Justizminister Beat Jans will Zahl aussichtsloser Asylgesuche senken
Bern/Chiasso – Schärferes Vorgehen gegen kriminelle Asylsuchende, weniger aussichtslose Asylgesuche mit einem Ausbau der 24-Stunden-Verfahren sowie ein Gesuchsstopp an Wochenenden: Mit diesen und weiteren Massnahmen will der neue Justizminister Beat Jans das Asylsystem entlasten.
Die Reformen im Asylbereich kündigte Jans am Dienstag nach dem Besuch des Bundesasylzentrums in Chiasso TI vor den Medien an. Im vergangenen November hatte Jans› Vorgängerin im Justizdepartement, Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, Massnahmen zur Verbesserung im Asylzentrum in Aussicht gestellt, nachdem Chiasso wegen krimineller Asylsuchender in die Schlagzeilen geraten war.
Die inzwischen ins Eidgenössische Departement des Innern (EDI) gewechselte Baume-Schneider blieb in ihren Aussagen bei ihrem damaligen Besuch im Tessin aber vage. Sie müsse die Situation zuerst sorgfältig analysieren.
Missbräuchliche Asylgesuche verhindern
Jans kündigte nun nach knapp zwei Monaten im Amt konkrete Massnahmen an. Er schlägt beispielsweise vor, die 24-Stunden-Verfahren, die in den vergangenen Monaten im Bundesasylzentrum Zürich erfolgreich getestet wurden, bis Ende April 2024 auf alle Bundesasylzentren mit Verfahrensfunktion auszuweiten.
Um die Gesuche ohne Aussicht auf Asyl möglichst rasch abschliessen zu können, werden alle wesentlichen Verfahrensschritte in dieser sehr kurzen Frist durchgeführt. Asylsuchende aus Herkunftsstaaten mit sehr geringer Aussicht auf Asylanerkennung sollen zudem vorab ihr Asylgesuch schriftlich begründen müssen.
Um dem Missbrauch der Asylstrukturen entgegenzuwirken, sollen Asylgesuche zudem künftig nur noch unter der Woche eingereicht werden können. Damit soll laut Jans verhindert werden, dass Asylsuchende über das Wochenende in Bundesasylzentren untergebracht werden müssen und wieder abreisen, bevor am Montag ihre Fingerabdrücke erfasst und das Asylverfahren formal eröffnet werden kann.
Vulnerable Asylsuchende wie allein reisende Frauen, Familien, unbegleitete Minderjährige sowie kranke oder alte Menschen sollen laut Jans weiterhin auch am Wochenende aufgenommen werden. Zudem solle verhindert werden, dass Gesuchstellende am Wochenende ohne Obdach sind.
Administrativhaft für Intensivtäter
Alle Massnahmen zielen laut Jans auf Asylsuchende aus Herkunftsstaaten mit einer Asylgewährungsquote von weniger als ein Prozent. Dies betrifft insbesondere Asylsuchende aus Algerien, Tunesien und Marokko. Gesuche mit sehr geringer Aussicht auf Asylgewährung machten 2023 rund ein Viertel der über 24’000 Erstgesuche aus.
Zudem habe das Staatssekretariat für Migration (SEM) festgestellt, dass die Asylstrukturen insbesondere von Personen aus diesen Herkunftsstaaten regelmässig als vorübergehende Unterkunft an den Wochenenden genutzt werden, sagte Jans. «Dem müssen wir einen Riegel schieben.» Nur so habe das Asylsystem genügend Kapazitäten, um jene Asylsuchenden zu schützen, die tatsächlich auf den Schutz der Schweiz angewiesen seien.
Kriminelle Asylsuchende sollen ausserdem härter angepackt werden. In vielen Fällen reiche die Schwere der Delikte nicht aus für einen strafrechtlichen Freiheitsentzug, so Jans. Um diese Personen von weiteren Delikten abzuhalten, sollten alle straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen bis hin zur Administrativhaft optimal ausgeschöpft werden.
Dafür müsse der Informationsaustausch zwischen den Migrationsbehörden von Bund und Kantonen und den kantonalen Strafverfolgungsbehörden verbessert werden. Geplant seien etwa Runde Tische mit allen beteiligten Akteuren.
Pilotprojekt im Tessin
Im Tessin wurden bereits weitere Massnahmen getroffen, um die Situation in den Asylzentren zu verbessern, wie Jans sagte. So seien beispielsweise die Anzahl Vollzeitstellen für die Organisation und Betreuung von Beschäftigungsprogrammen und gemeinnützigen Einsätzen erhöht worden.
Im Schuljahr 2024/2025 startet zudem ein Pilotprojekt zur Beschulung von 16- und 17-jährigen unbegleiteten Minderjährigen. Zur Entlastung der Standorte im Südtessin führen Bund und Kanton zudem Gespräche über alternative Standorte für die Unterbringung von Asylsuchenden im Kanton Tessin, wie Jans ausführte. (awp/mc/pg)