Krispin Romang, Direktor Swiss eMobility, im Interview

Krispin Romang, Direktor Swiss eMobility, im Interview
Krispin Romang, Direktor Swiss eMobility. (Foto: zvg/mc)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Romang, weltweit gesehen sind immer mehr Elektroautos unterwegs. In der Schweiz gehts es allerdings nicht vorwärts. Im ersten Quartal verharrte der Marktanteil der Elektroautos und Plug-in-Hybriden bei knapp 30 Prozent und aktuell fahren nur 4,4 Prozent der zugelassenen Autos ausschliesslich mit Strom. Wie würden Sie die aktuelle Lage der Elektromobilität hierzulande beschreiben?

Krispin Romang: Wir werden bis Ende Jahr wieder eine deutliche Zunahme der Elektroautos bei den Neuverkäufen sehen. Der Haupttreiber bleiben die CO2-Vorgaben, obwohl immer mehr attraktive Stromer erhältlich sind. Die Schweiz kann aufgrund der schwierigen Situation bei den Heimladestationen nicht mit den Europäischen Leitmärkten schritthalten. Deshalb liegt die derzeitige Entwicklung deutlich unter den Möglichkeiten.

Lassen Sie uns die einzelnen Punkte ansehen. Wie belastend war im vergangenen Jahr die Autoimportsteuer für Elektroautos?

Die Steuer wurde zur Unzeit eingeführt. Die Emissionsgrenzwerte werden alle fünf Jahre reduziert. Vor der Verschärfungen stagniert der Verkauf der alternativen Antriebe, weil noch möglichst viele Verbrenner verkauft werden. So geschehen 2024. Im selben Jahr wurde die Importsteuer eingeführt. Dies bremste die Entwicklung zusätzlich.

«Wir werden bis Ende Jahr wieder eine deutliche Zunahme der Elektroautos bei den Neuverkäufen sehen.»
Krispin Romang, Direktor Swiss eMobility

Welchen Einfluss haben die CO₂-Emissionsvorgaben? Und welche Auswirkungen wird die vom Bundesrat präsentierte, revidierte CO2-Verordnung haben?

Die Umsetzung der CO2-Vorgaben haben nach wie vor den grössten Einfluss auf den Absatz der Elektroautos. Dabei ist die Verordnung wichtiger als die Ziele selbst. Denn darin wird festgelegt, was bei Zielverfehlung passiert. Ohne entsprechende Konsequenzen werden die Grenzwerte sicherlich nicht eingehalten. Diese Betrachtung hat jedoch nur kurzfristig Gültigkeit. Langfristig setzt sich das Elektroauto nicht nur aufgrund der Emissionen durch.

Ein grosser Bremsfaktor ist das Laden der Fahrzeuge zuhause. Während Eigenheimbesitzer hier wenig Probleme haben, sind Mieter stark benachteiligt. Welchen Ausweg sehen Sie?

Wir brauchen nun endlich die Unverbietbarkeit der Installation von Heimladestationen. Wie beim Internet. Wir haben im europäischen Vergleich den grössten Handlungsbedarf und die nach wie vor schlechtesten Voraussetzungen. Der Ball liegt nun beim Ständerat. Er kann die Weichen in der Sommersession endlich richtig stellen.

«Wir brauchen nun endlich die Unverbietbarkeit der Installation von Heimladestationen.»

Wie sieht es beim Ladenetz aus? Argumente wie E-Autos hätten nicht genug Reichweite und es gebe nicht genügend Ladesäulen sind nicht vom Tisch zu kriegen…

Diese Vorbehalte sind von gestern. Wir haben das beste öffentliche Ladenetz, Elektroautos verfügen längst über die nötigen Reichweiten.

Können Supercharger wie zuletzt von BYD angekündigt, die in fünf Minuten Ladezeit eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern ermöglichen sollen, ein «Gamechanger» sein?

Es ist erstaunlich, was mittlerweile technisch möglich ist. Ich bin aber mittlerweile eher zurückhaltend bei solchen Heilsversprechen. Wir wissen noch nicht, wie viel solche Ladeanlagen kosten würden. Und die laufenden Netzkosten sind von den Peaks abhängig. Zudem können im Moment die wenigsten Fahrzeuge mit solchen Leistungen laden. Ein Gamechanger ist es deshalb nicht, das Spiel wird vorher entschieden sein. Denn die grösste Zeitersparnis entsteht beim Langsamladen zu Hause. Ich benötige für das Ein- und Ausstecken 15 Sekunden, danach lädt mein Auto ohne mein Zutun.

Wird der Ausbau des öffentlichen Netzes durch die tiefere Anzahl Elektroautos, die auf den Markt kommen, nicht erschwert?

