A.T. Kearney: Compliance für Schweizer Firmen immer wichtiger
Andreas Liedtke, Partner und Managing Director von A.T. Kearney Schweiz. (Bild: A.T. Kearney / Bettina Tempini)
Zürich – In den nächsten Jahren wird die Wichtigkeit von Compliance stark zunehmen. Das gilt besonders für Schweizer Firmen vor dem Hintergrund der ständig neuen Normen aus der EU und den USA. Damit steigen auch die Anforderungen an Compliance-Systeme. Vor allem in den Bereichen Produkt- und Datensicherheit sowie Korruption werden vermehrt Compliance-Verstösse auftreten. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney hervor. Die meisten der befragten Unternehmen werden ihre Compliance-Systeme in Zukunft ausbauen. Die drohende persönliche Haftung ist mit 63 Prozent der Antworten der grösste Motivator für das Top-Management, in Compliance-Systeme zu investieren.
Compliance – oder vielmehr die Gefahr von Nicht-Compliance – hat sich in den letzten Jahren zu einem immer wichtigeren Thema entwickelt. Skandale wie sie sich jüngst in der Nahrungsmittelindustrie ereigneten, haben gezeigt, wie verheerend sich Compliance-Verstösse auf den finanziellen Erfolg und das Ansehen eines Unternehmens auswirken können. Vor diesem Hintergrund hat A.T. Kearney in einer internationalen Studie eine Positionsbestimmung der verarbeitenden Industrie vorgenommen und die Erfolgsfaktoren von Compliance-Systemen identifiziert. Dazu wurden Interviews mit Compliance-Experten aus 40 führenden Industrieunternehmen durchgeführt. Abgedeckt wurde eine Vielzahl an Branchen, Unternehmensgrössen und Regionen, so auch die Schweiz.
„Gerade in der Schweiz spielt das Thema Corporate Compliance eine immer wichtigere Rolle“, erläutert Andreas Liedtke, Partner und Managing Director von A.T. Kearney Schweiz. „Die Nichteinhaltung von Normen aus der EU bzw. den USA kann für Schweizer Unternehmen erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das regulatorische Umfeld der Länder zu kennen, in denen man in einer Geschäftsbeziehung steht, ist nicht ausreichend. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie vorausschauend die Kontrolle über die Regularien behalten und diese einhalten.“
Anstieg von Compliance-Verstössen erwartet
Die meisten befragten Experten erwarten künftig vor allem im Bereich der Korruption sowie auf den Gebieten der Produkt- und Datensicherheit einen Anstieg von Compliance-Verstössen. So erwarten rund 30 Prozent der Befragten eine Zunahme von Korruptionsfällen und je etwa ein Viertel eine Zunahme von Verstössen gegen die Produktsicherheit (26 Prozent) und die Datensicherheit (23 Prozent).
Firmen wollen verstärkt in Compliance-Systeme investieren
Die meisten der befragten Unternehmen werden ihre Compliance-Systeme in Zukunft ausbauen. 57 Prozent der Compliance-Experten planen, dafür auf externe Unterstützung zurückzugreifen. Je 55 Prozent davon wollen in den Bereichen Anti-Korruption und Datensicherheit investieren und 48 Prozent auf dem Gebiet der Produktsicherheit. Eine unabhängige Compliance-Abteilung mit direktem Berichtsweg an die Geschäftsleitung haben nur die wenigsten Unternehmen. Nur 39 Prozent der Befragten haben eine unabhängige Compliance-Stabstelle eingeführt. Die übrigen Unternehmen verteilen die Aufgaben auf unterschiedliche Abteilungen wie etwa die Rechts- oder die Revisionsabteilung und riskieren damit Interessenskonflikte.
