Abwasserbakterien verspeisen Kunststoffe
Evanston / Chicago – Forscher der Northwestern University haben mit der Bakterienfamilie Comamonadaceae in einer Kläranlage eine Waffe gegen Plastik entdeckt. Bei dem Prozess scheiden die Bakterien ein Enzym aus, das den Kunststoff in mundgerechte Stücke zerlegt. In dieser Phase setzt der Kunststoff den Bemühungen der Bakterien, ihn als Nahrungsquelle zu nutzen, keinen Widerstand mehr entgegen. Die Mikroorganismen können den Kohlenstoff, ein wesentlicher Bestandteil des Kunststoffs, verstoffwechseln. Dabei entsteht zwar CO2, doch das ist, verglichen mit der Bedrohung durch Mikroplastik, das kleinere Übel, heisst es.
Schlüsselenzym identifiziert
«Wir haben zum ersten Mal systematisch gezeigt, dass ein Bakterium aus Abwasser ein Ausgangsmaterial aus Kunststoff aufnehmen, es zersetzen, fragmentieren, abbauen und als Kohlenstoffquelle nutzen kann. Wir haben das Schlüsselenzym identifiziert, das für den Abbau der Kunststoffmaterialien verantwortlich ist. Dieses könnte optimiert und genutzt werden, um Kunststoffe in der Umwelt gezielt zu beseitigen», sagt Forschungsleiterin Ludmilla Aristilde.
Um den Abbauprozess zu verstehen, haben die Forscher das aus Abwasser isolierte Bakterium auf PET-Folien und -Pellets vermehrt. PET ist ein weitverbreiteter Kunststoff, aus dem vor allem Getränkeflaschen hergestellt werden. Mit mikroskopischen Techniken konnte das Team in der Folge beobachten, wie sich die Oberfläche des Kunststoffmaterials im Laufe der Zeit veränderte.
Von Plastikmenge überfordert
Als nächstes analysierten die Forscher das Umfeld der von den Bakterien zu Nanoteilchen zersetzten PET. Und schliesslich schauten sich die Experten das Innere der Bakterien an, um die Werkzeuge zu bestimmen, mit denen die Bakterien den Kunststoff abbauen. Dabei entdeckten sie ein spezielles Enzym, das PET in Monomere zerlegt, die Ausgangspartikel für das Polymer PET. Das ist eine bioverfügbare Kohlenstoffquelle, die Bakterien für ihr Wachstum nutzen.
In Kläranlagen produzieren die Bakterien Nanoplastik aus Kunststoffen. Doch mit deren kompletter Umsetzung sind sie überfordert, warnt Aristilde. Ein Teil wird aus der Kläranlage in den Vorfluter abgegeben und landet letztlich in Seen oder im Meer. Dieses Problem müsste als nächstes gelöst werden, unterstreicht die Ingenieurin abschliessend. (pte/mc/ps)