Daniel Fust, CEO Graubündner Kantonalbank, im Interview

Daniel Fust, CEO Graubündner Kantonalbank, im Interview
Daniel Fust, CEO Graubündner Kantonalbank. (Foto: GKB)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Fust, die GKB ist 2024 trotz eines leicht negativen Zinserfolgs nur knapp unter dem Rekordgewinn des Vorjahres zurückgeblieben. Sie dürften zufrieden sein mit dem letzten Geschäftsjahr…

Ich bin sehr zufrieden mit dem letzten Geschäftsjahr. Wir konnten in einem anspruchsvollen Umfeld erneut ein starkes Resultat publizieren und fast nahtlos an das Rekordergebnis vom Vorjahr anschliessen.

Der erzielte Konzerngewinn von CHF 229.5 Mio. unterstreicht die Stärke des Geschäftsmodells der Graubündner Kantonalbank mit ihren Standbeinen im Zins-, Anlage- und Vorsorgegeschäft. So konnte der tiefere Zinserfolg (vier Leitzinssenkungen im 2024) durch höhere Kommissions- und Handelserfolge mehr als kompensiert werden. Mit einer unveränderten Dividende von CHF 47.50 pro Partizipationsschein fliessen dem Kanton Graubünden inklusive Abgeltung der Staatsgarantie CHF 103.7 Mio. zu.

Wir sind dankbar für das Vertrauen, das uns von unseren Kundinnen und Kunden, unseren PS-Inhaberinnen und -Inhabern und dem Kanton entgegengebracht wird. Das alles ist nur möglich mit dem grossen Engagement unserer rund 1000 Mitarbeitenden.

Welche Entwicklungen würden Sie besonders hervorheben?

Verschiedene Komponenten haben zum starken Konzernergebnis beigetragen. Hervorheben möchte ich insbesondere folgende Punkte: Das erfreuliche Wachstum im Stammhaus bei den Ausleihungen und im Kundenvermögen unterstreicht das Vertrauen der Kundinnen und Kunden in die GKB. Das Wachstum bei den Hypotheken mit einem Plus von 644.0 Millionen Franken stammt etwa primär aus dem Kanton Graubünden. Diese Steigerung drückt die wichtige Rolle der GKB für den Kanton sowie die hervorragende Leistung unserer Mitarbeitenden in der Beratung und Begleitung unserer Kundinnen und Kunden aus.

Weiter freut mich die bemerkenswerte Ertragsstärke mit einer sehr hohen Kontinuität. Und die hohe Produktivität zeigt die Fitness unseres Unternehmens. Auch hervorzuheben ist unsere überdurchschnittliche Risikovorsorge über Eigenmittel und Reserven.

Unsere starken Jahresergebnisse ermöglichen es, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Das zeigt sich auch mit Blick auf die letzten zehn Jahre: In diesem Zeitraum konnten wir insgesamt über 900 Millionen Franken an den Kanton Graubünden ausschütten. Zusätzlich zur Ausschüttung speisen wir jährlich unseren Engagement-Fonds für Kultur, Sport, Wirtschaft und Soziales. Im Geschäftsjahr 2024 kamen 3.5 Millionen Franken dazu.

«Unsere starken Jahresergebnisse ermöglichen es, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Das zeigt sich auch mit Blick auf die letzten zehn Jahre: In diesem Zeitraum konnten wir insgesamt über 900 Millionen Franken an den Kanton Graubünden ausschütten.»
Daniel Fust, CEO Graubündner Kantonalbank

Viermal hat die SNB im vergangenen Jahr die Zinsen gesenkt. Welche weitere Entwicklung erwarten Sie?

Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir im laufenden Jahr von mindestens einer weiteren Leitzinssenkung aus. Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank und damit zusammenhängende Zinsschritte hängen von verschiedenen Faktoren ab: Der Inflation, der Frankenstärke gegenüber anderen Währungen, dem Wachstum der Schweizer Wirtschaft sowie der Entwicklung der internationalen Finanzmärkte.

Bereiten Sie sich auch auf allenfalls negative Zinsen vor?

Wir steuern das Zinsrisiko unter verschiedenen Szenarien vorausschauend und abgestimmt auf weitere Risikofaktoren. Unser robustes, diversifiziertes Geschäftsmodell hilft auch bei unterschiedliche Ertragsdynamiken, ein nachhaltiges und solides Ergebnis zu liefern. Auch prozessual wären wir auf eine allfällige erneute Negativzinsphase vorbereitet.

Das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft und auch das Handelsgeschäft entwickelten sich sehr positiv. Was hat das Geschäft in diesen Bereichen geprägt?

Der Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft nahm um bemerkenswerte 7.7 Prozent auf 171.6 Millionen Franken zu. Treiber waren die gute Akquisitionsleistung unserer Mitarbeitenden, unterstützt durch eine positive Entwicklung an den Finanzmärkten. Auch dürfen wir viele Kundinnen und Kunden bei Vorsorgelösungen beraten und diese vertrauen uns ihr Vermögen zur Verwaltung an oder investieren in unsere eigenen Fonds.

Mit dem Jahresabschluss erhöht sich das Eigenkapital inklusive Minderheiten auf 3.0 Milliarden Franken, 1 Milliarde mehr als die GKB regulatorisch halten müsste. Was bedeutet das über das Zeichen der Solidität hinaus?

Dank einer langfristig orientierten Risiko- und Ausschüttungspolitik verfügen wir – bildlich gesprochen – über grosse Stossdämpfer. Zusammengerechnet konnten wir die Risikosubstanz seit 2020 um 400 Millionen Franken stärken. Wir sind eine sehr stabile Bank – unsere Krisenresistenz strahlt Vertrauen und Sicherheit aus. Es ist unsere Pflicht den Kundinnen und Kunden, welche uns Ihre Vermögen anvertrauen, höchste Sicherheit zu gewährleisten.

