US-Schluss: Stabilisierung – Anleger greifen wieder zu
New York – An den zuletzt gebeutelten New Yorker Börsen greifen wieder zunehmend Käufer zu. Der Leitindex Dow Jones Industrial baute am Dienstag nach einem freundlichen Start seine Gewinne aus. Zum Handelsende stand er 0,76 Prozent im Plus bei 38.97,66 Punkten, womit er aber unter seinem Tageshoch blieb. Ähnlich sah es bei den anderen Indizes aus. Der marktbreite S&P 500 zog letztlich um 1,04 Prozent auf 5.240,03 Punkte an – er hatte zu Wochenbeginn den grössten Tagesverlust seit fast zwei Jahren erlitten. Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 verabschiedete sich am Dienstag 1,02 Prozent fester mit 18.077,92 Zählern.
Laut Handelsdaten von Goldman Sachs hatten schon zu Wochenbeginn Investoren die Talfahrt insbesondere bei Technologieaktien für Käufe genutzt. «Etliche Hedge-Fonds sehen den Ausverkauf als Kaufgelegenheit», sagte Jonathan Caplis vom Research-Unternehmen Pivotalpath. Die Mehrheit der Anleger, mit der er gesprochen habe, betrachte die aktuellen Probleme als kurzfristig und stimmungsabhängig und nicht als langfristiges Problem der Fundamentaldaten börsennotierter Unternehmen oder gar der Wirtschaft insgesamt. Nach heftigen Verlusten hatten die US-Börsen am Montag klar oberhalb ihrer Tagestiefs geschlossen.
Auslöser des Kursrutsches waren Ängste vor einer US-Rezession nach schwachen Konjunkturdaten sowie das «Abwicklungsdrama von Carry-Trades», wie Stephen Innes, Managing Partner bei SPI Asset Management, es nannte. Als der Yen jüngst zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit 1986 gefallen war, hatten sich Marktexperten zufolge zahlreiche Investoren Geld im Niedrigzinsland Japan geliehen, um es in Hochzinsländern wie etwa den Vereinigten Staaten anzulegen. Die Zinsanhebung durch die Bank of Japan und schwache US-Wirtschaftsdaten machten diesen Spekulationen dann einen Strich durch die Rechnung. Die Carry-Trades verursachten Verluste, die gedeckt werden mussten, was die Verkaufswelle von Aktien deutlich verstärkte.
Damit hat sich auch die vom KI-Boom ausgelöste, heiss gelaufene Tech-Rally etwas abgekühlt. Zumindest einige Branchen-Schwergewichte wie Nvidia und Microsoft machten mit Kursgewinnen von 3,8 beziehungsweise 1,1 Prozent wieder etwas Boden gut. Dass der Software-Anbieter Palantir zur Zahlenvorlage sein Jahresgewinnziel anhob und dies mit der Nachfrage nach KI-Software begründete, bescherte dessen Aktien einen Kurssprung von 10,4 Prozent.
Dagegen reichte es bei Apple-Papieren nur für eine Eindämmung des anfangs klaren Tagesverlusts. Ähnlich war die Entwicklung bei Alphabet .
Nach der Vorlage von Quartalszahlen legten Uber um knapp 11 Prozent und Caterpillar um 3 Prozent zu. Der Fahrdienstleister überraschte mit seinen Bruttobuchungen im zweiten Quartal positiv, während der Baumaschinenhersteller wegen höherer Preise die Gewinnschätzungen übertraf.
Die Anteilscheine von Lucid zogen um 3 Prozent an. Der Tesla -Branchenkollege überzeugte die Anleger vor allem mit der Bekanntgabe einer Kapitalspritze von 1,5 Milliarden US-Dollar durch seinen Mehrheitsaktionär, einen saudischen Staatsfonds, für den Bau seines ersten Stadtgeländewagens (SUV). Die Zahlen für das abgelaufene Quartal fielen durchwachsen aus. Seit Jahresbeginn steht ein Wertverlust von mehr als einem Viertel zu Buche.
Bei Walt Disney konnten sich die Anteilseigner über ein Kursplus von 2,5 Prozent freuen. Der Unterhaltungskonzern hebt die Preise für seine Streaming-Abos in den USA um bis zu ein Viertel an. Im Sog von Disney zogen die Titel des Streaminganbieters Netflix um 1,8 Prozent an.
Zoominfo enttäuschte die Gewinnerwartungen, was den Aktien des Software- und Datenunternehmens ein Minus von mehr als 18 Prozent sowie ein Rekordtief einbrockte.
Der Euro beendete seine jüngste Erholungsrally, die ihn am Montag zeitweise auf den höchsten Stand seit Jahresbeginn getrieben hatte. Im New Yorker Handel kostete die Gemeinschaftswährung zuletzt 1,0929 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,0915 (Montag: 1,0966) Dollar festgesetzt und der Dollar damit 0,9161 (0,9119) Euro gekostet.
US-Staatsanleihen gerieten angesichts der neu erwachten Risikobereitschaft der Anleger in die Defensive. Der Terminkontrakt für zehnjährige Staatsanleihen (T-Note-Future) sank um 0,60 Prozent auf 113,39 Punkte. Die Rendite stieg im Gegenzug auf 3,90 Prozent.
Der als Angstbarometer geltende Volatilitätsindex Vix brach mit knapp 28 Punkten deutlich ein – er hatte am Montag den höchsten Stand seit dem Jahr 2020 erreicht. (AWP/mc/pg)