Fouad Bajjali, CEO IG Bank, im Interview
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Bajjali, die IG Bank bietet vor allem CFDs (Contract for Difference) an, das heisst, ihre Kunden spekulieren auf die Preisbewegungen der Finanzmärkte (Preisanstieg = long, Preisabfall = short). Wer sind ihre Kunden, für wen eignet sich diese Form des Handels?
Fouad Bajjali: Wir bedienen zwei Hauptkundengruppen: Privatanleger und institutionelle Kunden wie Hedgefonds, Asset Manager, Family Offices, Banken und Broker. Unsere Produkte und Dienstleistungen eignen sich am besten für erfahrene und gut informierte Trader, die in der Lage sind, die mit CFDs verbundenen Risiken zu verstehen und risikomindernde Massnahmen wie die Platzierung von Stop-Loss-Optionen zu ergreifen.
Wie unterscheiden sich die privaten und institutionellen Kundinnen in ihren Ansprüchen, welche speziellen Angebote haben Sie für institutionelle Anleger?
Sowohl private als auch institutionelle Kunden wollen durch Trading Vermögen vermehren und benötigen robuste Plattformen sowie ständig aktualisierte Marktanalysen und -informationen. Institutionelle Kunden unterscheiden sich jedoch in der Regel von Privatkunden durch den Wert und das Volumen ihrer Investitionen und Trades. Sie haben auch immer komplexere regulatorische und Compliance-Anforderungen, die sie mit unseren IG Prime-Systemen erfüllen können, insbesondere zu Reporting- und Prüfungszwecken.
«Die meisten unserer Kunden handeln mit Indizes, gefolgt von Devisen und Aktien, aber seit unserer Gründung in der Schweiz vor zehn Jahren beobachten wir ein stetiges Interesse am Rohstoffhandel.» Fouad Bajjali, CEO IG Bank
Privatkunden hingegen benötigen oft mehr Wissen über die Märkte und das Trading. Um sie zu unterstützen, bieten wir die IG Academy an, eine kostenlose Ressource, die Tradern aller Erfahrungsstufen hilft, ihre Trading-Fähigkeiten zu entwickeln oder zu verbessern. Die von unseren Analysten und Tradern erstellten Inhalte umfassen interaktive Trading-Kurse, Webinare, Seminare und die Möglichkeit, das Trading mit einem kostenlosen Demokonto zu üben.
Den dem Handel zugrunde liegenden Vermögenswerten (zum Beispiel Aktien, Indizes, Kryptowährungen, Rohstoffe, Devisen) sind fast keine Grenzen gesetzt. Welche Werte werden am meisten abgedeckt, wo sehen Sie innovative neue Werte, welche durch CFDs in Zukunft berücksichtigt werden können?
Die meisten unserer Kunden handeln mit Indizes, gefolgt von Devisen und Aktien, aber seit unserer Gründung in der Schweiz vor zehn Jahren beobachten wir ein stetiges Interesse am Rohstoffhandel. Die jüngste Entwicklung von Krypto-ETFs rund um Bitcoin, Ethereum und Litecoin zeigt das Potenzial für weitere ETF-Entwicklungen mit anderen Kryptowährungen.
Wo sehen Sie den wirtschaftlichen Nutzen von CFDs (Differenzkontrakte), die im Wesentlichen Wetten auf Preisschwankungen, mit potentiell hohen Hebelwirkungen, sind?
CFDs bieten durch ihre Hebelwirkung die Möglichkeit, mit einem relativ kleinen Kapitaleinsatz grössere Marktpositionen zu handeln. Dies kann potenziell höhere Gewinne ermöglichen, birgt jedoch gleichzeitig ein erhöhtes Risiko. Bei IG Bank sind wir uns dieser Risiken bewusst und stellen sicher, dass unsere Kundinnen und Kunden durch Schulungen und transparente Kommunikation über die Chancen und Gefahren des Hebeleffekts informiert sind. In der Schweiz und Europa sind CFDs zudem reguliert, was zusätzliche Sicherheit schafft.
Anfangs August stieg der CBOE Volatility Index (auch «Angstindex» genannt) stark an. Was waren die Gründe dafür, wie wirkt sich der Index auf das Verhalten Ihrer Kunden aus?
Der starke Anstieg des CBOE-Volatilitätsindex (VIX), der sich wieder etwas beruhigt hat, ist auf drei Hauptgründe zurückzuführen: die anhaltenden geopolitischen Spannungen, die enttäuschenden Gewinnzahlen für das zweite Quartal und die Sorge um eine Konjunkturabschwächung. Konflikte, wie der zwischen Russland und der Ukraine, sorgen weiterhin für Volatilität an den globalen Märkten. Enttäuschende Q2-Ergebnisse, insbesondere von Technologieunternehmen, haben die Marktunsicherheit erhöht. Darüber hinaus haben Anzeichen einer Abschwächung des Arbeitsmarktes die Befürchtungen über den allgemeinen Zustand der Wirtschaft verstärkt.
