Zürich – Die Studie «Business Futures 2021» des Beratungsunternehmens Accenture zeigt, dass 88 Prozent der Unternehmen (in der Schweiz und global) ein klares Bild von ihren künftigen Herausforderungen haben. Allerdings gehen lediglich sechs Prozent der Befragten davon aus, Veränderungen in der Zukunft vorhersehen und darauf entsprechend reagieren zu können. Die Studie soll Schweizer und globalen Führungskräften dabei helfen, sich in einer neuen Realität zurechtzufinden. Sie identifiziert die Indikatoren des geschäftlichen Wandels, die Unternehmen weltweit umgestalten, und die für Führungskräfte von entscheidender Bedeutung sind, um den Erfolg heute und in Zukunft sicherzustellen.
«Der knappe Zeitrahmen für Massnahmen angesichts der Krise im letzten Jahr hat ein grösseres Gefühl für die Dringlichkeit gleichzeitig aber auch eine Chance für Unternehmen geschaffen, um ihre Agilität zu steigern, neue Geschäftsmodelle zu erforschen und neue Fähigkeiten aufzubauen, welche die Widerstandsfähigkeit erhöhen», sagte Marco Huwiler , Country Lead Accenture Schweiz.
«Unser erster Business Futures Report dient als zentraler Richtungsweiser. Dieser kann Führungskräften helfen, mit Zuversicht durch die vielen Anzeichen des geschäftlichen Wandels zu navigieren, um ihre eigene optimale Zukunft nicht nur zu sehen, sondern auch zu ergreifen» ergänzt Matthias Hegele Managing Director, Accenture Strategy & Consulting Lead Schweiz.
Trends, die sich bereits seit Jahren abzeichnen, hat die Pandemie unterbrochen, beschleunigt oder gar aufgehoben. Dazu zählen etwa die zunehmende Bedeutung von Erlebnissen, die stärkere Nutzung der Cloud und die Veränderung des Kaufverhaltens. Gleichzeitig haben Unternehmen neue Lieferketten und Geschäftsmodelle innerhalb von Tagen und nicht von Monaten aufgebaut. Das Versprechen neuer wissenschaftlicher Durchbrüche wurde mit Nachdruck innerhalb von Monaten und nicht von Jahren umgesetzt. Zusammen mit den tiefgreifenden strukturellen Veränderungen nach über einem Jahr der Turbulenzen ist eine Geschäftsumgebung entstanden, die einer Neugestaltung bedarf – und der Notwendigkeit, tiefer in die Zukunft zu blicken, um den Verlauf und die Auswirkungen des Wandels besser nachvollziehen zu können.
Sechs Indikatoren bereiten auf die Zukunft des Geschäfts vor
Eine umfassende Liste von ursprünglich 400 Indikatoren hat Accenture in Zusammenarbeit mit externen Beratern, Wissenschaftlern und Forschern auf 25 Indikatoren des geschäftlichen Wandels reduziert. Diese werden in den nächsten drei Jahren heranreifen und den grössten Einfluss auf Unternehmen haben. Sechs Indikatoren haben sich als erfolgskritisch für die Zukunft erwiesen. Sie bieten Möglichkeiten und Anreize für Führungskräfte, sich auf Veränderungen einzulassen und neue Wege zu finden, um bereits heute zu wachsen:
- Von der Zukunft lernen – Veränderungen sehen, bevor sie geschehen
Um Wachstum zu erzielen, müssen Unternehmen ihre Geschäftsabläufe grundlegend überdenken. Dabei steht die Orientierung an historischen Daten, mit dem Ziel, Informationen für die Zukunft zu erhalten, auf dem Prüfstand. Um schneller Entscheidungen treffen zu können, erfassen viele Unternehmen heute neue Datensätze, sie nutzen Analysen und Künstliche Intelligenz, um Veränderungen im Markt und im Konsumverhalten zu erkennen, darauf zu reagieren und gezielt zu handeln. Die Studie zeigt, dass 88 Prozent der Schweizer Unternehmen (global 77 Prozent) in den letzten 12 Monaten verstärkt interne und externe Quellen für Echtzeitdaten genutzt haben. Dennoch erklärten nur 33 Prozent der Unternehmen (global 38 Prozent) , dass ihre Mitarbeitenden bei ihrer täglichen Arbeit konsequent Echtzeitdaten nutzen. 37 Prozent der Schweizer Unternehmen gaben an, ein Mitglied des C-Levels sei für diese Bemühungen verantwortlich (global 36 Prozent). Weniger als die Hälfte der Unternehmen (41 Prozent in der Schweiz, 43 Prozent global) verfügt über ausreichende Fähigkeiten innerhalb ihrer Belegschaft, um diese Anforderungen zu erfüllen. - An den Rand gedrängt – Entscheidungen dezentralisieren