«Wir sind eine sehr stabile Bank – unsere Krisenresistenz strahlt Vertrauen und Sicherheit aus.»

Donald Trumps Zollpolitik, der Krieg gegen die Ukraine, die schwache Wirtschaftsentwicklung in Deutschland und China – inwieweit lassen sich die verschiedenen Szenarien in die Risikopolitik der GKB integrieren?

Die GKB definiert nicht ein Szenario und richtet dann die Risikobereitschaft darauf aus. Wir arbeiten mit vielen möglichen Szenarien und versuchen dann, unsere Risikopolitik (und Prozesse) in Bezug auf alle möglichen Eventualitäten zu optimieren. Das reduziert das Risiko von Fehleinschätzungen und -entscheidungen und lässt uns aufmerksam bleiben.

Wie hat sich das Anlagegeschäft im 2024 entwickelt?

Mit unserer Leistung im Anlage- und Vorsorgegeschäft konnten wir den Druck auf das Zinsergebnis nach vier Zinssenkungen der Nationalbank kompensieren. Das ist Ausdruck unseres sehr austarierten Geschäftsmodells und zeigt das hohe Vertrauen der Kundschaft in die Anlagelösungen und Beratungskompetenzen der Bank. Zwei Beispiele dazu: Mit dem «Climate Leaders Global Equities» und dem «Staatsanleihen Welt ESG» lancierte die GKB im Dezember 2024 zwei neue Anlageprodukte. Der Climate Leaders Aktienfonds ist Teil der GKB-Nachhaltigkeitsvision und stärkt die Positionierung der Bank als Anbieterin von Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug. Seit 2020 bietet die GKB sämtliche ihrer eigenen Fondslösungen ausschliesslich mit Nachhaltigkeitsbezug an.

Die GKB betreibt mit Mehrheitsbeteiligungen an Privatbank Bellerive, Albin Kistler und der BZ Bank – die jetzt ganz im GKB-Besitz ist – ein überregionales Anlagegeschäft. Wie weit helfen Ihnen diese Beteiligungen beim Wachstum ausserhalb des Kantons?

Als wirtschaftliche Randregion mit einer Konzentration in spezifischen Industrien wie beispielsweise dem Tourismus und mit einem im schweizerischen Durchschnitt tiefen Wirtschaftswachstum ist das ausserkantonale Geschäft ein wichtiger Ertragspfeiler.

Über unsere Beteiligungen können wir Kundensegmente ausserhalb Graubündens ansprechen. Jede Beteiligung verfügt über eine Spezialisierung, womit sich unterschiedliche Bedürfnisse bedienen lassen. Damit leistet unser ausserkantonales Geschäft einen wichtigen Beitrag an unseren Geschäftserfolg und zur Diversifikation der Erträge. Dadurch sind unter anderem attraktive Arbeitsplätze oder im Vergleich hohe Ausschüttungen möglich. Zudem helfen uns die Beteiligungen, unsere Positionierung als Anlagebank zu stärken und unsere Anlagekompetenz auszubauen.

«Als wirtschaftliche Randregion mit einer Konzentration in spezifischen Industrien wie beispielsweise dem Tourismus und mit einem im schweizerischen Durchschnitt tiefen Wirtschaftswachstum ist das ausserkantonale Geschäft ein wichtiger Ertragspfeiler.»

Die Kosten stiegen letztes Jahr um 5,9 Prozent auf über 248 Millionen Franken. Wo sind die zusätzlichen Aufwände entstanden?

Ursachen des höheren Geschäftsaufwand sind einerseits die Modernisierung der Bank mit einem gestiegenen Projektportfolio und Investitionen in die Digitalisierung. Andererseits investierten wir in Form von Aus- und Weiterbildungen in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zudem schufen wir letztes Jahr über 40 neue attraktive Stellen in Graubünden. Dass uns das in einer wirtschaftlichen Randregion gelingt, ist nicht selbstverständlich. Entsprechend wichtig ist unsere Positionierung als verantwortungsvolle und moderne Arbeitgeberin. Das attestieren der GKB diverse Auszeichnungen in den letzten Jahren.

Künstliche Intelligenz ist auch in der Bankenbranche immer präsenter. Welche Rolle spielt sie heute bereits bei der GKB?

Die GKB verfolgt das Thema seit längerem und arbeitet und experimentiert mit generativer künstlicher Intelligenz. Ein grosser Teil unserer Mitarbeitenden hat bereits Versuche mit KI gemacht. Wir ermuntern sie aktiv, eigene Erfahrungen zu sammeln und wo sinnvoll einzusetzen.

Konkret bieten wir beispielsweise Lernvideos an, die einen Einblick in das Thema Künstliche Intelligenz geben sowie Tipps zur Nutzung von ChatGPT. Dazu gehört selbstverständlich auch der Umgang mit sensiblen Daten und deren Schutz. Bereits seit letztem Jahr im Einsatz ist ein KI-Assistent, der die Mitarbeitenden dabei unterstützt, schnell die relevanten Informationen aus unseren Weisungen zu finden. Ein anderes Beispiel ist ein intern integrierter Übersetzungsdienst, um kleinere Übersetzungen in der Terminologie der GKB selbst vorzunehmen.

Die Welt der künstlichen Intelligenz ist faszinierend. Wir wollen sie kundenorientiert als Wettbewerbsvorteil nutzen und mit weiteren Anwendungen als Hilfsmittel in der Bank etablieren.

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