abrdn: KI-Boom – Chancen neben Nvidia und Co.
Eine der überraschendsten Geschichten dieses Jahres ist die Art und Weise, in der sich die künstliche Intelligenz (KI) entwickelt hat. Sie ist zunehmend nicht mehr nur die Domäne von Nvidia oder Microsoft – sie breitet sich nach Sektoren, Gegenden und Unternehmen weiter aus. Wir sind der Meinung, dass dies eines der stärksten und wichtigsten Anlagethemen für das nächste Jahrzehnt sein wird.
Von Jamie Mills O’Brien, Investment Director bei abrdn
Auch wenn Nvidia immer noch die Story der Stunde sein mag, glauben wir, dass es für Anleger, die auf die sekundären und tertiären Nutzniesser des KI-Booms schauen, gute Möglichkeiten gibt. Die nächste Generation von Unternehmen, die vom KI-Boom profitieren werden, wird unserer Ansicht nach in drei Sektoren angesiedelt sein: die Energie- und Strominfrastruktur für die KI, die Möglichkeiten im Bereich der Rechenzentren sowie die Kombination von generativer KI mit digitalen Zwillingstechnologien.
Energieinfrastruktur für deutlich zunehmenden Bedarf
Der Energieverbrauch in westlichen Ländern wird voraussichtlich um 40 % steigen, was auf den Verbrauch von KI-Rechenzentren und umweltfreundliche Massnahmen zurückzuführen ist. Der CEO von Emerson, Lal Karsanbhai, wies in einer kürzlich abgehaltenen Telefonkonferenz darauf hin, dass eine Suche auf ChatGPT sechs- bis zehnmal mehr Strom verbraucht als eine herkömmliche Suche auf Google. Die Schätzungen der für den Aufbau von KI-Infrastrukturen erforderlichen Investitionsausgaben werden immer weiter nach oben korrigiert. Der Anstieg der Nachfrage ist real und findet bereits heute statt.
Gleichzeitig beeilen sich die Volkswirtschaften, ihre Stromnetze zu dekarbonisieren. Die Unternehmen, die am besten in der Lage sind, von diesem Wandel zu profitieren, sind Elektrounternehmen wie Schneider und WEG sowie auf Versorgungseinrichtungen spezialisierte Unternehmen wie Hubbell. Auch bei der Funktionsweise der Netze sind Innovationen erforderlich, und eventuell kann die KI selbst zur Entwicklung eines effizienteren Netzsystems beitragen. Unternehmen wie Itron, welche intelligente Zähler und Analysesoftware für das Netz anbieten, oder Unternehmen wie Alfen in Europa, die intelligente Netzinfrastruktur und Software verkaufen, bieten Chancen.
Chancen rund um die Rechenzentren
Ein weiteres strukturelles Wachstumsfeld stellen die Rechenzentren selbst dar. Kühlung und stabile Stromversorgung sind für den effizienten und zuverlässigen Betrieb von Rechenzentren notwendig. Der zunehmende Bedarf an zuverlässiger Stromversorgung und die schleppende Modernisierung des Stromnetzes bieten Unternehmen, die Notstromaggregate und unterbrechungsfreie Stromversorgungsanlagen anbieten, Chancen. Zu den Nutzniessern könnten Schneider, Siemens, ABB, Munters und Eaton gehören.
Auch im Bereich der Kühltechnik sehen wir, dass Unternehmen auf der ganzen Welt zu expandieren beginnen. Wir glauben, dass viele der künftigen Marktführer in diesen Technologien in Asien und den Schwellenländern angesiedelt sein werden. Dazu gehören AVC und Aurus – auch wenn der Geschäftszweig für Flüssigkühlung heute noch klein ist, so ist es doch ein wesentlicher Bestandteil des Umsatzwachstums. In den Industrieländern ist Vertiv mit ca. 75 % der Umsätze im Bereich der Flüssigkühlung am stärksten im Bereich der Rechenzentren engagiert.
Digitale Zwillinge und KI
Die Kombination von digitalen Zwillingen und generativer KI ist eine leistungsstarke Verbindung. Digitale Zwillinge sind ein genaues digitales Abbild eines realen Vermögenswerts, einer Person oder eines Prozesses, das zur Simulation von Ergebnissen und zur Optimierung von Verhaltensweisen verwendet werden kann. Das Fundament eines guten digitalen Zwillings sind genaue, reichhaltige Echtzeitdaten. In der Vergangenheit erwies sich die Verwaltung solch grosser Echtzeitdatenpunkte als schwierig, doch in Kombination mit generativer KI können Large Language Models (LLMs) die wesentlichen benötigten Informationen zusammenfassen und eine effiziente Datenübertragung und -verarbeitung von digitalen Zwillingen ermöglichen. Dies eröffnet den Unternehmen, die digitale Zwillingstechnologien anbieten, wie Dassault, Altair, Siemens, Aveva (im Besitz von Schneider), Nemetschek und Autodesk, spannende Wachstumsmöglichkeiten. Wir glauben, dass sich die Konzentration nach einer langen Periode hoher Korrelationen und von wenigen Aktien getriebenen Märkten auflösen wird und dass die Technologieführer der Zukunft wahrscheinlich aus dem unteren Ende des Marktkapitalisierungsspektrums und aus anderen Märkten als den USA kommen werden.