Accenture-Studie: Unternehmen setzen immer mehr auf regionale Produktion und kurze Lieferketten
Zürich – Laut der Accenture-Studie «Resiliency in the making» bauen Unternehmen regionale Lieferanten und lokale Produktionsstätten aus, um weniger anfällig für Störungen zu sein. Bis 2026 wollen 65 Prozent der weltweit befragten Unternehmen den Grossteil ihrer wichtigsten Produkte von regionalen Zulieferern beziehen, bisher sind es erst 38 Prozent. Aktuell am weitesten vorangeschritten sind die Industrien Versorgung (55%), Öl und Gas (53%) sowie Medizintechnik (48%).
Eine Vielzahl von Unternehmen (85%) planen, bis 2026 den Grossteil ihrer gesamten Produkte regional zu produzieren und zu verkaufen. Dies bedeutet fast eine Verdoppelung gegenüber den heutigen 43 Prozent.
Regionale Beschaffung und lokale Produktion sind zwar wichtige Hebel, um Unterbrechungen in der Lieferkette und Produktion nachhaltig bewältigen zu können, sind jedoch für die Unternehmen nicht ausreichend, so die Studienautoren. Unternehmen müssen verstärkt in Know-how und Technologien investieren, die transparente und autonome Lieferketten- und Produktionsprozesse, eine strapazierfähige Produktentwicklung und digital geschulte Mitarbeitende fördern.
In den letzten Jahren haben sich grosse Ereignisse und Krisen gehäuft; von geopolitischen Spannungen und Wetterextremen bis hin zu technologischen Durchbrüchen und Material- und Fachkräfteknappheit. Nur wenige Unternehmen konnten diese Turbulenzen problemlos bewältigen und ihr langfristiges Wachstum aufrechterhalten. In den Jahren 2021 und 2022 entgingen Unternehmen zusätzliche jährliche Einnahmen in Höhe von 1.6 Billionen US-Dollar, weil ihre Technik, ihre Lieferkette, ihre Produktion oder der laufende Betrieb gestört wurden.
«Durch die Globalisierung ist die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten auch für die stark global vernetzten Schweizer Unternehmen von einer Überlebensstrategie zu einer Wachstumschance geworden», kommentiert Israel Yuste-Picon, Industry X Lead bei Accenture Schweiz. «Um sie zu nutzen, müssen Unternehmen die Digitalisierung ihrer Entwicklungs-, Liefer-, Produktions- und Betriebsprozesse vorantreiben. Lösungen wie digitale Zwillinge und neue Technologien wie generative KI helfen ihnen, sich schneller an Veränderungen anzupassen und datengestützte Massnahmen in Echtzeit zu ergreifen.»
2023 investieren die Unternehmen durchschnittlich 1 Milliarde US-Dollar in die Digitalisierung, Automatisierung und Verlagerung von Liefer- und Produktionsanlagen, was sich bis 2026 auf mindestens 2.5 Milliarden US-Dollar erhöhen dürfte.
«Unternehmen mit weniger Abhängigkeiten von globalen Zulieferern und Werken können Produkte schneller und mit weniger Emissionen liefern und rascher auf neue Kundennachfragen reagieren», erklärt Matthias Hégelé, Lieferkettenexperte bei Accenture. «Komplexe globale Netzwerke, die auf Kosteneffizienz und Just-in-Time-Lieferungen ausgelegt sind, sollten auf Multi-Sourcing umgebaut werden, ohne jedoch unhandliche Silos oder neue Engpässe zu schaffen.»
Die Autoren der Accenture-Studie empfehlen drei Schwerpunktbereiche, um die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens zu verbessern.
Berechenbare und autonome Lieferketten und Produktionsprozesse: In intelligenten Kontrolltürmen kann man beispielsweise Prozesse überwachen und verschiedene Szenarien in Echtzeit analysieren, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Heute verfügen nur 11 Prozent der Unternehmen über ein nahezu in Echtzeit arbeitendes Warnsystem; 78 Prozent benötigen mindestens eine Woche, um den Schaden vollständig zu erfassen.
Vorausschauendes Design: Unternehmen sollten bereits in der Produktentwicklung Kosten-Nutzen-Analysen und Überlegungen zum Ökodesign anstellen, um potenzielle Probleme vor Produktionsbeginn anzugehen.
Neue Arbeitsweisen: Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden für die Nutzung von Prognose- und Visualisierungstools und für datengestützte Entscheidungen qualifizieren. Nur 17 Prozent der Unternehmen verfügen bereits heute über digital versierte und qualifizierte Mitarbeitende; 68 Prozent planen, dies bis 2026 zu erreichen. (Accenture/mc/ps)
Über die Studie
Die Studie «Resiliency in the making» basiert auf einer Umfrage, die von Januar bis März 2023 unter 1’230 Führungskräften aus den Bereichen Technik, Produktion, Lieferkette und Betrieb durchgeführt wurde. Die Befragten kamen aus Australien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Italien, Japan, Mexiko, Spanien, Schweden, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten. Die Unternehmen stammten aus den folgenden Branchen: Luft- und Raumfahrt und Verteidigung, Automobilindustrie (Erstausrüster), Automobilindustrie (Zulieferer, Teile), Chemie, Konsumgüter und Dienstleistungen, Hightech, Industrieausrüstung, Metall und Bergbau, Lebenswissenschaften, Öl und Gas (vor- und nachgelagert) und Versorgungsunternehmen.