Zürich – Windräder im Jura und in den Alpen könnten ein ganzes Atomkraftwerk ersetzen. Wie «10vor10»-Recherchen in der Sendung vom Donnerstagabend aufgezeigt haben, plant das Bundesamt für Energie 800 grosse Windkraftanlagen in der Schweiz. Dabei steckt die Windenergie hierzulande in einer Sackgasse. Jedes Jahr gehen weniger Anlagen ans Netz.
Bei Martigny VS richten Bauarbeiter in diesen Tagen ein neues, grosses Windrad auf. Es ist die erste und wohl einzige grosse Anlage, die 2012 in der Schweiz gebaut wird. «Wenn wir so weiter machen, funktioniert die Energiewende sicher nicht», beklagt sich Reto Rigassi von der Vereinigung Suisse Eole, der im Auftrag des Bundes die Windenergie fördert. Wurden im Jahr 2010 noch 13 grosse Windkraftanlagen gebaut, waren es 2011 nur noch zwei, und dieses Jahr wird es wohl nur eine einzige sein.
Bund: Potenzial von 800 Anlagen
Obwohl die Windenergie nicht vom Fleck kommt, plant der Bund die ganz grosse Offensive. In verschiedenen Regionen der Schweiz gebe es ein beachtliches Windenergie-Potenzial, bestätigt das Bundesamt für Energie gegenüber «10vor10». «Unter Ausschluss der Standorte in Schutzgebieten auf Bundesebene ergibt sich ein Potenzial von rund 4000 Gigawattstunden bis 2050. Das entspricht 800 Anlagen», schreibt das Bundesamt.
Landschaftsschützer: Maximal 100 Anlagen
Für die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz sind die Pläne des Bundes unrealistisch: «Wir haben schlichtweg die Gegenden nicht, wo wir die Anlagen erstellen könnten, und auch zu wenig Wind», sagt Geschäftsführer Raimund Rodewald im «10vor10»-Interview. «Wir haben auch zu viele geschützte Gebiete. Eine realistische Zahl ist etwa 100 Anlagen.»
Schnellere Bewilligungen gefordert
Der Windenergie-Verband Suisse Eole wirft dem Landschaftsschutz vor, die Windkraftoffensive verhindern zu wollen. Es brauche auch vereinfachte und schnellere Verfahren. «Mit den gängigen Bewilligungsverfahren brauchen wir ewig, bis wir die 800 Anlagen aufstellen können.», sagt Geschäftsführer Reto Rigassi. Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz betont, man führe im Moment nur drei Rekurse gegen Windparks. Von Verzögerungstaktik könne keine Rede sein, sagt Geschäftsführer Raimund Rodewald. «Allerdings muss man schon sagen: Der Landschaftsschutz spielt halt eine grosse Rolle bei der Bewilligung der Anlagen.» (SRF/mc/ps)