Die globale Krise hat zu einer stärkeren Fragmentierung der Märkte geführt. Es entstehen unterschiedliche Regionen mit eigenen Verwaltungssystemen, Wirtschaftsmodellen und kulturellen Normen. Gleichzeitig ändert sich nicht nur das Verbraucherverhalten rasant, auch neue Wettbewerber spülen in den Markt und bedienen die sich wandelnden Bedürfnisse. Unternehmen reagieren darauf, indem sie die Entscheidungsbefugnis auf Menschen an den Rändern ihrer Organisationen verlagern. Damit entsteht eine vernetzte Struktur aus Teams, die schnell und agil handeln können. Die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen an die Ränder des Unternehmens entlastet die Zentrale und ermöglicht dieser, sich auf wichtige strategische Entscheidungen konzentrieren. Laut der Studie sind 93 Prozent der Schweizer Unternehmen (global 91 Prozent) bereit und in der Lage, mehr wie ein breiter Unternehmensverbund zu agieren, um auf zunehmend fragmentierte Geschäftsumgebungen zu reagieren. Mehr als die Hälfte (78 Prozent in der Schweiz, 58 Prozent global) geben an, dass sich ihr Geschäftsmodell im Laufe des nächsten Jahres ändern wird. - Ein nachhaltiger Zweck – Übergang von zweckorientiert zu zweckgesteuert
Organisationen haben die Notwendigkeit erkannt, einem Unternehmenszweck («Purpose») zu folgen, der für alle Stakeholder von Nutzen ist. Dennoch ist eine wachsende Kluft zwischen Absichten und Ergebnissen entstanden. Das Paradoxon des Unternehmenszwecks verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen konfrontiert sehen, wenn sie Nachhaltigkeit in ihre Betriebsabläufe integrieren und ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Stakeholdern einhalten wollen. Die Studie zeigt, dass 26 Prozent der Schweizer Führungskräfte (global 28 Prozent) sich nicht persönlich dazu verpflichtet fühlen, Werte für alle Stakeholder zu schaffen. Fast die Hälfte der Unternehmen (51 Prozent) berichtet, dass eines der grössten Hindernisse darin besteht, ihre kommerziellen Interessen auszugleichen (global 48 Prozent). Es gibt allerdings auch Anzeichen für ein Umdenken – hin zu einer nachhaltigen Ausrichtung bei gleichzeitiger Sicherung der Gewinne: Nur 6 Prozent der Führungskräfte gaben an, dass sie Investitionen in Umwelt, Soziales und Unternehmensführungsinitiativen (ESG) kürzen würden, um die Gewinnprognose nicht zu verfehlen (global 24 Prozent). - Versorgung ohne Einschränkungen – Physikalische Grenzen überwinden
Die globale Pandemie hat die Lieferketten vor nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Unternehmen haben drastische Massnahmen ergriffen, um den Warenverkehr aufrechtzuerhalten. Sie streben eine schnelle, flexible, kosteneffiziente, verantwortungsbewusste und nachhaltige Auftragsabwicklung an. Dabei überwinden sie die physikalischen Grenzen ihrer Lieferketten und verlagern die Produktion an den Ort der Nachfrage. Laut Studie hat die Mehrheit der Schweizer Unternehmen (96 Prozent, global 92 Prozent) den Einsatz von Micro-Fulfillment-Centern erhöht oder plant, ihn zu erhöhen. Eine ähnliche Anzahl von Unternehmen (92 Prozent in der Schweiz, global 96 Prozent) hat regionale Lieferketten eingerichtet oder plant einen entsprechenden Aufbau. Die Ausrichtung auf den Mehrwert für alle Stakeholder steht auch hier im Vordergrund: 80 Prozent der Unternehmen berichten (Schweiz und global), dass die Erwartungen ihrer Kunden in Bezug auf Nachhaltigkeit in den letzten zwölf Monaten deutlich gestiegen sind. - Virtuelle Wirklichkeiten – Realität und Ort neu definieren
