Arbeitsmarkt spürt allmählich konjunkturelle Eintrübung
Bern – Die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz ist im Mai zwar erneut leicht gesunken. Und doch zeigt sich die schleppende Konjunktur inzwischen etwas deutlicher am Arbeitsmarkt.
Konkret waren Ende Monat bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) 105’465 Menschen als arbeitslos gemeldet, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Donnerstag mitteilte. Das waren 1492 weniger als im April. Die Quote verharrte bei 2,3 Prozent.
Soweit die gute Nachricht. Doch es gibt auch eine schlechte. «Der Rückgang war damit erneut weniger stark als zu dieser Jahreszeit üblich», sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit beim Seco, an einer Telefonkonferenz.
Normalerweise sinkt die Arbeitslosigkeit im Frühling deutlich, weil es auf dem Bau wegen der wärmeren Temperaturen wieder mehr Arbeit gibt als im Winter und weil im Tourismus das Geschäft nach der Zwischensaison allmählich wieder anzieht. Nun überlagern aber konjunkturelle Effekte die übliche Saisonalität.
Saisonbereinigte Quote steigt
Bereinigt um saisonale Effekte stieg die Zahl der Arbeitslosen im Mai laut den Seco-Berechnungen denn auch um 2201 Personen. Und die bereinigte Arbeitslosenquote erhöhte sich auf 2,4 von 2,3 Prozent.
Das Ausmass des Anstieges kam für Seco-Mann Zürcher etwas überraschend. Er füge sich aber ins Bild der letzten Monate. «Seit über einem Jahr steigt die saisonbereinigte Zahl der Arbeitslosen», sagte er. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag sie bei knapp 92’000, aktuell bei fast 109’000. Wie der Blick in die Statistik zeigt, war der Anstieg im Mai ausserdem überdurchschnittlich.
Der Hauptgrund für den Anstieg ist die gedämpfte Arbeitskraftnachfrage im Zuge der schwächeren globalen Wirtschaftsentwicklung. Das trifft laut Zürcher primär die exportorientierte Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie.
Noch immer auf tiefem Niveau
Zürcher wollte dies aber nicht dramatisieren. Die Arbeitslosigkeit sei hierzulande nach wie vor auf einem «sehr, sehr tiefem Niveau», betonte er. Er sieht den Anstieg nach wie vor als eine allmähliche Normalisierung, die auf eine historisch sehr tiefe Arbeitslosigkeit im Vorjahr folgt. Damals sei es fast in Richtung Überhitzungserscheinungen gegangen. Er erinnerte zudem daran, dass beim Seco eine Quote von 2,8 Prozent als «konjunkturneutral» gilt.
Ein Beleg für den guten Zustand des Arbeitsmarktes ist für Zürcher auch die Entwicklung bei den Langzeitarbeitslosen. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen sei mit rund 12 Prozent nach wie vor extrem tief. «Das heisst beispielsweise, dass bei Jobwechseln der Anschluss fehlt oder es eine kleine Wartezeit gibt», so Zürcher. «Aber es ist nicht so, dass sich die Arbeitslosigkeit stark verhärtet hätte und damit zu einem strukturellen Problem würde.»
In die Zukunft schauen mochte Zürcher aktuell nicht. Das Seco werde in knapp zwei Wochen eine neue Konjunkturprognose inklusive Vorhersagen zum Arbeitsmarkt machen. Bislang war das Seco für das laufende Jahr 2024 von einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 2,3 Prozent ausgegangen. (awp/mc/ps)