China kontert erneut US-Zölle – Wie geht es weiter?

China kontert erneut US-Zölle – Wie geht es weiter?
Chinas Handelsminister Wang Wentao.

Peking – Der Zollstreit zwischen China und den USA spitzt sich weiter zu. Während US-Präsident Donald Trump gegenüber den meisten Staaten zunächst zurückrudert und Teile seiner Zusatzzölle zumindest für 90 Tage aussetzt, geht er nun umso härter gegen Peking vor – die zwei grössten Volkswirtschaften liefern sich einen Showdown. «Mangelnden Respekt» wirft Trump den Chinesen vor, obwohl diese lediglich mit Gegenzöllen auf die US-Massnahmen reagiert haben.

Die USA seien «Erpresser», erklärte die chinesische Seite, und wenn es sein müsse, werde man «bis zum Ende kämpfen». Das Ergebnis: Während die USA nun Zusatzzölle in Höhe von 145 Prozent auf Einfuhren aus China verlangen, will Peking seinerseits 125 Prozent auf US-Waren erheben.

So könnte es für China weitergehen
Für die ohnehin schwächelnde chinesische Wirtschaft ist die Eskalation im Handelsstreit eine weitere schwere Belastung. Chinesischen Unternehmen drohen Absatzverluste in Milliardenhöhe. Viele exportorientierte Fabriken könnten gezwungen sein, Aufträge zu streichen und ihre Produktion zu drosseln. Die USA sind trotz jahrelanger Spannungen nach wie vor ein zentraler Handelspartner.

«Der Verlust des US-Marktes wird beträchtlich mehr Druck auf chinesische Exporteure ausüben, alternative Märkte zu finden», sagt Wirtschaftsexperte Jacob Gunter vom in Berliner Institut für China-Forschung Merics. In diesen Ländern werde allerdings auch der Druck steigen, abwehrende Handelsmassnahmen zu ergreifen.

Die bislang vorhandenen Konsumenten der Mittelklasse zu ersetzen, werde nicht einfach. Laut Gunter könnte deshalb Europa als «letzter wirklich grosser, offener, immer noch sehr reicher Wirtschaftsraum» ein Ausweichmarkt sein.

Diese Firmen sind betroffen
Ein herber Schlag sind die neuen Zölle etwa für chinesische Unternehmen wie Temu und Shein, die mit dem Verkauf billiger Produkte in die USA ein erfolgreiches Geschäftsmodell aufgebaut haben. Das Parteiorgan «Volkszeitung» deutete vor wenigen Tagen bereits an, dass Peking die wirtschaftlichen Stützungsmassnahmen ausweiten werde, um die Folgen der Strafzölle abzufedern.

Nicht nur chinesische Firmen liefern in die USA. Auch US-Konzerne wie Apple lassen ihre Produkte für den Heimatmarkt in chinesischen Fabriken fertigen. Infolge der Zölle könnten auch in China Arbeitsplätze gefährdet sein. Die massiv erhöhten US-Zusatzzölle von bis zu 145 Prozent dürften viele chinesische Waren in den USA so stark verteuern, dass China als Produktionsstandort deutlich an Attraktivität verliert.

Wo die US-Wirtschaft unter Druck gerät
Auch für US-Exporteure sind Chinas Gegenmassnahmen schmerzhaft. Besonders hart trifft es die US-Landwirtschaft, die bislang grosse Mengen an Soja, Mais und Fleisch nach China lieferte. Diese Produkte sind mit den neuen Zöllen kaum noch wettbewerbsfähig.

Die chinesische Zollkommission selbst räumt ein, dass Waren mit derart hohen Abgaben keine Marktakzeptanz mehr haben. Faktisch bedeutet das: Der Import lohnt sich wirtschaftlich nicht mehr. Sollten die USA ihre Zölle noch weiter erhöhen, will Peking nicht mehr darauf reagieren – nach dem Motto: Schlimmer geht es ohnehin nicht mehr.

Druck kommt ausserdem aus Brüssel: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zieht Abgaben für Tech-Riesen wie Google und Meta in Betracht. Falls die Verhandlungen im Handelskonflikt mit Trump nicht zufriedenstellend verliefen, gebe es viele mögliche Gegenmassnahmen, sagte die Deutsche der «Financial Times». «Man könnte zum Beispiel eine Abgabe auf die Werbeeinnahmen digitaler Dienste erheben», sagte sie.

Auswirkungen über das US-China-Verhältnis hinaus
Auch im globalen Handel müssen sich vermeintlich nicht involvierte Akteure womöglich auf höhere Preise einstellen. Denn in den weit verzweigten Wertschöpfungsketten passieren einzelne Bauteile eines Endprodukts irgendwann die USA oder China. Gunter erwartet deshalb ausserhalb der China-USA-Beziehungen steigende Preise.

Jedoch rechnet der Experte nicht damit, dass die Zölle lange in dieser Weise in Kraft bleiben. Beide Seiten könnten etwa Ausnahmen ihrer Exportkontrollen erlassen, um wieder wie im Fall Chinas wieder Zugang zu wichtiger Technologie zu bekommen oder im Fall der USA wieder an wichtige Rohstoffe zu kommen, die hauptsächlich aus China kommen.

China kontert mit Charmeoffensive
Zwar trüben sich die Konjunkturaussichten in China ein. Doch Peking wittert auch, eine geopolitische Dividende einfahren zu können. Mit Charmeoffensiven positioniert sich die Volksrepublik als verantwortungsvolle Grossmacht und will mit anderen Handelspartnern bessere Beziehungen.

Bei einem Treffen mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez warb Peking für eine Zusammenarbeit mit der EU im globalen Handelskonflikt. Zuvor hatten auch EU-Handelskommissar Maros Sefcovic und der chinesische Handelsminister Wang Wentao telefonisch über mehr wirtschaftlichen Austausch beider Seiten gesprochen. (awp/mc/ps)

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