Washington – Zum Abschluss des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump haben die Anklagevertreter den Senat eindringlich aufgerufen, den US-Präsidenten wegen Machtmissbrauches zur Verantwortung zu ziehen. Kurz vor dem für Mittwoch erwarteten Urteil in dem Verfahren trugen Ankläger und Verteidiger am Montag im Senat ihre Abschlussplädoyers vor.
Der Leiter des Anklage-Teams, der Demokrat Adam Schiff, appellierte an die Senatoren, angesichts der «überwältigenden Beweise» Trump zu verurteilen. Das Verteidiger-Team des Präsidenten wies die Anschuldigungen dagegen erneut zurück. Alles sieht danach aus, als würde der Senat Trump freisprechen. Seine Republikaner haben in der Kammer die Mehrheit.
Das US-Repräsentantenhaus hatte Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentenwahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen die Freigabe von Militärhilfe für Kiew und ein Treffen mit Selenskyj im Weissen Haus abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump bestreitet die Vorwürfe.
Urteil soll am Mittwoch fallen
Die Entscheidung über die beiden Anklagepunkte liegt beim Senat, der bei einem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts einnimmt. Die Kammer soll an diesem Mittwoch über die Anklagepunkte abstimmen und so ihr abschliessendes Urteil in dem Fall fällen.
Wegen der republikanischen Mehrheit im Senat ist es extrem unwahrscheinlich, dass Trump des Amtes enthoben werden könnte. Dafür müssten 67 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte stimmen. Mindestens 20 Republikaner müssten sich dafür den Demokraten anschliessen. Das ist nicht in Sicht.
Die Anklage-Vertreter bemühten sich dennoch, den republikanischen Senatoren ins Gewissen zu reden. Jason Crow, demokratischer Kongressabgeordneter aus dem Ankläger-Team, appellierte an diese: «Sie haben eine Pflicht zu erfüllen. Ihre Pflicht ist es, Präsident Trump zu verurteilen.»
«In Amerika steht niemand über dem Gesetz»
Dies sei kein leichter Schritt, doch die US-Verfassung sehe nicht ohne Grund die Möglichkeit zur Amtsenthebung des Präsidenten vor, mahnte Crow. «In Amerika steht niemand über dem Gesetz.» Die Anklage habe bewiesen, dass Trump sein Amt missbraucht habe, um die nächste Wahl zu seinem eigenen Vorteil zu beeinflussen.
Die demokratische Abgeordnete Val Demings aus dem Ankläger-Team mahnte, Trump stelle weiter eine Gefahr für die Demokratie in den USA dar – für die Verfassung und die anstehende Präsidentenwahl im November. Der Demokrat Hakeem Jeffries aus dem Team sagte, es liege in der Hand der Senatoren, ob Trump mit seinen Machenschaften weitermachen und die nächste Wahl beeinflussen könne.
Am 3. November wird in den Vereinigten Staaten ein neuer Präsident gewählt. Trump will für eine zweite Amtszeit antreten. Der frühere Vizepräsident Joe Biden bewirbt sich darum, bei den Demokraten als Herausforderer Trumps anzutreten, hat aber viel Konkurrenz innerhalb seiner Partei. Im US-Bundesstaat Iowa stand am Montagabend (Ortszeit) die erste Vorwahl in dem Präsidentschaftsrennen an. Die Demokraten dürften die Ukraine-Affäre auch nach einem möglichen Freispruch Trumps zu einem wichtigen Thema im Wahlkampf machen und so versuchen, die Wiederwahlchancen des Präsidenten zu schmälern.
Keine neuen Zeugen mehr zugelassen
Bei den Abschlussplädoyers am Montag im Senat wiederholten beide Seiten ihre bekannte Argumentation. Trumps Verteidiger wiesen die Vorwürfe der Demokraten ein weiteres Mal zurück und riefen die Senatoren dazu auf, den Präsidenten freizusprechen. Mike Purpura, einer der Rechtsberater des Präsidenten und Mitglied des Verteidigerteams, sagte, die Anklagepunkte gegen Trump seien unzulänglich und zum Scheitern verurteilt.
Die Demokraten hatten bis zuletzt darum gekämpft, dass bei dem Verfahren im Senat neue Zeugen vorgeladen und Regierungsdokumente angefordert werden. Die Republikaner schmetterten diese Forderung am vergangenen Freitag mit ihren Stimmen jedoch endgültig ab. Die Demokraten sprachen von einer «Tragödie». Sie argumentieren, ohne einen Prozess mit Zeugen habe ein Freispruch am Ende keinen Wert. (awp/mc/ps)