Peking – Der Plan von Alibaba-Chef Jack Ma klang ambitioniert: Sein Unternehmen könne in den USA «eine Million Arbeitsplätze in den nächsten fünf Jahren schaffen, indem es eine Million amerikanischen Kleinunternehmen und Landwirten ermöglicht, US-Waren an China und asiatische Verbraucher auf der Alibaba-Plattform zu verkaufen». Das versprach Ma zu Beginn der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump nach einem Treffen in New York. Doch im Lichte des von Trump losgetretenen Handelskonflikts mit China sieht Ma sich nicht mehr in der Lage, dieses Versprechen umzusetzen.
«Es gibt keinen Weg, das Versprechen einzuhalten», sagte Ma nach Angaben chinesischer Staatsmedien vom Donnerstag in einem Interview der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die bisherige Grundlage dafür sei durch die Strafzölle untergraben worden. Handel sei «keine Waffe» und solle nicht für Kriege benutzt werden, sondern «die Triebkraft für Frieden sein».
Von Beginn weg Zweifel
Das gigantische Job-Versprechen von Alibaba hatte schon zum Zeitpunkt der Verkündung Zweifel hervorgerufen. Zu jener Zeit überboten sich auch US-Konzernchefs mit Ankündigungen, neue Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten zu schaffen oder zumindest keine Jobs ins Ausland zu verlegen. Sie wollten sich damit auch vor den berüchtigten Attacken von Trump auf Twitter wappnen, die der US-Präsident regelmässig führt, wenn er eigene Wirtschaftsinteressen gefährdet sieht. Im Fall Alibaba stellten Kritiker in Frage, ob die chinesische Plattform überhaupt in der Lage sei, den Verkauf von US-Waren nach China im grossen Stil zu organisieren.
Veränderte Rahmenbedingungen
Mehr als ein Jahr nach dem grossen Job-Versprechen haben sich wichtige Rahmenbedingungen geändert. Die USA befinden sich inzwischen in einem offenen Handelsstreit mit der Volksrepublik. Trump hat die Hälfte aller Warenimporte aus China mit Sonderzöllen belegt, um einen Ausgleich des Handelsdefizits zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik zu erreichen. Den bisher verhängten Strafzöllen auf Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar werden am 24. September Zölle auf Waren im Wert von weiteren 200 Milliarden Dollar folgen. China hat jeweils auch mit Strafzöllen auf Waren aus den Vereinigten Staaten reagiert, doch den Chinesen gehen langsam die Kapazitäten an US-Importen aus, die überhaupt noch abgestraft werden können.
Vor diesem Hintergrund wird darüber spekuliert, welche Alternativen sich den Chinesen noch bieten, um die Strafzölle aus Washington zu kontern. Das Job-Verprechen von Jack Ma zu kassieren, gehört nun auch zu dem Drohszenario. Ma hätte ohnehin die konkrete Umsetzung seines Versprechens nicht mehr selbst verantwortet. Im kommenden Jahr will er den Vorsitz im Alibaba-Verwaltungsrat an Daniel Zhang übergeben, der schon seit mehreren Jahren als Firmenchef das Tagesgeschäft leitet. Danach wird er nur noch als Grossaktionär und Mitglied der Alibaba Partnership – einer Art Ältestenrat – im Hintergrund agieren. (awp/mc/pg)