von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr auf der Maur, Sie haben brandAktuell vor zwei Jahren zusammen mit Devin Betschart gegründet, um Unternehmen die passenden Talente zu vermitteln. Wie kam es dazu?
Aaron auf der Maur: Die Idee von brandAktuell entstand tatsächlich in einem Kinderzimmer, wo uns die Idee wie ein Blitz durchfuhr. Ursprünglich hatten wir nicht vor, im Personalbereich tätig zu werden. Unsere Reise begann mit einer Social Media Marketing Agentur, die darauf abzielte, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Sichtbarkeit und Kundenbasis zu erweitern.
Ein glücklicher Zufall brachte uns eine Anfrage zur Rekrutierung von Fachkräften und wir spürten sofort die Begeisterung, die dieses Segment in uns weckte. Wir erkannten, dass wir etwas Grosses, etwas Revolutionäres in den Händen hielten. Seitdem haben wir uns voll und ganz auf diese Nische spezialisiert und waren eine der ersten Agenturen, die solche Lösungen in der Schweiz anboten.
brandAktuell hat sich auf das Social Media-Recruiting spezialisiert. Wie definieren Sie diesen Begriff?
«Social Media» ist ein umfassender Begriff. Im Kern handelt es sich um die Personalrekrutierung über Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook, LinkedIn und TikTok. Dies kann durch einen regulären Beitrag, eine Werbekampagne oder eine Direktansprache erfolgen.
Wie und auf welchen Plattformen setzen Sie das um?
Die Rekrutierung erfolgt auf der Plattform, auf der die gewünschte Zielgruppe aktiv ist. Dies geschieht beispielsweise durch ansprechende Inhalte, Videos und Fotos. Es gibt kaum eine Ziel- oder Altersgruppe, die über Social Media nicht erreicht werden kann. Dabei ist es entscheidend, den passenden Kanal auszuwählen und die Zielgruppe tatsächlich zu begeistern.
«Jedes Unternehmen hat seine Einzigartigkeit. Viele Firmen erkennen oft nicht, welche besonderen Qualitäten sie ausmachen.»
Aaron auf der Maur, Co-Gründer und Geschäftsführer brandAktuell AG
Und wie machen Sie Unternehmen als attraktive Arbeitgeber sichtbar?
Jedes Unternehmen hat seine Einzigartigkeit. Viele Firmen erkennen oft nicht, welche besonderen Qualitäten sie ausmachen. Der erste Schritt besteht darin, diese Besonderheiten herauszuarbeiten. Anschliessend tritt das Marketing in den Vordergrund. Wir agieren als authentisches Sprachrohr für unsere Kunden. Wir präsentieren diese speziellen Merkmale in ansprechenden Inhalten und bieten Fachkräften einen authentischen Einblick in das Unternehmen, noch bevor sie sich bewerben.
Können Sie und ein aktuelles Beispiel geben?
Ich könnte viele aktuelle Beispiele nennen. Zwischen 110 und 120 Schweizer Unternehmen setzen bereits auf die Recruiting-Lösung von uns – Möbel Pfister konnte mit einer zwölftägigen Kampagne beispielsweise 102 Bewerbungen generieren, im Vergleich zu ein bis zwei Bewerbungen auf herkömmliche Online-Inserate. Die Spitex Basel konnte in nur vier Tagen alle Lehrstellen für 2023 besetzen. Häufig arbeiten wir mit KMU aus Bereichen wie Handwerk, Baugewerbe, Produktion oder dem Dienstleistungssektor. Letztlich funktioniert unser Ansatz branchen- und positionsunabhängig. Im Kern geht es darum, den passiv suchenden Arbeitsmarkt anzusprechen und diese Kandidaten für das jeweilige Unternehmen zu begeistern.
Wo liegen die grossen Vorteile – für die Unternehmen einerseits, für Bewerbende andererseits?
