Kein Boom in Sicht: Schweizer Wirtschaft erholt sich nur langsam
Zürich – Die wirtschaftliche Erholung in der Schweiz verläuft laut den Konjunkturforschern der ETH Zürich (KOF) harziger als erhofft. Der Hauptgrund ist das schwächelnde Deutschland.
Eigentlich müsste die Schweizer Wirtschaft aktuell mit fast 2 Prozent wachsen. Dies hat die KOF unter anderem anhand der Zuwanderung und des technologischen Fortschrittes berechnet.
Doch ein solcher Wert wurde 2023 klar verfehlt, für das laufende Jahr ist er ebenfalls unrealistisch. «Und auch 2025 und 2026 werden wir uns solchen Wachstumsraten nur annähern», sagte KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm am Mittwoch bei der Vorstellung der Herbstprognose seines Instituts.
Es zeichne sich somit nur eine «Normalisierung» ab. «Ein eigentlicher Boom ist aber nicht in Sicht.»
Im Gegenteil hat die KOF ihre Prognosen leicht gesenkt. Für 2024 erwartet sie nun ein Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes (BIP, sporteventbereinigt) von 1,1 statt 1,2 Prozent und für 2025 von 1,6 statt 1,8 Prozent. Die erstmalige Prognose für 2026 lautet auf 1,7 Prozent.
Deutschland bremst
Der Hauptgrund für die nur holprige Erholung und die leichte Abwärtsrevision ist die konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone und insbesondere in Deutschland. «Europa bremst die Schweizer Dynamik», so Sturm.
Darunter leide die Schweizer Exportindustrie, insbesondere die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Die KOF geht davon aus, dass die Exporte bis zum nächsten Frühjahr nahezu stagnieren werden und erst danach an Fahrt aufnehmen werden. Ausserdem halten sich die Schweizer Unternehmen mit Investitionen in neue Maschinen und Geräte zurück.
Inflation nimmt ab
Trotzdem spricht laut Sturm die nach wie vor positive Erwartungshaltung der Unternehmen für eine allmähliche Erholung der Wirtschaft. Lichtblicke seien ausserdem die solide Arbeitsmarktentwicklung und die nachlassende Inflation.
Die Inflationsprognose wurde für 2024 konkret leicht auf 1,2 Prozent von 1,3 Prozent gesenkt, für 2025 deutlicher auf 0,7 von 1,0 Prozent. 2026 wird sie ebenfalls bei 0,7 Prozent gesehen.
Mehr Geld im Portemonnaie
Es sei daher in allen drei Jahren mit Reallohnzuwächsen zu rechnen, sagte der KOF-Direktor. Konkret erwartet er für 2024 bis 2026 Reallohnzuwächse von bis zu 0,9 Prozent. Mit anderen Worten: Die Konsumenten haben auch nach Abzug der Teuerung mehr Geld im Portemonnaie. In der Folge bleibe der private Konsum eine Stütze der Konjunktur.
Die 13. AHV-Rente, die kürzlich vom Volk beschlossen wurde, könnte laut der KOF dem Konsum gegen Ende des Prognosezeitraums zusätzlich einen kleinen Schub geben. Sollte diese Extrarente über die Mehrwertsteuer finanziert werden, würde dies laut der KOF aber auch die Inflation wieder etwas anheizen.
Wie üblich betont die KOF die Risiken für die Prognose. Der Krieg in der Ukraine, insbesondere aber der Konflikt im Nahen Osten, können bei einer weiteren Eskalation sowohl die Wirtschaftsentwicklung als auch die Inflation stark beeinflussen. Zudem gebe es auch Deglobalisierungsrisiken – nicht zuletzt mit Blick auf die anstehenden US-Wahlen. (awp/mc/pg)