Hochdorf-Aktionär Newlat drängt auf radikalen Umbau
Hochdorf – Beim angeschlagenen Milchverarbeiter Hochdorf zeichnet sich ein Machtkampf ab. Der erst kürzlich eingestiegene Grossaktionär Newlat aus Italien will den gesamten Verwaltungsrat mit eigenen Kandidaten ersetzen und einen radikalen Umbau durchsetzen.
Hochdorf geht es schon länger schlecht. Vor allem hohe Schulden in Folge von Fehlinvestitionen lasten auf dem Unternehmen. Das Management ist daher schon länger auf der Suche nach einem Käufer. Die immer noch laufenden Bemühungen waren bisher aber nicht von Erfolg gekrönt.
Zuletzt hatte sich Hochdorf nur noch auf den Verkauf der operativen Tochtergesellschaft Swiss Nutrition (HSN) konzentriert, da ein Verkauf der ganzen Gruppe inklusive Schulden als unwahrscheinlich erachtet wurde. Im Fall eines Teilverkaufs droht den bestehenden Aktionären jedoch ein Totalverlust.
Die Aktien von Hochdorf brachen daher zuletzt regelrecht ein und kosteten bis vor einer Woche nur noch etwas mehr als einen Franken. Zur Einordnung: 2017 waren sie noch über 300 Franken wert.
Just in diesem Moment stieg die italienische Lebensmittelgruppe Newlat als neuer Grossaktionär bei Hochdorf ein. Dabei kaufte Newlat dem bisherigen Investor Bermont Investments offenbar sein Aktienpaket über knapp 11 Prozent ab. Nach Bekanntwerden des Einstiegs schoss der Aktienkurs von Hochdorf in die Höhe und er steht am Freitagnachmittag wieder knapp 11 Franken.
Feindlicher Übernahmeversuch bahnt sich an
Was zunächst nach einer Rettung in Not aussah, könnte sich rückblickend als Anfang einer «feindlichen Übernahme» herausstellen. Denn bereits am Freitag legte Newlat nach: Der Konzern beantragt, dass an der in zwei Wochen stattfindenden Generalsversammlung der gesamte Verwaltungsrat mit eigenen Kandidaten ersetzt wird. Als Verwaltungsratspräsident wird Angelo Mastrolia vorgeschlagen, der auch exekutiver Präsident von Newlat ist.
Laut Mastrolia braucht Hochdorf einen «radikalen» Wechsel in der Unternehmensstrategie. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP stellte er sich insbesondere gegen die Verkaufspläne der Tochter HSN. Gleichzeitig zeigte er sich offen für verschiedene Optionen bezüglich der zukünftigen Beteiligung von Newlat an Hochdorf, was auch eine vollständige Übernahme mit einschliesst.
Eine Übernahme von Hochdorf würde durchaus zum bestehenden Portfolio von Newlat passen. So macht Newlat etwa ein Drittel seines Jahresumsatzes von knapp 800 Millionen Euro mit Milchprodukten. In der Schweiz ist das Unternehmen bisher aber nicht operativ aktiv.
Auf angeschlagene Firmen spezialisiert
Auch in anderer Hinsicht entspricht Hochdorf dem Beuteschema von Newlat. Bereits in der Vergangenheit hatte das erst 2004 gegründete Unternehmen angeschlagene Traditionsfirmen im Lebensmittelsektor aufgekauft. Zunächst war Newlat nur in Italien aktiv. 2014 expandierte der Konzern dann ins Ausland, indem es den von verschiedenen Skandalen erschütterten Nudelproduzenten Birkel in Deutschland übernahm.
Zuletzt bekundete Newlat auch Interesse an der britischen Lebensmittel- und Getränkegruppe Princess, die ebenfalls tief in den roten Zahlen steckt. Das Angebot zog Newlat jedoch vorerst wieder zurück, da der geforderte Preis als zu hoch erachtet wurde.
Vertreter der Schweizer Milchbranche und andere bedeutende Hochdorf-Aktionäre wollten sich bisher nicht zu den Avancen von Newlat äussern. Der Verband der Schweizer Milchproduzenten (SMP) betonte lediglich, dass «SMP und alle Schweizer Milchproduzenten daran interessiert sind, dass Hochdorf in der Schweiz weiterhin viel Milch zu guter Wertschöpfung verarbeitet und vermarktet.» Da die Sanierung noch weiter laufe, sei es für eine Bilanz noch zu früh. (awp/mc/pg)