von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Parizer, Ihr 1,5 Milliarden schweres Immobilienportfolio konzentriert sich zur Hälfte auf den Raum Genf und zu einem guten Drittel auf Zürich. Eine bewusste Entscheidung?
Arik Parizer: Ja, eine sehr bewusste sogar: Geografisch haben wir einen klaren strategischen Fokus auf die wichtigsten Wirtschaftszentren der Schweiz definiert – und das sind insbesondere die Genferseeregion und der Wirtschaftsraum Zürich. Darüber hinaus diversifizieren wir unsere Investitionen strategisch auch nach Sektoren, wie Bürogebäude, Logistik-/Leichtindustriestandorte und Einkaufszentren.
Gibt es Neuigkeiten betreffend Planungsverfahren Ihres Areals an der A1 zwischen Lausanne und Genf?
Die Gemeinde Tolochenaz hat den Masterplan im Februar 2023 bei den kantonalen Waadtländer Behörden eingereicht und erwartet deren Rückmeldung nun in den nächsten Monaten. Wir hoffen, dass die öffentliche Auflage des Gestaltungsplans noch im Jahr 2023 stattfinden kann.
Gewerbliche Immobilien werden oft als anspruchsvoller eingeschätzt im Vergleich zu Wohnimmobilien. Ich nehme an, dass Sie diese Einschätzung nicht unbedingt teilen?
Doch, ich bin der Ansicht, dass Gewerbeimmobilien deutlich mehr spezifisches Wissen und Erfahrung bei der Entwicklung und Bewirtschaftung erfordern. Dies, weil jede Immobilie konzeptionell und in ihrer Nutzung anders ist. Dabei ist es wichtig, richtig zu planen, um die Bedürfnisse der Mieter abzudecken und auch zukünftige Anforderungen zu antizipieren. Demgegenüber sind Wohnimmobilien oft ähnlich und daher potenziell einfacher zu realisieren. Der Bereich von kommerziell genutzten Immobilien ist aus unserer Sicht ein sehr interessanter Sektor, der gute Erträge und Renditen bietet, wenn man richtig plant und die Geschäftsgebäude intelligent konzipiert.
«Ich bin der Ansicht, dass Gewerbeimmobilien deutlich mehr spezifisches Wissen und Erfahrung bei der Entwicklung und Bewirtschaftung erfordern.»
Arik Parizer, CEO EPIC Suisse AG
Für Ihre Hypotheken müssen Sie im Moment nur ein Prozent Zins zahlen. Wie sieht der Mix aus?
Ende 2022 waren 81% unserer Bankkredite abgesichert, entweder durch feste Zinssätze oder Swaps. Das Fälligkeitsprofil unserer Hypothekarkredite ist über die nächsten Jahre bis 2030 gut verteilt, mit einer gewichteten durchschnittlichen Restlaufzeit von 4,1 Jahren per 31. Dezember 2022.
Neubewertungsgewinne machten 2021 rund 4% aus und damit ebenso viel wie die Bruttomieteinnahmen. 2022 verlief diesbezüglich flach, da rund 15 Millionen Neubewertungsgewinne durch 14 Millionen Neubewertungsverluste kompensiert wurden. Worauf beruhten die tieferen Bewertungsansätze?
Unsere Liegenschaften werden zweimal pro Jahr durch den unabhängigen Immobilienbewerter Wüest Partner AG bewertet. Der substanzielle nicht realisierte Neubewertungsgewinn, den wir im Jahr 2021 verzeichneten, erklärt sich grösstenteils durch einen Rückgang des gewichteten durchschnittlichen realen Diskontsatzes um 12 Basispunkte auf 3,32% im Jahr 2021 gegenüber 3,44% im Jahr 2020. Im Jahr 2022 hat sich dieser dann bei 3,31% stabilisiert. Für das Geschäftsjahr 2022 verzeichneten wir in den Sektoren Büro, Logistik/Industrie und Entwicklungsprojekte insgesamt positive, nicht realisierte Neubewertungsgewinne von netto CHF 9,9 Millionen. Der Sektor Einzelhandel verzeichnete einen nicht realisierten Neubewertungsverlust von CHF 9,0 Millionen, der hauptsächlich auf zwei Einkaufszentren zurückzuführen ist.
«Ende 2022 waren 81% unserer Bankkredite abgesichert, entweder durch feste Zinssätze oder Swaps.»
Sehen Sie schon eine Tendenz für 2023? Die ersten drei Monate liessen sich ja gut an.
Wir haben für das Geschäftsjahr 2023 eine Steigerung unserer Mieteinnahmen um circa 4 Prozent gegenüber dem Geschäftsjahr 2022 in Aussicht gestellt, und bislang gehen wir davon aus, dass wir diese Prognose erfüllen werden.
Ihre Mieter aus dem Einzelhandel haben durchschnittliche Vertragslaufzeiten von über zehn Jahren. Liegt es daran, dass COOP und Migros ihre grössten Mieter sind?
Es ist richtig, dass Coop und Migros die Hauptmieter im Sektor Detailhandel sind. Wo immer möglich, versuchen wir, unsere Mieteinnahmen langfristig zu sichern. Zu den verschiedenen Faktoren, die unser langfristiges WAULT (gewichtete durchschnittliche Restlaufzeit der Mietverträge) beeinflussen, gehören auch diese beiden Ankermieter. Aber wir verfügen zudem über diverse andere kleinere Mietverträge, die für mehr als 10 Jahre abgeschlossen wurden.
