Thomas Koller, GL-Vorsitzender Thurgauer Kantonalbank, im Interview

von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Koller, die Thurgauer Kantonalbank konnte das gute Vorjahresergebnis wiederholen. Und trotz Margendruck bei den Zinsen erhöhte sich auch das Zinsgeschäft um 1,4%. Wie sehen Sie die Zinslandschaft im 2025?
Thomas Koller: Die Inflation in der Schweiz ist sehr tief. Bleibt dies so, erwarten wir im Jahresverlauf erneute Senkungen des Leitzinses durch die Schweizerische Nationalbank.
Bei den Kommissionen lief es natürlich sehr gut, dank starken Finanzmärkten. Schafft die benutzerfreundliche Finanz-App Olivia zusätzlichen Schwung?
Wir konnten unsere Positionierung in der Vermögensverwaltung weiter stärken und in diesem Bereich wachsen. Natürlich hatten auch die florierenden Finanzmärkte und das stark gestiegene Depotvolumen einen positiven Effekt auf den Kommissions- und Dienstleistungsertrag. Mobile Banking hat in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Bereits drei Viertel aller Logins in unser Kundenportal «Olivia» tätigen Kunden über ein Mobilgerät.
«Mobile Banking hat in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Bereits drei Viertel aller Logins in unser Kundenportal «Olivia» tätigen Kunden über ein Mobilgerät.»
Thomas Koller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Thurgauer Kantonalbank
Sie wollen neben der Digitalisierung auch KI nutzen. In welchen Bereichen?
Künstliche Intelligenz ist Teil der fortschreitenden Digitalisierung. Wir haben mit KI-Anwendungen bereits erste Versuche gemacht, beispielsweise bei internen Schulungsvideos. Nun prüfen wir schrittweise geeignete weitere Einsatzmöglichkeiten. Derzeit klären wir den Einsatz von KI für die automatisierte Beantwortung von E-Mail-Anfragen.
Mit einer Cost/Income Ratio von 44.6% sind Sie deutlich unter der selbst gesetzten Höchstschwelle von 53. Das lässt Ihnen viel Spielraum für neues Personal. Gibt es Pläne für neue Filialen, neben den Umbauten in Ermatingen, Aadorf und Frauenfeld?
Ein striktes Kostenmanagement ist für uns selbstverständlich. Dennoch investieren wir laufend in die Umsetzung unserer Strategie und in die Erneuerung des Bankstellennetzes, das den ganzen Kanton abdeckt. Die 2021 eröffnete neue Geschäftsstelle in Gachnang-Islikon hat sich gut etabliert. Weitere Neueröffnungen sind derzeit nicht geplant. Auch im Online-Bereich wollen wir das Dienstleistungsspektrum stetig erweitern. Im Zuge des starken Wachstums, aber auch für die Bewältigung der hohen Regulierungsdichte, haben wir in den letzten Jahren neue Stellen geschaffen.
Zu den fünf strategischen Zielen für 2023 bis 2027 zählt auch eine Rendite auf die durchschnittlich geforderten Eigenmittel von 8–11%. Jetzt liegt sie bei 12,8. Ein Ausrutscher?
Wir haben in unserer Strategie eine Mindest-Bandbreite definiert, in der wir uns bei dieser Kennzahl bewegen wollen. Seit einigen Jahren bewegt sich die Rendite über 11 %; im ausserordentlich starken Geschäftsjahr 2023 betrug sie gar über 13 %. Ganz generell legen wir Wert auf eine starke Kapitalausstattung; sie gibt uns Stabilität und sichert die Grundlage für künftiges Wachstum. Das unterstreicht auch unsere Kapitalquote von über 19 %, mit der wir zu den bestkapitalisierten Banken gehören.
Seit der Jahrzehntwende stiegen die Preise auf dem Thurgauer Immobilienmarkt stärker als im Schweizer Durchschnitt. War das der Nachholbedarf?
Die gute Verkehrsanbindung an die grossen Zentren und die hohe Lebensqualität machen den Thurgau attraktiv für Zuzüger. Trotz Preissteigerungen liegen die Preise für Wohneigentum in unserer Region immer noch deutlich tiefer als im Schweizer Durchschnitt. In den letzten fünf Jahren stiegen die Preise im Thurgau etwa gleich stark wie in der Schweiz. Blickt man zwanzig Jahre zurück, verlief der Preisanstieg aber deutlich flacher.
«Trotz Preissteigerungen liegen die Preise für Wohneigentum in unserer Region immer noch deutlich tiefer als im Schweizer Durchschnitt.»
Die durchschnittliche Belehnung Ihrer Hypothekarkundenobjekte liegt über alle Sektoren tiefer als 60%. Kommt darin die traditionelle Seriosität des Thurgauers zum Ausdruck?
In dieser Interpretation mag ein Körnchen Wahrheit stecken. Der relativ tiefe Durchschnittswert zeigt aber sicher, dass wir ein sehr solides und gesundes Kreditbuch haben. Ganz generell gilt es, die Hypothekarschuld während einer bestimmten Frist bis auf den Umfang einer ersten Hypothek zu amortisieren; bei Wohneigentum bis auf zwei Drittel des Verkehrswertes.
Im letzten Jahr konnten Sie 6200 neue Kunden gewinnen, davon allein 700 neue Geschäftskunden. Auf welcher Schiene wurden diese akquiriert?
Dazu haben wir keine detaillierten Angaben. Wir pflegen ja seit Jahren eine Mehrkanal-Strategie, und man kann auch online eine Geschäftsbeziehung bei uns eröffnen. Wir sind im Thurgau klare Marktführerin mit einem guten Image und einem sehr hohen Bekanntheitsgrad. Umfragen zeigen, dass viele Kunden sich aufgrund einer Empfehlung aus ihrem Netzwerk für unsere Bank entscheiden.
Im Geschäftsbericht 2024 sprechen Sie von der Einsparung von 3700 Stunden durch Roboter-Einsatz?
Roboter setzen wir bereits seit einigen Jahren ein, vor allem für die Erledigung von einfachen Standardaufgaben. Ein konkretes Beispiel ist die Erfassung von Fristverlängerungen bei den Steuererklärungen. So können wir unsere Effizienz steigern und die Mitarbeitenden von Routinetätigkeiten entlasten. In den nächsten Jahren dürften Roboter vermehrt durch KI-Lösungen ersetzt werden.
«Die generelle Abschaffung der Kontoführungsgebühren haben wir nicht mit einer anderen Gebührenanpassung kompensiert.»
Wie gelang es der TKB den Wegfall der Kontoführungsgebühren zu kompensieren?
Mit der generellen Abschaffung der Kontoführungsgebühren wollen wir unseren Kundinnen und Kunden etwas zurückgeben. Wir verzichten auf einen substanziellen Betrag und haben diese Gebühr nicht mit einer anderen Gebührenanpassung kompensiert. Im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft konnten wir im letzten Geschäftsjahr in anderen Bereichen zulegen. Zudem hatte die Marktentwicklung einen positiven Effekt.