Schweizer Uhrenindustrie fordert Unterstützung von der Politik
Biel – Die Schweizer Uhrenindustrie durchlebt schwierige Zeiten: Die weltweite Nachfrage nach Schweizer Uhren nimmt ab und der starke Franken setzt den Herstellern zu. Die Branche fordert die Politik und die Schweizerische Nationalbank (SNB) zum Handeln auf.
Es brauche Massnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Uhrenbranche zu stärken, teilten der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) und jener der Arbeitgeber aus der Branche (CP) am Dienstag mit. Die SNB solle die Frankenstärke eindämmen und Bundesbern politische Hürden abbauen.
Es handle sich aber nicht um einen «Hilferuf», betonte FH-Präsident Yves Bugmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. «Aber wir wollen die Politik und die Öffentlichkeit auf unsere Probleme aufmerksam machen und sensibilisieren.»
Nachfrageflaute in China
Die Lage ist aber angespannt. Das Problem, das die Uhrenhersteller am stärksten beschäftigt, ist die schwache Nachfrage aus Asien. «Vor allem nach China und in den wichtigen Uhrenmarkt Hongkong exportieren die Marken deutlich weniger Uhren», sagte Bugmann. Andere Märkte entwickelten sich besser.
Das lässt sich in den FH-Statistiken nachlesen. Von Januar bis Juli sind die Uhrenexporte zum Rekordjahr 2023 um 2,4 Prozent auf 15,2 Milliarden Franken zurückgegangen. Während der grösste Absatzmarkt USA um 5 Prozent wuchs, schrumpften die Ausfuhren in die nächst grösseren Märkte China (-23%) und Hongkong (-20%) deutlich.
Dort hat sich die Konsumentenstimmung in den letzten Monaten spürbar abgeschwächt. Das zeigten auch die zu Wochenbeginn publizierten Detailhandelsumsätze, die in China im August mit nur noch gut 2 Prozent deutlich schwächer als erwartet zulegten.
Vor allem Unternehmen, die Uhren im unteren und mittleren Preissegment herstellen und verkaufen, leiden unter der angespannten Marktlage und dem starken Franken. Als erste bekämen es aber in der Regel die Zulieferer von Komponenten zu spüren, wenn die Nachfrage nach Uhren abflaue, so Bugmann.
Das sieht die Swatch Group, die mit Longines, Rado oder Swatch in diesem Segment gut vertreten ist, anders. Dieses Geschäft entwickle sich «sehr gut und wachse weltweit», betonte der Konzern in einer Stellungnahme. Einzige Ausnahme sei die Region Greater China, die nebst Festlandchina auch Taiwan, Hongkong und Macau umfasse. Dort sei die Konsumschwäche jedoch «bei Produkten jeglicher Art» zu sehen.
Kurzarbeit und Entlassungen
Die Folgen für die Uhrenindustrie seien schwerwiegend, betonte der Verband. Von den 700 Unternehmen mit rund 65’000 Beschäftigten hätten bereits viele auf Kurzarbeit zurückgegriffen, die Betriebsferien im Sommer verlängert oder gar Angestellte entlassen.
Bereits das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wies im Rahmen der Anfang September veröffentlichten Arbeitslosenzahlen auf die prekäre Lage hin. Im August war die Arbeitslosenquote in der Uhrenindustrie mit 5,4 Prozent im Branchenvergleich die höchste. Insgesamt lag die Quote mit 2,4 Prozent klar tiefer.
«Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Firmen, die Kurzarbeit anmelden, zunehmen wird», sagte Bugmann. Die weitere Entwicklung sei zwar kaum abschätzbar, allerdings gebe es kurzfristig keine Aussicht auf Besserung.
SNB hat Spielraum
Die beiden Verbände fordern daher in ihrem Schreiben die Politik und die SNB zum Handeln auf. Angesichts der sich abschwächenden Inflation in der Schweiz verfüge die Notenbank über genügend Spielraum, um am Devisenmarkt zu intervenieren und den Franken zu schwächen. Ober es gar zu einer weiteren Zinssenkung kommt, darüber werden die Währungshüter in der kommenden Woche entscheiden.
Zudem werden vom Bund bessere Rahmenbedingungen gefordert. In dem Zusammenhang begrüssen die Verbände die im Freihandel mit China, Indien oder den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) gemachten Fortschritte.
Auch den administrativen Aufwand der Unternehmen gelte es zu verringern. «Immer mehr Gesetze erschweren vor allem den kleineren Firmen das Leben», sagte Bugmann. (awp/mc/ps)