endlich sparsamer mit unseren Steuergeldern um!