Bill Gates, stellvertretender Vorsitzernder Bill & Melinda Gates-Stiftung.
Cannes – In einem Bericht zum Thema Finanzierung von Entwicklungsprojekten rief Bill Gates, der stellvertretende Vorsitzende der Bill & Melinda Gates-Stiftung, Führungskräfte auf dem G20-Gipfel dazu auf, sich für eine Vergrösserung des Ressourcenpools für Entwicklungsprojekte einzusetzen. Andernfalls könne die Existenzgrundlage von Millionen der ärmsten Menschen unserer Welt irreparable Schäden nehmen. Der Grundgedanke hinter diesen Empfehlungen beruht auf der Idee, dass Innovationen die Tragweite von Entwicklungsressourcen vervielfachen können.
Der Gates-Bericht «Innovation with Impact: Financing 21st Century Development» (z. Dt: Wirkungsvolle Innovationen: Die Finanzierung der Entwicklungshilfe im 21. Jahrhundert) wurde den Staats- und Regierungschefs in Cannes (Frankreich) vorgelegt, nachdem der G20-Vorsitzende und französische Präsident Nicolas Sarkozy persönlich darum gebeten hatte. «Führungskompetenz zu demonstrieren ist für die G20 von entscheidender Bedeutung, insbesondere in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit. Auf den beispiellosen Fortschritten im Gesundheitswesen und der Entwicklungshilfe, die im vergangenen Jahrzehnt erzielt wurden, müssen wir weiter aufbauen», so Gates. «In den kommenden Jahrzehnten müssen wir noch grössere Fortschritte erzielen, um die Lebensumstände der ärmsten Menschen der Welt weiter verbessern zu können.»
Zusagen in Entwicklungshilfe nachkommen
In seinem Bericht unterstrich Gates die Notwendigkeit für reiche Länder, sich weiter selbstlos zu zeigen und ihren Zusagen in der Entwicklungshilfe nachzukommen. Diese würden im Allgemeinen etwa ein bis zwei Prozent des gesamten Budgets einer Regierung ausmachen. Gleichzeitig müsse jedoch sichergestellt werden, dass Hilfsmittel auch effektiv eingesetzt werden, insbesondere im Gesundheitswesen und der Agrarindustrie. «Wenn die Länder ihre gemachten Versprechen auch einhalten, wird dies ab 2015 für zusätzliche Mittel im Umfang von 80 Milliarden USD jährlich sorgen», ergänzte Gates. «Gut durchdachte Entwicklungshilfe kann jetzt und hier zum Kampf gegen die Armut beitragen und den Fortschritt in armen Ländern beschleunigen – bis zu dem Punkt, an dem keine weitere Entwicklungshilfe mehr nötig ist.»
Austausch von Innovationen unter Schwellenländer
Ausser über die Verantwortlichkeit der reichen Länder sprach Gates auch über die Rolle von aufstrebenden Wirtschaftsräumen, die im Hinblick auf weitere Fortschritte in der Entwicklungshilfe innerhalb der G20 eine immer grössere Rolle spielen. In seinem Bericht macht er gezielte Vorschläge, um den Austausch von Innovationen innerhalb dieser Länder zu beschleunigen – insbesondere im Gesundheitswesen und der Agrarindustrie wie beispielsweise in Bezug auf Impfstoffe und Saatgut. Nur so werden sich die Lebensumstände der armen Menschen in Afrika und anderswo irgendwann ändern. «Im vergangenen Jahrzehnt wurden Länder wie China, Brasilien, Mexiko, Indonesien und die Türkei Zeuge von steigenden Wachstumsraten und rasant fallenden Armutsraten. Dies zeigt beispielhaft, was wir gemeinsam bewegen und erreichen können», so Gates.
Möglichkeit einer «Dreiecksbeziehung» nutzen
Ausserdem bemerkte er, dass diese Länder dank ihrer kürzlich gesammelten Erfahrungen im Kampf gegen die Armut und aufgrund ihrer enormen technischen Kapazität einzigartige Einblicke und Fähigkeiten mitbringen würden, die man zur Ausarbeitung bahnbrechender neuer Verfahren für die Entwicklungshilfe nutzen könne. «Die Möglichkeit einer ‹Dreiecksbeziehung› zwischen rasant wachsenden Schwellenländern, den traditionellen Geberländern und wirklich armen Ländern fasziniert mich, weil sie dazu beitragen kann, die komparativen Vorteile verschiedener Länder gezielt zu nutzen», erklärte Gates in seinem Bericht.
Neue Partnerschaften
In der vergangenen Woche kündigte die Gates-Stiftung zwei neue Partnerschaften an. Zunächst wurde eine erste Partnerschaft mit Brasilien zum Austausch von Fachwissen in den Bereichen Agrarwirtschaft, Familiengesundheit und Impfstoffe mit afrikanischen Ländern eingegangen. Hinzu kommt eine weitere Partnerschaft mit dem chinesischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie sowie mit chinesischen Unternehmen, wobei Unterstützungsleistungen für innovative Forschung und Entwicklung und die Herstellung neuer Produkte für das globale Gesundheitswesen und die Agrarwirtschaft im Mittelpunkt stehen.