Mit dem Projekt PULSE in Cheseaux-sur-Lausanne wollen Sie bis 2025 43’000 Quadratmeter umbaute Nutzfläche für das «Health Valley» schaffen mit Solarstrom und Geothermie. Sind solche Projekte mit öffentlichem Interesse die dankbarsten?
Die Gespräche, die wir mit potenziellen zukünftigen Mietern führen, bestätigen uns, dass diese Art von Projekt für unterschiedliche Industriezweige einzigartig ist, insbesondere aber für den Life-Science-Sektor. PULSE ist ein verdichtetes gewerbliches Konzept. Das Gebäude bietet überaus grosse technische Flexibilität wie beispielsweise hohe Decken, grosse Bodennutzlasten, grosszügig dimensionierte vertikale Kanäle für eine leistungsstarke Raumbelüftung, hohe Elektrizitätskapazität und vieles mehr. Das dort arbeitende Personal profitiert von zusätzlichen Angeboten, wie einer Kinderkrippe, einem Restaurant oder einem Fitnesscenter.
«PULSE ist sowohl ökologisch wie auch sozial äusserst nachhaltig.»
Zudem wird das Gebäude äusserst energieeffizient gestaltet, auch unter Miteinbezug umweltfreundlicher Energiequellen wie Photovoltaikanlagen und geothermischer Energie. Wir erwarten, dass diese Schritte uns helfen werden, sowohl Minergie- als auch BREEAM-Zertifikate zu erlangen, was für die Vermarktung des Gebäudes ebenfalls wichtig sein wird. Sie sehen, PULSE ist sowohl ökologisch wie auch sozial äusserst nachhaltig.
Sie sind seit 15 Jahren CEO von EPIC. Sie starteten somit nach der Finanz- und Wirtschaftskrise durch. Was folgt daraus?
Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, meine Erfahrungen weiter zu vertiefen und an sehr spannenden Projekten zu arbeiten. Seit meinem Eintritt in das Unternehmen im Jahr 2008 ist es uns gelungen, die Anzahl unserer Immobilien, unsere Mieteinnahmen und unsere Gewinne deutlich zu steigern. Zudem konnten wir den WAULT der bestehenden Einkaufszentren in unserem Portfolio weiter ausbauen und einige grosse Blue-Chip-Unternehmen für unser Portfolio gewinnen, wie beispielweise Incyte, Hitachi Zosen Inova, Digitec Galaxus, ING Bank, für die wir deren europäischen beziehungsweise schweizerischen Hauptsitz entwickelt haben, oder das CHUV (Centre Hospitalier Universitaire Vaudois), das zu einem unserer Top-5-Mieter wurde.
Was nimmt man da als Lehre mit in die Zukunft?
Hier sind einige der Erkenntnisse, die ich, seit ich für EPIC Suisse tätig bin, für die Zukunft mitnehme. Erstens ist die Qualität unserer Immobilienanlagen für uns sehr wichtig und wird auch in Zukunft wichtig bleiben. Wir wollen, dass unsere Mieter das Gefühl haben, dass sie die richtige Wahl getroffen haben, wenn sie ihre Unternehmen in unseren Gebäuden positionieren, und das ist nur mit hochwertigen und nachhaltigen Gebäuden möglich. Auch die Beziehungen zu allen unseren Stakeholdern wie Mieter, Lieferanten, Finanzinstitute, Investoren, Behörden und unsere Mitarbeitenden ist uns sehr wichtig. Ich bin überzeugt, dass wir uns einen vertrauenswürdigen Ruf erarbeitet haben, und für mich ist es entscheidend, diesen auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Und nicht zuletzt sind noch die ESG-Parameter zu nennen. Ich bin stolz auf die Schritte, die wir in den letzten Jahren unternommen haben, um unsere ESG-Verpflichtung und unser ESG-Engagement auf allen Ebenen zu verbessern. ESG wird auch in Zukunft ein Fokus in unseren Aktivitäten bleiben.
Der Schweizer Immobilienmarkt gilt weithin und weiterhin als robust. Wo müssen wir dennoch aufpassen?
Auch aus meiner Sicht ist der Schweizer Immobilienmarkt im Allgemeinen sehr robust, was sicher auch an der Schweizer Wirtschaft liegt, die weiterhin stark und attraktiv ist. Die Herausforderungen werden darin bestehen trotz steigender Baukosten den Aspekt der Nachhaltigkeit ganzheitlich und konsequent umzusetzen. Hierfür sind insbesondere Strategien der gewerblichen Verdichtung wesentlich.
Gewinne aus Immobilienverkäufen werden weniger besteuert, je länger man sie hält. Ist das der Hauptgrund für die in den EPIC-Statuten verankerte Buy-Build-Hold-Strategie?
Es ist richtig, dass sich die Immobiliengewinnsteuersätze – relevant für Unternehmen mit Immobilien in monistischen Kantonen – verringern, je länger man die Vermögenswerte hält. Aber das ist nicht der Grund für unsere Buy-Build-Hold-Strategie. Wir sind davon überzeugt, dass es sinnvoll ist Immobilien langfristig zu halten, denn dadurch bringen sie dem Unternehmen und unseren Aktionären über viele Jahre hinweg wiederkehrende und stabile Erträge ein. Wir sehen die Schweiz als einen sehr attraktiven Markt, aber der Zugang zu Grundstücken ist restriktiver geworden. Wir bewirtschaften unsere Immobilien daher auch proaktiv durch Entwicklungen, Sanierungen, die Pflege von Mieterbeziehungen und so weiter und glauben, dass dies langfristig einen klaren Mehrwert für unser Portfolio schafft.