Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Von der Leyens kluger Schritt
Von Robert Jakob
Die Europäischen Bauern sind gar nicht glücklich. Ihnen erwächst mit den vier fruchtbaren Pampastaaten harte Konkurrenz. Aber die Errichtung einer Freihandelszone mit Uruguay, Paraguay, Argentinien und Brasilien war überfällig.
Auf Südamerikas Weiden grasen kräftige Rinder, und es wird massenhaft Soja, Weizen, Mais, Sonnenblumen, Sorghum (ein glutenfreies Getreide) und Gerste angebaut, das alles natürlich zu unschlagbaren Preisen. Die Löhne sind tief und die Fluren gross und hindernisfrei. Hinzu kommen in den oben erwähnten Ländern noch Produkte der Fischerei- und Forstwirtschaft, aber auch Non-Food-Erzeugnissen wie Rinderhäute und Wolle bis hin zum Biodiesel, Erdöl und Erdgas.
Wegen der Agrarkonkurrenz musste EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Verkündigung des EU-Mercosur-Abkommens Trostpflaster für die Bauern in Form von Kontingenten versprechen. Aber der Wegfall, respektive das Senken der Zollschranken, ist wichtiger als der Schutz der heimischen Industrie. Denn nun können die Europäer ihrerseits Maschinen und viele andere hochentwickelte Erzeugnisse nach Südamerika zollfrei exportieren. Ein wechselseitig florierender Handel wird das Ergebnis sein, der das Wirtschaftswachstum beidseits des Atlantiks stärkt und den Chinesen Paroli bietet, die sich zunehmend in Südamerika über Wirtschaftskooperationen und Knebelverträge breit machen.
Jetzt wo die europäische Antriebsachse (Deutschland-Frankreich) bedenklich eiert, kommt von der Leyens Jubelmeldung genau zur richtigen Stunde. Vor allem der europäische Agrargigant Frankreich will das Abkommen nicht. Dabei ist es schon lange überfällig. Die Verhandlungen dazu liefen schon seit einem Vierteljahrhundert. Allerdings haben Verständigungsprobleme (der Scholzomat spricht kein Französisch) zum Schluss eine längst fällige Einigung verhindert. Diese ist gar nicht so schwierig, denn französische Rufe nach Schutzmassnahmen stehen auf tönernen Füssen, subventioniert das Land doch seine heimische Industrie durch günstigen Atomstrom. Deutschland hat also die besseren Argumente und die Kommissionspräsidenten wird sie jetzt zum Beginn ihrer zweiten Amtszeit voll aufs Tapet bringen.
Bauernverbände haben natürlich sofort überall verstreut in Europa fleissig demonstriert, und Frankreichs Handelsministerin Sophie Primas wiederholte Macrons Njet zum Vertrag. Nur ist der französische Präsident angeschossen und ähnlich wie Olaf Scholz bereits im Wahlkampfmodus. Da wird regieren schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Dem Freihandelsabkommen müssen 15 der 27 EU-Mitgliedsländer zuzustimmen, und die Befürworter müssen 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Nötig ist auch das Einverständnis des EU-Parlaments. Dieses wäre gut beraten, sich nicht von den Lobbyverbänden vergraulen zu lassen. Weil Donald Trump überall mit Strafzöllen droht, besteht jetzt die einmalige Chance, im Herzen Südamerikas Pflöcke einzuschlagen und damit Handelsströme zu eröffnen, welche den Inflationsdruck mindern helfen und neue Absatzvolumen generieren für die notleidende europäische Elektronik-, Chemie- und Metallbranche – von der Automobilindustrie ganz zu schweigen. Allein die Vorankündigung schafft Planungssicherheit.
Die Mitgliedsländer des Mercosur zählen bis heute nicht zu den wichtigen Handelspartnern der EU. Selbst die kleine Schweiz exportiert mehr als die gesamte Europäische Union. Die USA exportieren zehnmal mehr. Damit kommt die Schweiz auf 40% des US-Handelsvolumens. Aber Trump hat seine Handelspartner bereits mit Beleidigungen und Zolldrohungen verprellt. Das könnte sich jetzt rächen. Wenn auf dem gemeinsamen Abschlussfoto des Treffens von der Leyens mit den Regierungschefs der Pampaländer selbst der «Kettensägenmann» Milei freundlich dreinschaut, will das einiges heissen. Die Tür für die europäische Wirtschaft steht weit offen.
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