Matthias Schupp, CEO Medartis, im Interview

Matthias Schupp, CEO Medartis, im Interview
Matthias Schupp, CEO Medartis. (Foto: Medartis)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Schupp, Sie planen in diesem Jahr mit einem organischen Wachstum von 13-15 Prozent. Werden sie dafür verstärkt das Value-Segment bedienen?

Matthias Schupp: Richtig, unsere Umsatz-Guidance für 2025 liegt bei 13-15% und dazu stehen wir. Es ist uns wichtig, sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Investoren ein verlässlicher Partner zu sein. Diese Umsatzprognose bezieht sich ausschliesslich auf organisches Wachstum und berücksichtigt nicht die Akquisition von NeoOrtho, unserer neu erworbenen Marke im Value-Segment. Das Wachstum kommt also von der Premium Marke Medartis, und wir wollen in allen Regionen wachsen.

2024 waren die Vereinigten Staaten der grösste Wachstumsmarkt bei Ihnen. Sind Sie im gegenwärtigen Umfeld froh, bereits mit 140 Mitarbeitenden vor Ort präsent zu sein?

Ich freue mich, dass wir seit 2022 über eine Produktionsstätte in Warsaw, Indiana verfügen. Wir haben Ende letzten Jahres begonnen, diese Anlage zu erweitern, um Medartis-Implantate für den US-Markt herzustellen. Obwohl uns diese strategische Position in der aktuellen Situation Vorteile bietet, möchte ich betonen, dass dies Teil unserer langfristigen Strategie war und nicht eine Reaktion auf die US Zollpolitik darstellt. Als Unternehmen mit starken Ankeraktionären verfolgen wir eine langfristige strategische Ausrichtung.

Wie stark ist der Spardruck in den Staaten?

Wie bereits erwähnt, befindet sich unser USA-Geschäft in der Expansion. Wir bauen das Team weiter aus statt abzubauen und investieren gleichzeitig in den Ausbau unserer Produktionskapazitäten.

Ich meinte damit die Vereinigten Staaten als Ganzes, in ihrer aktuellen Verfassung. Aber wie oft treffen Sie sich mit Ihrem neuen US-Präsidenten, den der Medartis natürlich, Herrn Thoni?

Mit David Thoni stehe ich in wöchentlichem Austausch, und wir treffen uns regelmässig, entweder während meiner mindestens sechs bis sieben USA-Besuche pro Jahr oder bei unseren Geschäftsleitungssitzungen, in denen das USA-Geschäft nun auch wieder teilnimmt.

Mit der 51%igen Beteiligung an NeoOrtho hat Medartis ja im ebenfalls bevölkerungsreichen Brasilien Pflöcke eingeschlagen. Wo liegen die markttechnischen Unterschiede zwischen Lateinamerika und den USA?

NeoOrtho kenne ich bestens. Sie war bis 2012 Teil der Neodent, welche ich als CEO im Straumann-Konzern bis 2024 geleitet habe. Somit sind auch das Value Segment und der brasilianische Markt für mich keine Unbekannten. Brasilien und Lateinamerika im Speziellen sind im Value Segment weit fortgeschritten mit einem Anteil von 75%, bedingt durch den grossen Anteil an öffentlichen Spitälern, wo Premium-Lösungen schwer Zugang finden. Deshalb wird NeoOrtho die Medartis nicht kannibalisieren, sondern stärken und ergänzen. Wir fokussieren zunächst auf Brasilien, danach folgen sukzessive die weiteren wichtigen Märkte Lateinamerikas: Mexiko, Chile, Argentinien und Kolumbien. Erst ab 2028 planen wir, nach Erhalt der notwendigen Registrierungen, die Expansion nach Asien, Teile Europas und danach in die USA, wo der Value-Markt zwar wächst, heute aber nur etwa 35% ausmacht.

«NeoOrtho wird Medartis nicht kannibalisieren, sondern stärken und ergänzen.»
Matthias Schupp, CEO Medartis

Was ist der Vorteil Ihrer brasilianischen Doppelmarkenstrategie?

Mit dieser Strategie erweitern wir unseren adressierbaren Markt ganz wesentlich.

Wie wird der Marktzugang für Mexico und Chile ausfallen?

In Mexiko verfügen wir bereits über eine eigene Niederlassung. Für Chile planen wir den direkten Markteintritt, ebenfalls mit einer eigenen Niederlassung.

Medartis hat eine neue Ellenbogenprothese im Portfolio. Diese haben Sie von In2Bones Global übernommen. Was entscheidet denn bei Medartis über Zukauf oder Eigenentwicklung?

Der Avenger Radial Head ist eine gute Ergänzung zu unserem Ellbogen-Portfolio und eröffnet den Chirurgen mehr Möglichkeiten. Besonders bei stark fragmentierten Frakturen erhält der Chirurg während der Operation mehr Flexibilität zwischen Arthroplastik und Fixierung mit Platten und Schrauben. Es ist wichtig, dass wir weiterhin einen starken Fokus auf interne Innovation legen, wie es bei Medartis immer Tradition war. Ohne Innovation haben wir keine Daseinsberechtigung – kein «right to win», wie ich gegenüber meinen Teams stets betone.

«Es ist wichtig, dass wir weiterhin einen starken Fokus auf interne Innovation legen, wie es bei Medartis immer Tradition war.»

Wie ist der Verkauf im März angelaufen?

Das erste Quartal lief gut an, ich bin zufrieden, aber es braucht in unserer Industrie schon etwas mehr Zeit, um den Erfolg eines Produkts abschätzen zu können.

Eine weiter verbesserte Cash-Position von fast 140 Millionen Franken lässt einiges zu. Wo liegen Schwerpunkte, etwa bei den Touch-Prothesen?

Wie wir bereits angekündigt haben, warten wir auf die FDA-Zulassung der Touch-Prothese, die diesen Sommer erfolgen sollte. Wir stehen in den Startlöchern für den US-Launch. Die komplette Übernahme (Anmerkung Redaktion: derzeit 47% Anteil) wird dann ebenfalls erfolgen. Mit einer Wandelanleihe im Frühling 2024 haben wir die entsprechende Liquidität geschaffen.

«Bei Hand und Handgelenk haben wir den Anspruch, in den nächsten fünf Jahren globaler Marktführer zu werden.»

Der interessanteste Markt sind die unteren Extremitäten. Wird es da neue Produkte geben?

Der grösste Markt sind die unteren Extremitäten nicht, aber der am schnellsten wachsende und genau der Markt, in dem sich alle Anbieter positionieren. Wir haben enormes Potenzial in allen Bereichen und sind speziell im Kopfbereich (CMF) sowie bei den oberen Extremitäten, insbesondere Hand und Handgelenk, «die Spezialisten». Bei Hand und Handgelenk haben wir den Anspruch, in den nächsten fünf Jahren globaler Marktführer zu werden. Dort liegt auch unser innovativer Hauptfokus – man muss sich fokussieren, um erfolgreich zu sein, andernfalls bleibt man nur ein ‹Mitläufer›, und das kann nicht unserem Anspruch entsprechen.

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