Stimmung unter Beschäftigten in der Schweiz wird immer schlechter

Zürich – Die Stimmung unter den Beschäftigten in der Schweiz sinkt immer tiefer. Mit 45 Prozent ist nicht mal mehr die Hälfte zufrieden und zuversichtlich mit dem eigenen Leben.
Im Vorjahr waren es noch 54 Prozent gewesen, wie aus einer weltweiten Umfrage des Beratungsunternehmens Gallup hervorgeht, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. An der Befragung zwischen April 2024 und Dezember 2024 nahmen 227’000 Beschäftigte in 149 Ländern teil, davon über 52’000 in Europa.
Mit nur 45 Prozent zufriedenen und zuversichtlich in die Zukunft blickenden Beschäftigten belegt die Schweiz im europäischen Vergleich Platz 22 (Vorjahr: Platz 11). Auch in 15 anderen europäischen Ländern fiel die Beurteilung des eigenen Lebens kritischer aus als im Vorjahr. Dagegen hat sie sich in 17 Staaten verbessert.
Zum Vergleich: Noch vor der Pandemie waren hierzulande knapp 70 Prozent der Angestellten zufrieden und zuversichtlich gewesen. Mit der Aufhebung des Lockdowns ging es seither markant bergab.
Auch in Nachbarländern miese Stimmung
Mit dem Stimmungstief ist die Schweiz nicht alleine: Auch in Deutschland und Österreich ist die Zufriedenheit und Zuversicht praktisch auf dem gleich tiefen Niveau wie in der Schweiz.
Die Top 5 in Sachen Zufriedenheit und Zuversicht in Europa sind wie im letzten Jahr, wenn auch in leicht veränderter Reihenfolge, Finnland (81 Prozent), Island und Dänemark (je 77 Prozent), Schweden und die Niederlande (je 69 Prozent).
«Der Rückgang der Lebenszufriedenheit in der Schweiz hat vielfältige Ursachen», erklärte der Gallup-Forschungsleiter in Europa, Marco Nink. «Unsere Daten zeigen: Steigende Lebenshaltungskosten, schwindendes Vertrauen in die Politik und Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung belasten die Stimmung.»
Hinzu kämen eine grössere Unzufriedenheit mit bezahlbarem Wohnraum und der Qualität der Gesundheitsversorgung sowie eine wachsende Wahrnehmung von Korruption in der Wirtschaft. Zudem gebe es Kritik am Umweltschutz – verbunden mit einer schlechteren Bewertung der Luft- und Wasserqualität. Auch persönliche Erfahrungen wie eine zunehmende Betroffenheit durch Diebstahl würden Spuren hinterlassen.
«Die gute Nachricht: Der Lebensstandard in der Schweiz ist weiterhin sehr hoch, und das Niveau an erlebter Wut, Einsamkeit und Traurigkeit bleibt gering», erklärte Nink.
Nur wenige im Job voll engagiert
Zudem habe die emotionale Bindung an den Arbeitgeber abgenommen. Nur 8 Prozent der Beschäftigten hätten eine hohe emotionale Bindung, weil die Chefs gut seien. Damit liegt die Schweiz auf dem vorletzten Platz in Europa. Im Vorjahr waren es noch 9 Prozent gewesen. Allerdings sieht es in den beiden Nachbarländern Deutschland und Österreich ähnlich trübe aus.
Der überwiegende Teil der Beschäftigten in der Schweiz (83 Prozent) sei nur gering gebunden und mache nicht mehr als nötig. «9 Prozent haben innerlich gekündigt», hiess es weiter. Die innere Kündigung wirke sich aber nicht nur auf die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit einzelner Unternehmen aus, sondern auch auf die Volkswirtschaft als Ganze.
«Denn die durch geringe oder fehlende emotionale Bindung entstehenden Kosten aufgrund von Produktivitätseinbussen belaufen sich in der Schweiz auf eine Summe von rund 89,9 Milliarden Franken jährlich. Das entspricht rund 12 Prozent der Wirtschaftsleistung», schrieb Gallup.
Dennoch sei die Wechselbereitschaft für einen neuen Job weiterhin gering: Nur 22 Prozent (+1 Prozentpunkt) beabsichtigen hierzulande, ihren Arbeitgeber zu wechseln und halten entweder die Augen offen oder sind aktiv auf der Suche.
Nur in Österreich (20 Prozent) sei der Wert noch niedriger. Dazu könne auch beitragen, dass deutlich weniger Beschäftigte in der Schweiz über ausgeprägten Stress klagte (30 Prozent) als der europäische Durchschnitt (38 Prozent), hiess es in der Studie. (awp/mc/pg)