Drei Viertel der Befragten würde bei einer Abstimmung für den Ausstieg aus der Atomenergie bis 2034 ein Ja in die Urne legen. Bild: AKW Leibstadt.
St. Gallen – In der Sommersession setzt das Parlament die Beratung der gesetzlichen Grundlagen für die Energiewende in der Schweiz fort – mit dem Ziel, die Abhängigkeit von fossilen und nuklearen Energieträgern durch den Ausbau von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz zu verringern. Für den Erfolg dieses Generationen-Projekts entscheidend ist gerade in einem direktdemokratischen Land die Unterstützung in der Bevölkerung. Das 4. Kundenbarometer Erneuerbare Energien zeigt aufgrund einer repräsentativen Befragung, was Schweizer Kundinnen und Kunden aktuell zum Thema Energie denken.
Das 4. Kundenbarometer Erneuerbare Energien basiert auf einer repräsentativen Stichprobe von 1264 Privathaushalten in der Deutsch- und Westschweiz. Die wissenschaftliche Leitung lag beim Good Energies Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien der Universität St.Gallen. Raiffeisen finanzierte die Durchführung der Befragung und unterstützte deren Ausgestaltung. Ein Vergleich der aktuellen mit den letztjährigen Antworten zeigt, wie sich die Einstellungen im Laufe der Zeit verändern.
Die Mehrheit ist für den Atomausstieg
Die Energiestrategie 2050 des Bundes beruht auf einem breiten überparteilichen Konsens. Gesamthaft stimmen 77 Prozent der Befragten eher oder völlig zu, dass sie bei einer Volksabstimmung für den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis ins Jahr 2034 ein Ja in die Urne legen würden. Selbst unter den Anhängern der beiden energiewendekritischen Parteien FDP und SVP finden sich mit 59 bzw. 56 Prozent deutliche Mehrheiten für den mittelfristigen Atomausstieg. «Insgesamt», so resümiert HSG-Professor Rolf Wüstenhagen, «wird die Stossrichtung der Energiepolitik von Bundesrat und Parlament von einer robusten Mehrheit der Bevölkerung unterstützt.» Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass im Verlaufe eines konkreten Abstimmungskampfes, bei dem auch emotionale Faktoren eine Rolle spielen, das Resultat von den zuvor bekundeten Präferenzen abweichen kann.
Der Kunde sagt: Mehr Staat!
Wie bereits in den letzten zwei Jahren wünschen sich auch in der diesjährigen Umfrage rund 80 Prozent der Befragten mehr staatliche Unterstützung für Investitionen in erneuerbare Energien. Im Vorjahresvergleich fällt auf, dass bei generell hoher Zustimmung im Zeitverlauf eine leichte Verschiebung stattfindet: Von 2012 zu 2013 und von 2013 zu 2014 nahm die Anzahl der Zustimmenden um vier respektive zwei Prozentpunkte ab. Hier mag sich widerspiegeln, dass im betrachteten Zeitraum tatsächlich eine Zunahme von Fördermitteln auf verschiedenen politischen Ebenen stattgefunden hat und dass – beispielsweise bei der Warteliste für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) – auch die damit einhergehenden organisatorischen Herausforderungen zutage traten und kritisch diskutiert wurden.
Dass vier Fünftel der befragten Schweizer Haushalte eine Erhöhung der staatlichen Förderung erneuerbarer Energien befürworten, widerspricht den oft gehörten Forderungen aus Wirtschaftskreisen und Energiebranche nach «mehr Markt». Gerade im Zusammenhang mit der kostendeckenden Einspeisevergütung wird bisweilen vor den negativen Folgen staatlicher Eingriffe gewarnt, oft verbunden mit dem Credo, eine Entwicklung «wie in Deutschland» oder eine «Deindustrialisierung» zu vermeiden. Die repräsentativen Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass Herr und Frau Schweizer eine pragmatische Sicht des Verhältnisses von Markt und Staat haben.
Diffusion erneuerbarer Energien erreicht den Mainstream
Die Diffusion der erneuerbaren Energien geht voran. In der Befragung 2012 gaben 41 Prozent der befragten Hauseigentümer an, erneuerbare Energietechnologien (also Solarthermie, Photovoltaik , Holzpellets, Erd- oder Luftwärmepumpen) im eigenen Haus zu nutzen. In der diesjährigen Umfrage sind es bereits 46 Prozent. Bei der gesamthaften Optimierung des Energiestandards des eigenen Hauses waren die befragten Privathaushalte bislang weniger aktiv als bei Investitionen in spezifische erneuerbare Energietechnologien. (Universität St. Gallen/mc/ps)
Die Studie im Internet:
http://www.iwoe.unisg.ch/de/lehrstuhlmanagementee
Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien
Der Good Energies Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien (goodenergies.iwoe.unisg.ch) ist der erste seiner Art an einer führenden Europäischen Wirtschaftshochschule. Er wird von Prof. Dr. Rolf Wüstenhagen geleitet. Der Lehrstuhl wurde 2009 gegründet und ist seit 2014 Teil des Center for Energy Innovation, Governance and Investment (EGI-HSG) der Universität St. Gallen. Forschung und Lehre beschäftigen sich mit Fragen rund um das Management erneuerbarer Energien aus Sicht von Unternehmen, Investoren und Konsumenten.
Universität St.Gallen (HSG)
Die Universität St.Gallen (HSG) ist die Universität des Kantons St.Gallen und die Wirtschaftsuniversität der Schweiz. Internationalität, Praxisnähe und eine integrative Sicht zeichnen die Ausbildung an der HSG seit ihrer Gründung im Jahr 1898 aus. Heute bildet die Universität rund 7600 Studierende aus 80 Nationen in Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie in Internationalen Beziehungen aus. Mit Erfolg: Die HSG gehört zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas. Im European Business School Ranking der «Financial Times» 2013 belegt die HSG den Platz 7. Die «Financial Times» hat den Master in «Strategy and International Management» (SIM-HSG) 2013 zum dritten Mal in Folge als weltweit besten bewertet. Dies im jährlichen Ranking von Master-Programmen in Management. Für ihre ganzheitliche Ausbildung auf höchstem akademischem Niveau erhielt sie mit der EQUIS- und AACSB-Akkreditierung internationale Gütesiegel. Studienabschlüsse sind auf Bachelor-, Master- und Doktorats- bzw. Ph.D.-Stufe möglich. Zudem bietet die HSG erstklassige und umfassende Angebote zur Weiterbildung an. Kristallisationspunkte der Forschung an der HSG sind ihre 42 Institute, Forschungsstellen und Centers, welche einen integralen Teil der Universität bilden. Die weitgehend autonom organisierten Institute finanzieren sich zu einem grossen Teil selbst, sind aber dennoch eng mit dem Universitätsbetrieb verbunden.
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