Nach knapp drei Jahren verhandelt die Schweiz erneut mit der EU
Brüssel – Der Bundesrat und die EU-Kommission haben am Montag Verhandlungen für ein neues Abkommen über die künftigen Beziehungen aufgenommen. Für den Anlass reiste Bundespräsidentin Viola Amherd nach Brüssel zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Vor knapp drei Jahren beendete der Bundesrat unilateral die damaligen Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU. Nach diesem Scheitern führten beide Parteien Sondierungsgespräche, die zu einem «Common Understanding» (Gemeinsame Verständigung) führten. Darauf basierend verabschiedeten die Schweiz und die EU diesen März ihr jeweiliges Verhandlungsmandat.
Die Verhandlungsparteien wollen unter anderem in den Bereichen Strom, Personenfreizügigkeit oder Landverkehr neue Abkommen schliessen oder bestehende aktualisieren. Auch institutionelle Elemente wie die dynamische Rechtsübernahme und den Einbezug des Europäischen Gerichtshof für die Streitbeilegung sind Teil der Verhandlungen.
Verhandlungsabschluss bis Ende 2024 als Ziel
Für die Schweiz wird Chefunterhändler Patric Franzen die Verhandlungen führen. Sein Gegenüber sei Richard Szostak, sagte Franzen kürzlich. Gemäss der Verständigung setzten sich beide Verhandlungsparteien das Ziel, Ende 2024 die Verhandlungen abzuschliessen.
Ursula von der Leyen sagte am Montag in Brüssel, der Montag sei ein wichtiger Tag für die Beziehungen zwischen Europa und der Schweiz.Amherd sagte, die beiden Teams könnten nun ihre Arbeit voller Elan und Engagement weiterführen.
Amherd will Zugang zum europäischen Markt wahren
In den Verhandlungen für ein neues Abkommen bleibe viel zu tun, und die Teams müssten Lösungen finden, sagte Amherd in Brüssel. Für die Schweiz gelte es, den Zugang zum europäischen Markt für die inländischen Unternehmen zu wahren. Zugleich müsse die Zuwanderung arbeitsmarktorientiert sein und der Schutz der Löhne gewährleistet werden.
Weiter sei auch die Beteiligung der Forschenden an den europäischen Projekten wichtig, damit «unsere klugen Köpfe» im Interesse der Gesamtbevölkerungen zusammenarbeiten könnten. Amherd schloss damit, dass die Schweiz und die EU nicht nur Interessen verbinden würden, sondern auch Werte und Ziele: der Einsatz für Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Von der Leyen: «Paket von zehn Abkommen»
Von der Leyen forderte rasche Verhandlungen. Das Momentum müsse genutzt werden und es solle mit vollem Elan weitergearbeitet werden. «Unser Ziel ist es, die Verhandlungen noch in diesem Jahr abzuschliessen», sagte die EU-Kommissionspräsidentin. Die EU wolle die Beziehungen zu den engsten Wirtschaftspartnern stärken. Sie sprach von einem Paket von zehn Abkommen.
Von der Leyen hob den «guten Schutz» der Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger, die in der Schweiz arbeiten, hervor: «Für uns ist ganz entscheidend, dass alle EU-Bürgerinnen und -Bürger in der Schweiz gleich behandelt werden – unabhängig davon, aus welchem Mitgliedstaat sie kommen.»
Forschende erhalten Zugang zu gewissen europäischen Programmen
Mit dem Start der Verhandlungen haben Forschende aus der Schweiz wieder einen Zugang zu gewissen Programmen von Horizon Europe, wie Amherd sagte. Vorschläge aus der Schweiz würden wie Vorschläge aus einem assoziierten Land behandelt. Forschende in der Schweiz sind ab sofort zu den Ausschreibungen ERC Advanced Grants 2024 des Europäischen Forschungsrats (European Research Council) zugelassen, wie das Departement von Amherd am Montag mitteilte. Zum Start der Verhandlungen sprach die Bundespräsidentin in Brüssel vor Schweizer Medienschaffenden von einer «neuen Phase der Beziehungen».
Es gehe darum, die Partnerschaft zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Unternehmen sollen ihre Produkte ohne Hürden in die Europäische Union exportieren können, sagte Amherd. Weiter brauche es im Strommarkt eine gute und enge Zusammenarbeit. (awp/mc/pg)