Val Maighels: Parallelwelt und Skitourenperle in Andermatts Nachbarschaft

Val Maighels: Parallelwelt und Skitourenperle in Andermatts Nachbarschaft
Auf dem Badus (Bild: Helmuth Fuchs)

Wer das brummende Resort-Leben Andermatts oder den hektischen Alltag im Unterland hinter sich lassen will, Ruhe und gut erreichbare Abgeschiedenheit sucht, findet im Maighels-Tal ein aus der Zeit gefallenes Kleinod für tolle Skitouren. Dank dem versierten Team in der Maighels-Hütte kommen auch kulinarische Genüsse und das gemütliche Hüttenleben nicht zu kurz.

Von Helmuth Fuchs

Als Neu-Mitglieder der SAC-Sektion Piz Terri (der Besitzerin der Terri- und Maighels-Hütte) sind für uns Skitouren die beste Möglichkeit, die Surselva, unsere neue Heimat, für uns zu entdecken. Eine Drei-Tagestour ins Val Maighels schien uns eine fantastische Gelegenheit, diese uns unbekannte Gegend kennen zu lernen. Sieben andere SAC-ler hatten offenbar dieselbe Idee, sodass sich früh am Montagmorgen neun Personen auf dem Parkplatz in Tschamut einfinden und vom Tourenleiter Corsin Degonda begrüsst werden. Was für uns, die wir sonst sehr gerne alleine oder höchstens zu dritt unterwegs sind, bei der Anmeldung für Stirnrumzeln sorgte, erweist sich als absolut problemlos. Die Chemie stimmt von Beginn weg, über alle Alters- und Erfahrungsrenzen hinweg.

Tag 1: Oberalp, Pazolastock, Maighels-Hütte

Von Tschamut gehts mit der Bahn in etwas mehr als zwanzig Minuten zum Oberalppass. Skis montieren und die Gruppe bewegt sich einem Tatzelwurm gleich rhythmisch auf der harten und dünnen Schneedecke den Hang hinauf. Schon bald hat die Sonne ihren ersehnte Auftritt und überzieht die Hänge mit einem schillernden Glanz. Die Steilheit und glasige Oberfläche entschärfen wir mit den Harscheisen, welche das Gehen massiv vereinfachen.

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Corsin hat genau das Tempo, das den Aufstieg zum Genuss macht. Als Schlusslicht habe ich die Freiheit, jeweils auch einen kleinen Foto-Halt einzulegen, ohne den Rhythmus der anderen zu brechen. Der Übergang vom Nord- in den steileren Südhang sorgt für ein erstes Kribbeln. Danach eine kleine Pause und ein wärmendes Sonnenbad, bevor das letzte Stück zum Gipfel des Pazolastocks (Piz Nurschala, 2739 Meter über Meer) folgt. Die Aussicht in die Urner, Berner, Walliser, Tessiner und Bündner Gipfel-Kulisse ist berauschend, bewegend und macht zugleich bezüglich der eigenen Existenz bescheiden.

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Nach der Gipfelrast werden die Felle abgenommen und einer kurzen Abfahrt folgt die Gratwanderung mit aufgebundenen Skis zum Punkt 2742, oberhalb der Martschallücke. Dank besten Verhältnissen und trittsicherem Schnee ist auch dieser Teil ein entspannter Genuss. Von da weg mit den Skis eine kurze Abfahrt in die Hänge oberhalb des Toma-Sees. Hier ist der Ursprung des Rheins (Vorderrheins) und ein perfekter Platz für die Mittagspause.

(Klicken Sie auf die Bilder, um sie jeweils zu vergrössern. Bild 1 von Armin Vock, Bild 2 von Christian Götz)

Über die Alp Tuma führt die Abfahrt am Lai da Tuma vorbei in die Ebene um den Lai Urlaun. Von da weg ein letzter kleiner Aufstieg zur Maighels-Hütte (2310 Meter über Meer).