«Der starke Anstieg des CBOE-Volatilitätsindex (VIX), der sich wieder etwas beruhigt hat, ist auf drei Hauptgründe zurückzuführen: die anhaltenden geopolitischen Spannungen, die enttäuschenden Gewinnzahlen für das zweite Quartal und die Sorge um eine Konjunkturabschwächung.»
Der Anstieg des VIX hat erhebliche Auswirkungen auf das Verhalten unserer Kunden und beeinflusst ihre Trading-Strategien, ihr Risikomanagement und das Niveau ihrer Trading-Aktivitäten. Ein höherer VIX, der oft als «Angstindex» bezeichnet wird, kann Trader dazu veranlassen, konservativere Ansätze zu wählen oder Absicherungen zur Risikominimierung einzusetzen. Wir haben eine Zunahme der Trading-Aktivitäten bei steigendem VIX beobachtet, da die erhöhte Volatilität den Tradern mehr Möglichkeiten bietet, von grösseren Kursschwankungen zu profitieren. Dies gilt insbesondere für kurzfristige Anleger und diejenigen, die Strategien anwenden, die in volatilen Märkten erfolgreich sind, wie Day-Trading und Swing-Trading. Dies unterstreicht die Bedeutung der Marktanalysen und Ressourcen zur Unterstützung im Trading von IG.
Mit welchen Mitteln können Anlegerinnen und Anleger die mit der Volatilität verbundenen Risiken minimieren?
Anleger können jederzeit CFDs auf den VIX selbst einsetzen, um sich gegen die Marktvolatilität abzusicher. Zusätzlich zur Absicherung können sie verschiedene Instrumente und Taktiken einsetzen, um das Risiko zu verringern. Zum Beispiel eine einfache Stop-Loss-Order, die eine Anweisung ist, Ihre Position zu schliessen, sobald sie einen festgelegten Preis erreicht, der unter dem aktuellen Marktpreis liegt. Garantierte Stopps bieten einen noch stärkeren Schutz, indem sie eine absolute Obergrenze für mögliche Verluste festlegen. Für Anleger ist es zudem wichtig, ihr Portfolio zu diversifizieren, indem sie ihre Investitionen auf verschiedene Anlageklassen und Regionen verteilen. Ein häufiger Trading-Fehler besteht darin, nur in eine Kategorie oder Anlageklasse (z. B. ETFs) zu investieren und andere Vermögenswerte (z. B. Anleihen) ausser Acht zu lassen.
Um Marktveränderungen besser vorhersehen und darauf reagieren zu können, ist es für Anleger entscheidend, informiert zu bleiben und sich kontinuierlich über die wichtigsten Volatilitätsfaktoren zu informieren. Um dies zu unterstützen, veröffentlichen wir wöchentlich einen Überblick über die wichtigsten wirtschaftlichen Entwicklungen, die die Märkte beeinflussen könnten. Diese Updates sind täglich auf unserer Website und in den sozialen Medien verfügbar.
Die Haupteinnahmequelle der IG Bank sind Spreads auf CFDs, die den Kunden verrechnet werden. Welche zusätzlichen Einnahmequellen haben Sie, wie soll sich die Aufteilung der Einnahmen in Zukunft entwickeln?
Unser Geschäftsmodell ist ähnlich wie das anderer Online-Broker. Wir erwirtschaften derzeit den grössten Teil unserer Einnahmen aus den Spreads, also der Differenz zwischen den Kauf- und Verkaufspreisen, die wir unseren Kunden in Rechnung stellen. Zusätzlich zu den Spreads erzielen wir auch Einnahmen aus Standardgebühren wie Provisionen, Währungsumrechnungsgebühren und der Finanzierung von Positionen über Nacht, die nach 23.00 Uhr (Schweizer Zeit) gehalten werden.
«Ein häufiger Trading-Fehler besteht darin, nur in eine Kategorie oder Anlageklasse (z. B. ETFs) zu investieren und andere Vermögenswerte (z. B. Anleihen) ausser Acht zu lassen.»
Mit Blick auf die Zukunft planen wir, unsere Einnahmequellen zu diversifizieren, indem wir unser Produktangebot erweitern und die Funktionen auf unserer Plattform weiterentwickeln. Dazu gehört die Erweiterung unserer Dienstleistungen in den Bereichen nachhaltige Anlagen, Kryptowährungen und Optionen. Zusätzlich werden wir unsere Dienstleistungen für institutionelle Kunden weiter verbessern. So bietet IG bereits ausgefeilte Risikomanagement- und Analysen-Tools wie Echtzeitdaten und fortschrittliche Reporting-Funktionen, die wir weiter ausbauen werden.