Die Investitionsbereitschaft ist grundsätzlich da und niemand erwartet, in kurzer Zeit mit Laden reich zu werden. Das Volumen an Ladetransaktionen wird zunehmen, dies braucht aber seine Zeit. Ein grösseres Problem besteht bei den eingeschränkten Platzverhältnissen.

Ein Kernelement des Ladenetzes ist die Stromversorgung durch die Elektrizitätsdienstleister. Wo liegen hier die grössten Herausforderungen?

Unabhängig vom Anbieter ist die Möglichkeit, Ladevorgänge intelligent steuern zu können, zentral. Ich will dann mein Auto laden, wenn ich die besten Stromtarife habe oder im besten Fall selber Strom produziere. Mein Auto steht über 23 Stunden, das Zeitfenster zur optimalen Steuerung ist enorm gross. Wichtig ist, dass mein Auto dann mit dem Netz verbunden ist. Genau hier besteht die grösste Herausforderung. Wir brauchen bestmöglichen Zugang zum Langsamlade-Netz.

«Unabhängig vom Anbieter ist die Möglichkeit, Ladevorgänge intelligent steuern zu können, zentral.»

Bidirektionale Elektroautos wird die Fähigkeit zugeschrieben, dass sie dereinst das Stromnetz stabilisieren könnten. Bis dahin ist es zwar noch ein weiter Weg, aber das Swiss eMobility-Projekt «V2Switzerland» zeigt schon einmal das Potenzial auf. Was zeigen Ihre Beobachtungen?

V2Switzerland simuliert aus den Livedaten tausender Flottenfahrzeuge das Potenzial aus 200’000 Elektroautos (in etwa der aktuelle Elektroautobestand). Unsere Beobachtungen zeigen, dass diese Anzahl ausgestattet mit V2G schon reichen würde, um ein kleines Kraftwerk rein rechnerisch für eine halbe Stunde zu ersetzen. Das echte Potenzial ist noch grösser: Insgesamt gibt es über 4 Millionen Personenwagen, von denen ein Grossteil eines Tages elektrisch fahren wird. Eine volatilere Stromerzeugung aus Erneuerbaren macht flexible Stromspeicher immer wichtiger – das Elektroauto kann hier ein wichtiger Teil der Lösung sein.

Zum Schluss nochmals zurück zu BYD. Der chinesische Elektroautogigant tritt in den Schweizer Markt ein und hält es für möglich, hierzulande mittelfristig jährlich 24’000 Autos abzusetzen und einen Marktanteil von 10 Prozent zu erreichen. Teilen Sie diesen Optimismus?

Die Möglichkeiten dazu hat BYD sicherlich. Wie hoch der Marktanteil zukünftig sein wird, hängt aber von vielen Faktoren ab. Auch von solchen, die BYD nicht beeinflussen kann. Ich bin nicht ganz so optimistisch. Die europäische Konkurrenz hat hervorragende Produkte, welche eine hohe Akzeptanz geniessen.

Die Modellauswahl wird immer grösser. Wann sind wir im Punkt, wo das Angebot an Fahrzeugen so diversifiziert ist, dass fast jeder Käufer ein passendes Modell finden kann?

Das ist so. Elektroautos gibt es mittlerweile in jedem Segment und immer grösserer Auswahl. Der Kaufpreisunterschied nimmt ständig ab und in der Vollkostenrechnung sind Elektroautos bereits seit einiger Zeit alternativlos.

One thought on “Krispin Romang, Direktor Swiss eMobility, im Interview

  1. Schön und gut, die Unverbietbarkeit in alten Hausinstallationen. Nur die Hausinstallationen sind gar nicht für mehrere oder bei EFH 1 Ladestation mit 11 kWh gemacht. Habe selbst im EFH Homenergiemanager installiert, lade mein Auto und am Morgen hat mein Haus nur noch zur Hälfte Strom. OK Sicherung ersetzt durch Elektriker. 2 Tage später war mein Haus kalt, weil bei der Ueberlastschutz offenbar nicht richtig funktioniert wie von allen versprochen. Folge, meine Wärmepumpe defekt Elektronikschaden mitCHF 4000. Also für mich ist die E Mobilitä schön und gut, aber praktisch ist sie nicht zu Ende gedacht. Habe seit Dezember 24 einen neuen Elektrischen. Mit Laden nur «richtig» Probleme, zu Hause und Untewegs, mit Software Probleme und von den elektronischen Helferlein reden wir noch gar nicht, das ist eine Katastrophe zum Fahren. Ich bin jetzt an Rückgabe des Fahrzeuges an den Hersteller, die haben logisch keine Freude, aber seit über 4 Wochen versuchen sie das E-Auto fahrbar zu machen, ohne Erfolg.

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