Die Hütte wird im Sommer und Winter vom jungen Hüttenpaar Nora Honegger und Mauro Loretz geführt. Die beiden stammen aus Sedrun und haben ihre ursprünglichen Berufe (Autolakierer/Ofenbauer und Primarlehrerin) für ihren Traum in den Bergen aufgegeben. 1943 als Soldatenbaracke am strategischen Übergang zwischen Oberalp- und Bornengopass errichtet, bietet die inzwischen gut ausgebaute Hütte heute einen ebenso strategisch günstigen Ausgangspunkt für Skitouren zu den Gipfeln, die das Maighels-Tal säumen. Kulinarisch werden wir mit Suppen, Salaten, Pizzoccheri, selbst gemachtem Hackbraten, Polenta und Desserts und einem gut bestückten Frühstücksbuffet verwöhnt. Wen zwischendurch nach mehr gelüstet, findet auf der Karte allerlei Verführerisches (Platten mit Käse und Fleisch, Röste mit Spiegelei) mit lokalen Produkten.

Ein episches Jassturnier (Zürcherin und Zürcher gegen Bündner) mit Herzschlag-Final zugunsten der Unterländer beendet den ersten Tag.

Tag 2: Badus (Six Madun)

Am nächsten Tag deutet sich ein Wechsel des Wetters hin zu leichter Bewölkung an. Das heisst, dass die Sicht für die Abfahrt etwas schlechter sein wird, dafür für Fotos eine dramatischere Kulisse den Hintergrund bildet. Corsin hat sich für den Badus (Six Madun, 2928 Meter über Meer) entschieden, einen Gipfel in kurzer Distanz westlich zur Hütte.

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Die Tour hat wiederum alles, was das Herz begehrt: Einen abwechslungsreichen Aufstieg mit einem steilen Hang zuoberst, der technisch saubere Spitzkehren erfordert, ein Schlussanstieg mit einem gut begehbaren Grat, schöne Hänge für die Abfahrt (auch wenn der Schnee leider eher hart ist, Pulverhänge in der Vergangenheit und schöne Sulzschneeverhältnisse in der Zukunft liegen).

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Tag 3: Piz Borel

Am dritten und letzten Tag kündigt das Morgenrot von einer zunehmenden Bewölkung. Die Sicht wird dadurch noch ein wenig schlechter erwartet (was sich zum Glück später nur für den allerersten Hang der Abfahrt bestätigt, danach findet die Sonne ein Loch in der Wolkendecke). Die heutige Tour führt auf den Piz Borel (2952 Meter über Meer). In sachten Stufen steigt das Tal von der Hütte in Richtung Süden gegen die kümmerlichen Resten des Maighels-Gletschers hin an. An der eindrücklichen Kulisse mit den Felsenbändern des Piz Alpetta und des Tgiern Ravetsch vorbei nähern wir uns dem letzten steiler werdenden Hang vor dem Skidepot.

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Der Anstieg zur Wechte und dem etwas ausgesetzten Grat vor dem Gipfel fordert nochmals unsere Konzentration. Auf dem Gipfel dann die adrenalingestütze Freude über das gemeinsam Erreichte.

(Klicken Sie auf die Bilder, um sie jeweils zu vergrössern. Bilder 1-4 von Christian Götz, Armin Vock, Kurt Jud und Corsin Degonda)

Nach einer kurzen Pause am Ende des ersten Hanges, reisst der Himmel auf und ermöglicht den Rest der Fahrt und den letzten Anstieg zur Maighels-Hütte bei besserer Sicht und unter teilweise blauem Himmel. Ein eindrucksvoller Felsabbruch am Rande des Weges erinnert daran, dass wir uns nicht auf abgesicherten Pisten, sondern in freier Natur bewegen.

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Nach einer kleinen Stärkung verlassen wir unser temporäres Zuhause und fahren über die Hänge Ils Tirs auf die Oberalp-Passstrasse und zurück nach Tschamut.

Die Mischung machts

Die drei Tage haben Menschen, die sich zuvor nicht kannten, einander näher gebracht, Freundschaften, die schon bestanden, vertieft. Trotz völlig unterschiedlicher Erfahrungshintergründe (Banker, Unternehmerinnen, Handwerker…), Alter (von 30 bis über 70) und sportlicher Fähigkeiten (vom ehemaliger Kunstturner und Olympiateilnehmer, Sportlehrer bis zu Gelegenheits- und Genuss-Skitourer) wurden wir in kürzester Zeit zu einer Gemeinschaft, die sich in Gemeinsamkeiten fand statt sich in Unterschieden zu verlieren. Das war vor allem der Verdienst des Tourenleiters Corsin Degonda. Er fand immer das richtige Tempo, die richtige Route, die richtigen Worte, um die Tour für alle zu einem unvergesslichen Erlebnis und nachhaltigen Genuss zu machen.

Corsin Degonda (Bild: Armin Vock)


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