Airbus droht bei Brexit ohne Abkommen mit Teil-Rückzug

Tom Enders

Airbus-Konzernchef Tom Enders. (Foto: Airbus)

Toulouse – Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus droht im Falle eines harten Brexits ohne Abkommen mit dem Teil-Rückzug aus Grossbritannien. «Einfach ausgedrückt gefährdet ein Szenario ohne Deal direkt die Zukunft von Airbus im Vereinigten Königreich», teilte Airbus-Chef Tom Enders mit.

Falls das Land im März 2019 ohne Abkommen aus der Europäischen Union aussteige und damit im kommenden Jahr Binnenmarkt und Zollunion sofort und ohne Übergangsphase verlasse, würde dies laut Airbus zu einer «schweren Störung und Unterbrechung» der Produktion führen. «Dieses Szenario würde Airbus dazu zwingen, seine Investitionen im Vereinigten Königreich und seinen langfristigen Fussabdruck im Land zu überdenken», teilte das Unternehmen mit.

Zehntausende Jobs bedroht
Die Erklärung wurde in Grossbritannien von Gewerkschaften, der Opposition und EU-Befürwortern mit Bestürzung aufgenommen. Premierministerin Theresa May sollte ihre roten Linien bei den Verhandlungen aufgeben, hiess es etwa aus der Labour-Partei.

Airbus hat seinen Hauptsitz im französischen Toulouse und beschäftigt in Grossbritannien 14 000 Mitarbeiter an 25 Standorten, an seiner britischen Zuliefererkette hängen 110 000 Jobs. In den britischen Werken Filton und Broughton werden alle Flügel der Airbus-Verkehrsflugzeuge entworfen und hergestellt.

Airbus prüft alternative Standorte
Der Brexit hat dem Leiter der Verkehrsflugzeug-Produktion, Tom Williams, zufolge «bei jedem Szenario ernsthafte negative Folgen» für das Unternehmen in Grossbritannien. Airbus arbeite dort an der Entwicklung der nächsten Generation von Flugzeugflügeln, sagte Williams dem Sender BBC. Nun werde überlegt, ob dafür alternative Standorte infrage kommen. Die «Times» wies auf Ausweichmöglichkeiten in China hin. «Die Uhr tickt», sagte Williams der Zeitung.

In einer Risikobewertung hält Airbus einen geordneten Rückzug mit einem Abkommen für besser als einen Brexit ohne Deal. Die derzeit angedachte Übergangsphase bis Dezember 2020 reiche aber nicht aus, um die offenen Fragen zwischen der EU und Grossbritannien zu regeln. Für Airbus sei sie zu kurz, um die notwendigen Änderungen in seiner umfangreichen Zuliefererkette umzusetzen.

Eine Regierungssprecherin sagte, dass man sehr wohl die Bedenken des Konzerns bei einem Treffen in der Downing Street im April angehört habe. London gehe nicht von einem EU-Austritt ohne Abkommen aus.

Die Scheidungsverhandlungen zwischen London und Brüssel verlaufen sehr schleppend. May regiert seit der vorgezogenen Parlamentswahl im vergangenen Jahr nur noch mit hauchdünner Mehrheit. Sie steht von mehreren Seiten unter Druck. Auch die Brexit-Hardliner ihrer Partei drohen immer wieder damit, sie zu stürzen. (awp/mc/pg)

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