Eigene Ressourcen maximieren
Ausserdem enthält der Gates-Bericht Einzelheiten zu einer Partnerschaft zwischen Brasilien, Japan und Mosambik. In diesem Rahmen soll Mosambik beim Anbau von Sojabohnen, Reis und sonstigen Kulturpflanzen in Mosambiks Savanne geholfen werden. Klima und Bodenverhältnisse ähneln den örtlichen Gegebenheiten in Brasiliens «Cerrado». Japan unterstützt Mosambik bei der Modernisierung seiner Infrastruktur. Gates betont ausdrücklich, dass in zahlreichen armen Ländern erhebliche Wachstumswerte verzeichnet wurden, darunter auch in Schwarzafrika. «Die inländischen Ressourcen von Entwicklungsländern werden letztlich die grösste Finanzierungsquelle für Entwicklungsprojekte sein», so Gates, der der G20 gezielte Massnahmen empfiehlt, um arme Länder bei der Maximierung ihrer eigenen Ressourcen und somit im Kampf gegen die Armut zu unterstützen.
Gezieltere Ausrichtung der Auslandshilfe
Zu den angesprochenen Ideen zählt beispielsweise die gezielte Ausrichtung der Auslandshilfe, um Entwicklungsländer bei der Erzielung von Steuerumsätzen zu unterstützen. Auf Grundlage des derzeitigen BIP könnten sich aus dieser Massnahme etwa 20 Milliarden USD jährlich ergeben. Hinzu kommen erhöhte Anforderungen bezüglich der Transparenz für Bergbau- und Erdölunternehmen. Gates ruft arme Länder dazu auf, ihre Ressourcen prioritär zuzuteilen und sie zur gezielten Förderung von armen Menschen, dem Gesundheitswesen und der Agrarwirtschaft zu nutzen. Afrikanische Staatsoberhäupter forderte er dazu auf, ihren Versprechungen in der Erklärung von Abuja folge zu leisten und mindestens 15 Prozent ihrer Staatsbudgets zur Verbesserung des Gesundheitswesens einzusetzen. Die Erklärung von Maputo, derzufolge 10 Prozent des Staatsbudgets in die Agrarwirtschaft fliessen sollen, sei ebenfalls einzuhalten.
Innovative Verfahren umsetzen
Der für die Führungskräfte der G20 bestimmte Bericht ruft ausserdem zur Umsetzung innovativer Verfahren auf, mit deren Hilfe Finanzmittel aus dem privaten Sektor beschafft werden können. Dabei soll das Wachstum im privaten Sektor gezielt gefördert werden, um auf diese Weise Mittel für Entwicklungszwecke zu beschaffen. Zu den gemachten Empfehlungen zählt beispielsweise die Nutzung staatlicher Investitionsfonds für Infrastrukturinvestitionen in armen Ländern, die Beibehaltung niedriger Überweisungs- und Transaktionskosten in Diasporagemeinschaften sowie die Nutzung von bestimmten Pull-Mechanismen in der Agrarwirtschaft, um Innovationen im Bereich der Landwirtschaftstechnologie zu fördern.
Neue Finanzierungsströme
In seinem Bericht bestimmt Gates ausserdem neue Finanzierungsströme auf Grundlage eines prozentualen Anteils an der Finanztransaktionssteuer, am Solidarbeitrag aus der Tabaksteuer sowie an den Steuern für Luftfahrt- und Bunkerkraftstoffe. Diese sollen zukünftig zur Finanzierung der Entwicklungshilfe und im Kampf gegen den Klimawechsel eingesetzt werden. «Dank ihrer Vielfalt und Dynamik ist die G20 eine wegweisende Institution, die Ressourcen, innovative Ideen und Führungskompetenz vereint und in der neuen Welt der Entwicklungshilfe eine noch grössere Wirkung erzielen kann», so Gates. «Sollte die G20 diese Herausforderung meistern, bin ich davon überzeugt, dass wir die Wirtschaftskrise nicht nur überstehen werden, sondern gleichzeitig viele Millionen Menschenleben retten und viele weitere Millionen Menschen aus der Armutsfalle befreien können.» (Gates Foundation/mc/ps)
Der vollständige Bericht kann hier abgerufen werden: http://www.thegatesnotes.com/G20
Ein Nachrichtenpaket mit Multimediainhalten, inklusive Videoaufnahmen von Bill Gates, finden Sie hier: http://www.gatesfoundation.org/press-room/Pages/news-market.aspx
Über die Bill & Melinda Gates-Stiftung
Geleitet von der Überzeugung, dass alle Menschen gleich wertvoll sind, setzt sich die Bill & Melinda Gates-Stiftung dafür ein, dass alle Menschen gesund und produktiv leben können. In Entwicklungsländern konzentriert sie sich auf die Verbesserung der Gesundheit der Menschen und bietet ihnen eine Chance, sich selbst aus dem Teufelskreis von Hunger und extremster Armut zu befreien. In den Vereinigten Staaten versucht sie dafür zu sorgen, dass alle Menschen – insbesondere jene mit den geringsten Möglichkeiten – die gleichen Voraussetzungen haben, um in der Schule und im Leben erfolgreich sein zu können. Die Stiftung hat ihren Sitz in Seattle im US-Bundesstaat Washington und wird von CEO Jeff Raikes sowie dem Ko-Vorsitzenden William H. Gates Sr. unter der Leitung von Bill und Melinda Gates sowie Warren Buffett geführt.