Persönliche Haftung ist Haupttreiber für Investitionen in Compliance
Prof. Dr. Alexander Malkwitz, Partner bei A.T. Kearney und Studienleiter, stellt fest: „Die persönliche Haftung ist der stärkste Treiber für die Einführung eines leistungsfähigen Compliance-Systems.“ Das gaben 63 Prozent der Befragten an. Gefolgt wird dieser Treiber von drohenden Geldstrafen, die dem Unternehmen auferlegt werden (59 Prozent). Je 47 Prozent der Experten investiert in Compliance, um Kundenanforderungen nachzukommen oder aber ethische Verpflichtungen zu erfüllen.
Die mittleren Führungsebenen stellen Compliance-Systeme eher in Frage als das Top-Management. Während das Top-Management üblicherweise die Notwendigkeit eines Compliance-Systems erkennt – 68 Prozent stehen ihm positiv gegenüber – sinkt auf den unteren Management-Ebenen die Zustimmung auf gerade einmal 19 Prozent.
Nordamerika hat härteste Vorschriften
Von den befragten Compliance-Managern gab knapp die Hälfte (47 Prozent) an, dass Nordamerika die härtesten Vorschriften habe. Ein Viertel der Befragten sieht diese in der Europäischen Union. Jeder Neunte benennt andere Regionen, die nach seiner Ansicht die höchsten Compliance-Anforderungen aufweisen, und knapp jeder Fünfte sieht keine grösseren Unterschiede zwischen den Regionen. Timm Rehling, Berater bei A.T. Kearney und Co-Autor der Studie, erklärt: „Unternehmen, die in neue Länder expandieren, sollten darauf gefasst sein, mit erheblichen Compliance-Risiken konfrontiert zu werden. Hierauf sollten sich Unternehmen sehr gut vorbereiten.“
Erfolgsfaktoren für die Einführung eines Compliance-Systems
Häufig liegt die Ursache von Compliance-Verstössen darin, dass das Top-Management es versäumt hat, ein Umfeld zu schaffen, in dem Compliance gewährleistet wird. Vor diesem Hintergrund sollte Compliance ein fester Bestandteil des Tagesgeschäfts und fest in der Organisation verankert sein. Diese Notwendigkeit wird von den Experten mehrheitlich unterstützt: Für 78 Prozent von ihnen stellen der Aufbau von Akzeptanz und die Einbindung der Mitarbeiter grundlegende Bestandteile eines soliden Compliance-Systems dar.
Rehling erläutert: „Das Management muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter die relevanten Vorschriften verstehen und diese auch einhalten. Ein erfolgreiches Compliance-System muss in die Prozesse integriert und mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet sein. Ausserdem braucht es umfassende Unterstützung vonseiten des Top-Managements und Akzeptanz auf allen Ebenen.“ Malkwitz abschliessend: „In einem globalen Umfeld, in dem die Einhaltung von Vorschriften immer wichtiger wird, kann ein effektives Compliance-System vor drastischen Konsequenzen schützen, darüber hinaus aber auch einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit leisten.“ (A.T. Kearney/mc/ps)
Über A.T. Kearney
A.T. Kearney zählt zu den weltweit führenden Unternehmensberatungen für das Top-Management und berät sowohl global tätige Konzerne als auch mittelgrosse Unternehmen und öffentliche Institutionen. Mit strategischer Weitsicht und operativer Umsetzungsstärke unterstützen wir unsere Klienten bei der Transformation ihres Geschäfts und ihrer Organisation. Im Mittelpunkt stehen die Themen Wachstum und Innovation, Technologie und Nachhaltigkeit sowie die Optimierung der Unternehmensperformance durch das Management von Komplexität in globalen Produktions- und Lieferketten.
A.T. Kearney wurde 1926 in Chicago gegründet. Die Aktivitäten in der Schweiz werden seit über 20 Jahren aus unserem Büro in Zürich geführt. Heute beschäftigt A.T. Kearney rund 2’700 Mitarbeiter in 54 Büros und 37 Ländern der Welt. Seit 2010 beraten wir unsere Klienten klimaneutral.
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