Mit der Reife virtueller Umgebungen verschwimmen die physische und die virtuelle Welt. Das verändert unsere Wahrnehmung von Realität und Ort – und schafft gleichzeitig neue Möglichkeiten für Menschen, zu leben, zu arbeiten, zu konsumieren und Kontakte zu knüpfen. Nach einem Jahr mit eingeschränkten physischen Interaktionen verdoppeln Unternehmen ihre Investitionen in virtuelle Umgebungen. 93 Prozent der Schweizer Unternehmen (global 88 Prozent) investieren in Technologien, um virtuelle Umgebungen zu schaffen. 94 Prozent dieser Unternehmen (global 91 Prozent) planen zudem, weiter zu investieren. Während die derzeitige Virtual-Reality(VR)-Technologie hauptsächlich unsere Seh- und Hörsinne anspricht, wird sie mit der Zeit immer realistischer werden, alle Sinne ansprechen und eine stärkere Verbindung zur physischen Welt schaffen. - Die neue wissenschaftliche Methode – Der Übergang zu einem wissenschaftlichen Unternehmen
Seit der Pandemie steht wissenschaftliche Innovation ganz oben auf der öffentlichen wie auch auf der Unternehmensagenda. Nachdem im vergangenen Jahrzehnt praktisch jedes Unternehmen zu einem digitalen geworden ist, stehen Organisationen in der kommenden Dekade vor der Herausforderung, analytische und wissenschaftliche Methoden stärker zu nutzen. So können sie mithilfe der Wissenschaft die fundamentalen Herausforderungen der Welt angehen. An der Schnittstelle der neuen Grenzbereiche der Wissenschaft zu arbeiten, wird revolutionäre Möglichkeiten mit sich bringen. Allerdings nur, wenn Unternehmen ihre Ansätze in puncto Innovation verbessern können. Gemäss der Studie stimmen 87 Prozent der Schweizer Unternehmen darin überein (global 83 Prozent), dass ein wissenschaftlicher Innovationsansatz für ihren zukünftigen Erfolg ausschlaggebend ist. 89 Prozent der Befragten gaben an, dass Investitionen in die Wissenschaft ausserhalb ihrer traditionellen Branchenzugehörigkeit erfolgsentscheidend für ihr Unternehmen sein werden(global 82 Prozent).
«Es ist klar, dass die Unternehmen zwar gezwungen waren, sich an die Transformation des vergangenen Jahres anzupassen, aber heute besteht ein starker Konsens darüber, dass sie proaktiv ihre Strategien ändern, ihren Kurs überdenken und ihre Mitarbeiter mitnehmen müssen, um sich an diese neue Landschaft anzupassen, während sie sich für ein grundlegend anders gestaltete Zukunft neu erfinden», fügt Huwiler hinzu. (Accenture/mc/ps)
Über die Studie
Für die Erstellung der «Business Futures 2021»-Studie hat Accenture einen dreistufigen Prozess genutzt:
- Crowdsourcing: 400 Indikatoren für geschäftlichen Wandel wurden von mehr als 400 Forschern und Mitgliedern des Accenture-Expertennetzwerks per Crowdsourcing ermittelt. Darunter waren Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Der Input wurde zu einer ersten Liste von 30 Indikatoren zusammengeführt.
- Priorisierung: Anschliessend haben über 2.000 Führungskräfte aus Industrie und Fachbereichen der weltweiten Accenture-Community die Indikatoren anhand von Interviews, Umfragen und Workshops auf Herz und Nieren geprüft. So konnte die Liste der Indikatoren auf 25 reduziert werden, von denen sechs als vorrangig eingestuft wurden.
- Prüfung und Nachweis: Mithilfe von verschiedenen Forschungsmethoden hat Accenture die sechs wichtigsten Indikatoren getestet und näher untermauert. Diese Methoden umfassten ökonomische Modellierung, Datenwissenschaft (unter Einsatz von KI und natürlicher Sprachverarbeitung) sowie eine globale Umfrage unter 2.650 C-Level-Führungskräften, die von März bis April 2021 durchgeführt wurde. Die Befragten sind C-Level-Führungskräfte in grossen Unternehmen aus 18 Ländern und 20 Branchen.