SGKB investment views: Negativzinsen sind ein unwahrscheinliches Szenario

St. Gallen – SNB-Präsident Schlegel hat letzte Woche einmal mehr Negativzinsen nicht ausgeschlossen. Gleichzeitig hat er angedeutet, dass die SNB diese eigentlich nicht wolle. Damit hat er genau das gesagt, was Notenbanker sagen müssen, nämlich nichts. Die Inflationsrate in der Schweiz ist mit 0.6% schon tief und wird wahrscheinlich gegen 0% absinken, wenn die Mietzinserhöhungen des letzten Jahres aus der Rechnung herausfallen.
von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank
Gleichzeitig wird die EZB die Zinsen in der Eurozone weiter senken, was üblicherweise die SNB zum Nachziehen verleitet. Sie wird dies im März auch tun, dann aber ihren Zinssenkungszyklus bei 0.25% stoppen. Die Alternative wäre ein negativer Leitzins, da ein Zins von 0% für die SNB im Geldmarkt schwierig zu steuern wäre. Zudem sprechen auch die wirtschaftlichen und monetären Rahmenbedingungen dafür, dass die Zinssenkungen ein Ende finden.
Im letzten Sommer kannte die Zinsfantasie keine Grenzen. Von der Fed wurden sieben bis acht Zinssenkungen erwartet, das gleiche von der EZB. Mittlerweile hat die Stimmung gedreht. Die Fed hat im Januar auf eine Zinssenkung verzichtet und wartet ab, wie sich die Inflationsdynamik in den USA durch die handelspolitischen Entscheide von Donald Trump verändert. Da die Zinsen in den USA zu hoch sind, wird die Fed diese nach Möglichkeit noch etwas zurücknehmen, aber in einem beschränkten Ausmass. Die EZB muss stärker handeln, da die Konjunktur in der Eurozone lahmt und wird den Einlagesatz in den nächsten Monaten von 2.75% in den Bereich von 2.00% senken. Da die Zinsen in der Eurozone aber stärker gestiegen sind als in der Schweiz, wird die Zinsdifferenz zwischen dem Euro und dem Franken danach mit 1.75% immer noch überdurchschnittlich hoch sein.
Franken für die SNB momentan keine Gefahr
Die reale Aufwertung des Frankens Ende 2023 hat die SNB bewogen, bereits im letzten März mit Zinssenkungen zu beginnen. Momentan ist der Aufwertungsdruck auf dem Franken gering. Handelsgewichtet ist er zuletzt rund 2% schwächer geworden. Der US-Dollar profitiert von den hohen Zinsen in den USA. Der Euro hält sich trotz der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten in Frankreich und Deutschland zum Franken stabil. Dazu kommt, dass die Inflationsdifferenz zwischen der Schweiz und den anderen Industrieländern wieder grösser geworden ist. Der von der SNB beachtete reale Aussenwert des Frankens bleibt dadurch konstant, auch wenn der Franken wieder etwas teurer werden sollte. Die monetären Bedingungen werden durch den schwächeren realen Franken expansiver, ohne dass die SNB den Leitzins senken muss.
Negativzinsen sind ein Zeichen der Krise
Die SNB hat 2011 die Negativzinsen als Reaktion auf die Eurokrise eingeführt. Eine solche Krisensituation ist aktuell nicht vorhanden. Die Industrie in der Schweiz leider unter der Nachfrageschwäche in Deutschland und in China. Die industrielle Schwäche wird durch eine gut laufende Binnenwirtschaft jedoch kompensiert. Eine Rezession ist in der Schweiz nicht zu befürchten. Einen konjunkturellen Impuls durch tiefere Zinsen braucht es daher nicht. Die Zinsen sind bereits jetzt zu tief, was insbesondere den Immobilienmarkt unnötig beflügelt. Die geopolitische Dynamik hat sich mit der Vereidigung von Donald Trump verändert und ist durch sein erratisches Vorgehen noch schwierige einzuschätzen als zuvor. Eine grosse Krise, die den Franken zum sicheren Hafen macht, steht aber nicht im Raum. Zudem helfen in einer effektiven Krisensituation tiefere Zinsen gegen einen starken Franken nichts. Es gibt deshalb keinen Grund, die Schweiz wieder den Belastungen eines Negativzinsumfeldes auszusetzen. (SGKB/mc/pg)