Kunsthaus Zürich zeigt erste grosse Retrospektive von Marina Abramović in der Schweiz
Zürich – Marina Abramović (*1946 Belgrad) ist eine der wichtigsten zeitgenössischen Künstlerinnen. Sie blickt auf ein über 55-jähriges Schaffen zurück und hat mit ihren legendären Performances (Kunst-)Geschichte geschrieben. Das Kunsthaus Zürich zeigt vom 25. Oktober 2024 bis 16. Februar 2025 die erste grosse Retrospektive der Künstlerin in der Schweiz. Die Ausstellung umfasst Werke aus allen Schaffensperioden und reinszeniert bestimmte historische Performances live. Zudem entsteht eine neue Arbeit speziell für das Kunsthaus Zürich, die das Publikum direkt miteinbezieht.
Das Markenzeichen von Marina Abramović sind sogenannte «Long-durational Performances» – das sind kräftezehrende und zeitintensive Auftritte, in denen die Künstlerin Grenzen von Körper und Geist erforscht und das Publikum dazu einlädt, diese Erfahrungen mit ihr zu teilen. In ihren frühen Werken testete sie v.a. körperliche Grenzen. Berühmt geworden sind hier die Serie der «Rhythm»- Performances, in denen Marina Abramović ihren Körper Extremsituationen aussetzte und mit unterschiedlichen Formen des Kontrollverlustes experimentierte. In ihren neueren Werken geht es ihr stärker um eine mentale Transformation, das Thema «Heilung» und eine neue Selbsterfahrung für die Besuchenden. Mit ihren «Transitory Objects», die Marina Abramović seit den frühen 1990er-Jahren realisiert, fordert sie das Publikum zur Interaktion auf. Sie versteht diese Objekte als Werkzeuge, um sich besser kennenzulernen. Achtsamkeit, Entschleunigung und damit verbunden eine andere Erfahrung von Zeit und sich selbst spielen in diesen Werken eine zentrale Rolle – lange bevor diese Themen zum gesellschaftlichen Mainstream wurden. Mit der «Abramović Method» entwickelte die Künstlerin zudem ein System, um diese Anliegen mit dem Publikum weiter zu vertiefen und Möglichkeiten zu schaffen, den Moment bewusster zu erleben und sich mit dem Jetzt zu verbinden.
WERKE AUS ALLEN SCHAFFENSPERIODEN SOWIE PUBLIKUM ALS PERFORMENDE
Die umfassende Retrospektive am Kunsthaus Zürich gibt Einblick in das vielfältige Schaffen dieser einzigartigen Künstlerin. Es sind Werke aus allen Schaffensperioden und unterschiedlichen Gattungen wie Video, Fotografie, Skulptur und Zeichnung zu sehen. Zudem werden ikonische Performances wie «Imponderabilia» (1977) und «Luminosity» (1997) live reinszeniert. «Imponderabilia» hatte Marina Abramović erstmals in Bologna performt, zusammen mit ihrem damaligen Lebenspartner Ulay (1943–2020). Die beiden standen nackt im Eingang zum Museum, mit dem Gesicht zueinander gedreht, und die Besuchenden mussten sich durch sie durchzwängen. Die Arbeit war eine Metapher dafür, dass Kunstschaffende die Grundpfeiler des Museums sind, und dass der Eintritt durch diese Tür eine Erfahrung bedeutet, die die Besuchenden in eine neue Welt entlässt, nämlich die der Kunst. Die Erfahrung war und ist auf vielen Ebenen «imponderable» (nicht einschätzbar) und individuell verschieden, doch in jedem Fall eine starke Begegnung. Auch in Zürich wird die Performance gleich zu Beginn der Ausstellung gezeigt, um so das Publikum physisch und mental in einen anderen Raum bzw. Zustand zu überführen. Denn die Retrospektive am Kunsthaus Zürich ist mehr als eine klassische Ausstellung. Sie ist eine alle Sinne ansprechende Erfahrung und lädt die Besuchenden zu Interaktion und direkter Teilnahme ein. Dieser Fokus auf den partizipatorischen Arbeiten macht die Ausstellung zu einem einzigartigen Erlebnis und unterscheidet die Präsentation in Zürich von den vorherigen Stationen. Mit der speziell für das Kunsthaus Zürich konzipierten Arbeit «Decompression Chamber» regt Marina Abramović das Publikum an, einen Moment innezuhalten und zu «de-komprimieren» – also zu entspannen und in einen anderen Gefühls- oder Seinszustand zu gelangen und so nicht nur sich selbst, sondern auch die Welt neu zu entdecken und wahrzunehmen.
RE-PERFORMANCES
Die Re-Performances werden inzwischen nicht mehr von Marina Abramović selber ausgeführt, sondern von lokalen Performerinnen und Performern. Das Weitergeben ihres Wissens an eine neue Generation ist für die Künstlerin ganz wichtig. Sie hat dafür das Marina Abramović Institute (MAI) gegründet, das jeweils den Casting-Prozess der Performenden begleitet und auch Events mit jüngeren Performance-Kunstschaffenden organisiert. (Kunsthaus Zürich/mc/ps)
Ausstellungsinformationen
www.kunsthaus.ch/abramovic
www.arthouse.ch