Künstliche Intelligenz, Chatbots, Trading-Bots, selbstlernende Algorithmen; Wie verändert die digitale Transformation Ihr Geschäft, wo setzt die IG Bank selbst auf diese Werkzeuge?
Wir sind ein globales Fintech-Unternehmen mit einer 50-jährigen Geschichte – technologische Innovation ist also Teil unserer DNA. Wir setzen vor allem die neuesten Technologien ein, um den Kundenservice, die Marktanalyse und die Schulungen zu verbessern. So nutzen wir beispielsweise KI und maschinelles Lernen, um grosse Mengen an Marktdaten zu analysieren, Trading-Chancen zu identifizieren, Markttrends besser vorherzusagen und Kunden bei der Optimierung ihrer Trading-Strategie zu beraten.
Darüber hinaus beobachten wir den Markt kontinuierlich, um zu beurteilen, wo Kunden von diesen Fortschritten aus einer Anlageperspektive profitieren können. Dazu gehört beispielsweise die Analyse von Unternehmen, die im Bereich der künstlichen Intelligenz tätig sind (z. B. Microsoft), sowie von Indizes, die unter anderem ein Engagement in Bereichen wie Mikroprozessoren, Rechenzentrumsplattformen und maschinelles Lernen bieten (z. B. der BITA Artificial Intelligence US Giants Index (BAIGUI)).
Während die ältere Generation noch eher ihrem Bankberater vertraut, sind die Jungen oft über Apps mit Gamification-Elementen ans Bankengeschäft herangeführt worden. Wo positioniert sich die IG Bank in diesem Spannungsfeld, welche Entwicklungen werden die Zukunft des Bankings am nachhaltigsten verändern?
Unser Privatkundenstamm besteht hauptsächlich aus Privatpersonen im Alter von 25 bis 44 Jahren. Wir konzentrieren uns darauf, die Lücke zwischen traditionellem Private Banking und modernen digitalen Lösungen zu schliessen. Ein gutes Beispiel dafür sind unsere Privatkunden, die Unternehmer sind. Ein grosser Teil ihres Vermögens ist in ihren Unternehmen gebunden, was es schwieriger macht, ihr Vermögen auszubauen. Da CFDs nur wenig Liquidität benötigen, sind sie besonders attraktiv. Angesichts ihrer geschäftlichen Verpflichtungen müssen sie auch ihre Zeit und Ressourcen für das Traden optimieren. Unsere innovativen und benutzerfreundlichen Trading-Plattformen, in Verbindung mit unserem umfassenden Online-Schulungsangebot, Marktkommentaren und Support, sind für sie besonders attraktiv.
«Wir setzen KI und maschinelles Lernen ein, um grosse Mengen an Marktdaten zu analysieren, Trading-Chancen zu identifizieren, Markttrends besser vorherzusagen und Kunden bei der Optimierung ihrer Trading-Strategie zu beraten.»
Die IG Group ist in 18 Ländern präsent. Wo finden sich die aktivsten und risikofreudigsten Trader, wie unterscheidet sich die Schweiz gegenüber anderen Märkten?
IG wurde in London gegründet, und wie andere grosse Handelszentren, z.B. New York und Hongkong, ziehen dieser Märkte Trader an, die Hebelwirkung und fortschrittliche Trading-Tools nutzen, um sich an einer ganzen Reihe von Trades zu tätigen, die von relativ sicher bis hoch riskant reichen. Unser erster Markt ausserhalb des Vereinigten Königreichs war Australien, wo Trader relativ stark an den Devisen- und CFD-Märkten beteiligt sind.
Der auffälligste Unterschied im regionalen Trading- und Investitionsverhalten besteht jedoch zwischen Männern und Frauen. Eine Analyse der IG Bank unterstreicht den erheblichen Einfluss der Kultur auf die Investitionsbeteiligung von Frauen. Während sich Frauen insgesamt weniger Investitionen (inklusive Trading) tätigen, ist es auffällig, dass nur 8% der Schweizer Frauen aktiv investieren, verglichen mit 23% in Taiwan und 20% in Singapur. Dieser kulturelle Hintergrund unterstreicht die Notwendigkeit einer frühzeitigen Wissensvermittlung und Förderung.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Ich würde mir wünschen, dass jeder eine Grundausbildung über die Finanzmärkte erhält, damit er sein Vermögen aufbauen kann. Viele der Hilfsmittel sind kostenlos und leicht zugänglich. Ich habe einen kleinen Sohn, und sobald er alt genug ist, werde ich ihm den Wert des Sparens und Investierens näher bringen. Es ist eine Herausforderung, aber es ist wirklich wichtig, ein Ziel zu haben, und sei es noch so klein.