Europa-Schluss: Frankreich und US-Geldpolitik belasten EuroStoxx50
Paris / London – Der EuroStoxx50 hat am Dienstag seine zu Wochenbeginn erlittenen Verluste deutlich ausgeweitet. Analyst Pierre Veyret vom Handelshaus Activtrades verwies auf die unklare politische Situation in Frankreich als einer der grössten Volkswirtschaften des Euroraums. In Paris wird nach der Parlamentswahl und der Niederlage des Mitte-Lagers von Präsident Emmanuel Macron weiter nach Regierungsoptionen und möglichen Kandidaten für das Amt des Premierministers gesucht. Zudem habe der Eurozonen-Leitindex zuletzt merkliche Schwierigkeiten gehabt, sich über der psychologisch wichtigen Marke von 5.000 Punkten zu etablieren.
Als weitere Belastung für die europäischen Aktienmärkte verwiesen Beobachter auf Aussagen des Vorsitzenden der US-Notenbank Fed bei einer Anhörung vor dem US-Senat. Jerome Powell gab erneut kein klares Signal für eine erhoffte baldige Leitzinssenkung. Die jüngsten Inflationsdaten deuteten lediglich auf «bescheidene weitere Fortschritte» bei der Preisentwicklung hin. «Mehr gute Daten» würden das Vertrauen stärken, dass sich die Teuerung nachhaltig dem Zielwert der US-Notenbank annähere. Zudem könne eine zu frühe oder zu starke Zinssenkung den Inflationsfortschritt abwürgen oder umkehren.
Der EuroStoxx verlor 1,33 Prozent auf 4.903,62 Punkte. Der französische Cac 40 sackte um 1,56 Prozent auf 7.508,66 Zähler ab. Für den britischen FTSE 100 («Footsie») ging es um 0,66 Prozent auf 8.139,81 Punkte nach unten.
Europaweit knüpften Ölwerte an die Schwäche des Vortages an. Der Hurrikan Beryl habe im Golf von Mexiko weniger Schäden angerichtet, als man befürchtet habe, hiess es am Markt. Das lastete auf den Ölpreisen. Entscheidend waren jedoch die Verluste des Schwergewichts BP . Der Ölkonzern hatte eine Abschreibung von ein bis zwei Milliarden US-Dollar (bis zu 1,85 Milliarden Euro) angekündigt. Hinzu kam ein negativer Kommentar des Analysten Matthew Lofting von der US-Bank JPMorgan. Der Experte sieht anderswo im Sektor mehr Potenzial. Die Aktien von BP büssten in London mehr als vier Prozent ein.
Am «Footsie»-Ende sackten die Anteilscheine des Luxusgüterkonzerns Burberry um 4,5 Prozent ab. Daten des Wirtschaftsverbandes British Retail Consortium und der Unternehmensberatung KPMG hatten für den Monat Juni einen Rückgang der Einzelhandelsumsätze im Vergleich zum Vorjahr gezeigt.
Eine Gewinnwarnung liess in Paris die Aktien des Softwareunternehmens Dassault Systems um mehr als fünf Prozent einknicken. Damit waren sie das Schlusslicht im Cac 40. Die grosse Frage für die Anleger sei nun, ob diese einen Schlussstrich unter die negativen Nachrichten ziehe, schrieb der Experte Charles Brennan vom Analysehaus Jefferies. Seiner Ansicht nach ist die neue Unternehmensprognose nicht konservativ genug, um das Risiko für das Jahr vollständig zu reduzieren.
Auch die neuen Gewinnerwartungen des britischen Personaldienstleisters Pagegroup kamen nicht gut an. Die Aktien fielen um 4 Prozent. Die Anteilscheine des Wettbewerbers Adecco büssten in Zürich im Sog sogar 4,5 Prozent ein.
Eine weitere Gewinnwarnung des Verpackungsherstellers Verallia zeugte nach Ansicht der Analysten von Jefferies von den Problemen des Sektors – das Unternehmen stellt vornehmlich Verpackungen für alkoholische Getränke her. Die Papiere rauschten um mehr als 18 Prozent in die Tiefe. (awp/mc/pg)