Die effiziente Ansprache von passivsuchenden Fachkräften macht Social Media Recruiting unschlagbar. Es eröffnet Unternehmen neue Türen, denn in der heutigen Arbeitswelt ist es nicht mehr genug, nur diejenigen anzusprechen, die aktiv nach einer neuen Stelle suchen. Laut dem Bundesamt für Statistik waren Ende 2022 in der Schweiz über 120’000 Stellen unbesetzt, während das SECO zeitgleich eine Arbeitslosenquote von 2,2 Prozent vermeldete – nahezu Vollbeschäftigung. Für Bewerber wird es dadurch einfacher, sich bei einem Unternehmen zu bewerben, ohne grossen Aufwand. Das ermöglicht es vielen Fachkräften, unkompliziert und rasch den passenden Job zu finden, insbesondere wenn sie in ihrer aktuellen Position nicht zufrieden sind.
«Die effiziente Ansprache von passivsuchenden Fachkräften macht Social Media Recruiting unschlagbar.»
Der Arbeitsmarkt ist heute wegen des Fachkräftemangels ein Markt für Mitarbeitende. Das bedingt, dass man die Werte des Zielpublikums versteht. Welche Erwartungen haben denn die Generationen Z und Y an die Arbeitgeber? Und gibt es dabei auch Unterschiede?
Benefits wie Früchtekörbe oder kostenlose Parkplätze sind nur Nebensache. Keine qualifizierte Person wechselt ihren Job nur wegen solcher Extras. Wichtiger sind echte Wertschätzung, die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, persönliches Wachstum und die Identifikation mit dem Unternehmen. Leider wurden diese Aspekte in den vergangenen Jahrzehnten oft vernachlässigt, da Arbeitgeber in einer Position waren, in der sie glaubten, sie könnten sich vieles erlauben.
Entsprechend wichtig ist das Employer Branding. Aber es reicht ja nicht, einfach Werte zu proklamieren. Inwieweit unterstützen Sie die Unternehmen, die Kernbotschaften zu entwickeln?
Lügen haben kurze Beine. Diesem Grundsatz folgend legen wir grossen Wert auf ehrliche Kommunikation. Die Versprechen, die wir als Arbeitgeber abgeben, müssen intern konsequent umgesetzt werden. Andernfalls verlässt die rekrutierte Person das Unternehmen schneller, als sie es betreten hat – ein teurer Fehler. Als Dienstleister ist es ebenso unsere Pflicht, Kunden offen zu informieren, wenn sie beispielsweise in der aktuellen Form nicht wettbewerbsfähig sind. Auch wir können keine dauerhaft bleibenden Fachkräfte für ein unattraktives Unternehmen gewinnen. Ist eine Anpassung erforderlich, setzen wir einen Schritt früher an und entwickeln gemeinsam mit dem Kunden ihre Arbeitgebermarke.
«Wir integrieren KI kontinuierlich in unsere Arbeitsprozesse, sei es bei Werbetexten oder im Videoschnitt.»
Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz im Recruiting? Inwieweit setzen Sie diese bereits ein?
Künstliche Intelligenz ist bereits jetzt wichtiger Bestandteil unserer Kampagnen und spielt eine entscheidende Rolle für deren Erfolg. Wir integrieren KI kontinuierlich in unsere Arbeitsprozesse, sei es bei Werbetexten oder im Videoschnitt.
brandAktuell hat in kurzer Zeit bereits über 100 Kunden akquiriert und mehr als 9000 Bewerbungen generiert. Sie sind in diesem Markt aber nicht allein. Wie wollen Sie das Unternehmen weiterentwickeln?
Ich lüfte nur ungern unser Erfolgsgeheimnis. Klar ist jedoch, dass die Arbeitgebermarke immer relevanter wird um langfristig erfolgreich Fachkräfte zu gewinnen. Wir haben noch sehr grosse Ziele und Pläne für die Zukunft. Im April 2024 werden wir unser neues Büro im Kanton Zug beziehen, was für das gesamte Team ein spannender Schritt sein wird. In diesem neuen Büro können wir auf bis zu 50 Mitarbeitende anwachsen und ich denke, das sagt schon viel über unsere Zukunftspläne aus.
Besten Dank für das Interview!