Ablösung des Libor-Referenzsatzes führt zu grossen Umstellungen
Zürich – Die Ablösung der weltweit bedeutenden Libor-Referenzzinssätze rückt näher. In der Schweiz wird es mit dem Ersatz des Franken-Libor durch den neuen Referenzsatz Saron nicht nur an den Finanzmärkten, sondern auch am Hypothekarmarkt zu grossen Umstellungen kommen.
Die hierzulande zuständige nationale Arbeitsgruppe (NAG) aus Vertretern der Privatwirtschaft und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hatte im vergangenen Jahr den Grundsatzentscheid gefasst, den nur noch bis Ende 2021 garantierten Libor durch den Referenzzins Saron (Swiss Average Rate Overnight) zu ersetzen. Am Mittwoch stellte sie nun weitere Empfehlungen zur Ausgestaltung von künftigen Produkten vor, die auf dem Saron basieren.
Das Libor-System (London Interbank Offered Rate) wird – wie seit letztem Jahr bekannt – ab Ende 2021 nicht mehr durch die britische Finanzmarktbehörde gewährleistet. Es soll weltweit durch verschiedene neue Referenzzinssätze abgelöst werden. Der Grund ist, dass es spätestens seit der Finanzkrise von 2008 immer weniger tatsächliche Libor-Transaktionen gibt, womit der Satz zunehmend anfällig für Manipulationen anfällig geworden ist.
Libor-Hypotheken von 200 Milliarden
Die Libor-Ablösung betrifft alleine in der Schweiz eine Vielzahl von Finanzinstrumenten mit einem Volumen von rund 6,5 Billionen US-Dollar. Darunter fallen auch Libor-Hypotheken in Milliardenhöhe, wie Martin Bardenhewer, Co-Präsident der NAG an einer Medienkonferenz in Zürich sagte.
Schweizweit dürften Libor-Hypotheken schätzungsweise 15 bis 20 Prozent des gesamten Schweizer Hypothekarvolumens ausmachen. Das wäre ein Kreditvolumen von etwa 150 bis 200 Milliarden Franken. Viele dieser Hypotheken laufen allerdings vor dem möglichen Libor-Aus Ende 2021 ab, wie Bardenhewer betonte.
Neuer Mehrtages-Zinssatz
Eine der zentralen Fragen bei der Libor-Ablösung war für die NAG, wie aus dem «Eintageszins» Saron ein mit den Libor-Sätzen vergleichbarer «Drei-Monats-» oder «Sechs-Monats-Saron» errechnet werden soll, auf den sich etwa künftige «Saron-Hypotheken» oder weitere Finanz- und Kreditprodukte beziehen können. Die NAG empfiehlt nun, einen solchen Zinssatz aus laufenden und vergangenen Saron-Sätzen («compounded rate») zu generieren.
Der Nachteil einer solchen Methode besteht allerdings in einer mangelnden Vorhersehbarkeit von künftigen Zahlungen, wie NAG-Vertreter Otto Huber einräumte: Während der Drei-Monats-Libor – analog etwa einer Krankenkassenprämie – zu Beginn der Zahlungsperiode feststehe, so stehe die Zahlung beim täglich neu festgelegten Saron – analog etwa einer Stromrechnung – erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit definitiv fest.
Als alternative Möglichkeit hatte die Arbeitsgruppe die Verwendung eines Referenzsatzes erwogen, der auf einem Saron-Derivat wie etwa einem Future oder Swap beruht hätte: Ein solcher Satz wäre aber nicht zuletzt aufgrund der geringen Liquidität solcher Märkte nicht robust genug.
Rückfallklausel sollte festgeschrieben werden
Kein Handlungsbedarf besteht bei Kreditverträgen und Libor-Hypotheken, die bis Ende 2021 auslaufen. Länger laufende Verträge müssten allerdings wohl neu ausgehandelt werden. Neu abgeschlossene Libor-Hypotheken mit Laufzeiten über 2021 sollten auf jeden Fall eine «Rückfall»-Klausel für den Fall des Libor-Endes beinhalten, mahnte Alfred Ledermann, Leiter der mit Kreditverträgen befassten NAG-Untergruppe.
Saron-Hypotheken gibt es derzeit auf dem Schweizer Markt allerdings noch nicht. Nicht ausgeschlossen sei auch, dass es künftig je nach Bank auch verschieden ausgestaltete solche Saron-Hypotheken geben könne, hiess es.
SNB informiert später
Keine konkreten Aussagen wollte Alfred Zimmermann als SNB-Vertreter in der Arbeitsgruppe zur künftigen Ausgestaltung der Geldpolitik der Nationalbank machen. Steuerungsgrösse der SNB-Geldpolitik ist heute bekanntlich ein Zielband des Dreimonats-Libors. «Die Nationalbank wird zu gegebener Zeit informieren», sagte der SNB-Vertreter lediglich. (awp/mc/ps)