Von Artur P. Schmidt
Die Auswirkungen des Hochfrequenz-Handels
Hochfrequenz-Handel (High Frequency Trading – HFT) ist die Verwendung von fortschrittlichen technologischen Werkzeugen und Computer-Algorithmen, um Wertpapiere so schnell wie möglich zu handeln. High-Frequency Trading begann im Jahr 1999, nachdem die US-Börsenaufsicht SEC im Jahr 1998 elektronischen Börsen erlaubte. Banken, die grössten Akteure auf den Finanzmärkten, haben den Hochfrequenz-Handel immer weiter forciert. Mit immer schnelleren Computern traden die Banken gegen alles und jeden, sogar gegen ihre eigenen Kunden.
Bits make bucks
Die Verschlechterung der Performance der Hedge-Fonds der letzten Jahre ist auch eine Folge des immer schnelleren Handels, insbesondere wenn sie über weniger Computerpower verfügen als die grossen Spieler. Es scheint fast so, dass die Banken wie Terminatoren agieren, bei denen die Maschinen die Macht übernommen haben. Der Hochfrequenz Handel von Investmentbanken, Hedge-Fonds und anderen Akteuren macht heute etwa 70 bis 75% aller Transaktionen in US-Aktien aus. Es scheint an der Zeit, dass dieses Betrugssystem eingeschränkt wird. Das «Wall Street‘s qet rich quick»-Syndrom schadet dem normalen Anleger, weil er nicht in einem Hochgeschwindigkeits-Umfeld konkurrieren kann. Das Liquiditäts-Argument, welches angeblich für den Hochfrequenz-Handel spricht, ist fraglich. Wenn bei den vielen Trades gleichzeitig Kaufs- und Verkaufsorder vom selben Trader eingehen, heisst dies nicht, dass hier ein Abschluss stattfindet. Vielmehr hat es eher den Anschein, dass hier ein computerbasierter Finanzkrieg durchgeführt wird.
Im Rausch der Geschwindigkeit
Der Handel mit Lichtgeschwindigkeit birgt grosse Gefahren in einer immer weiter vernetzten Gesellschaft. Je mehr der Computer die Regie übernimmt, desto grösser wird das Risiko von weiteren schwarzen Tagen wie dem Börsencrash von 1987. Es wird immer deutlicher, dass High Frequency Trading die Märkte manipuliert und zu einer Situation führen kann, in denen die Situation sogar ausser Kontrolle geraten kann. Der Handel wird immer schneller, so dass die grossen Spieler sogar ihre Serverfarmen in der Nähe oder unterhalb der Börse platzieren, um noch schneller ihre Transaktionen über die schnellsten Kabelverbindungen ausführen zu können. Der sogenannte Flash Crash vom 6. Mai 2010 hat gezeigt, wie leicht Dinge ausser Kontrolle geraten können. An diesem Tag stürzte der Dow Jones Industrial Average um 2.45 Uhr um etwa 1’000 Punkte (ca. 9%) ab und erholte sich von diesen Verlusten wieder innerhalb weniger Minuten. Wenn das Rad sich immer schneller dreht, besteht die Gefahr, dass eine globale Krise innerhalb von Millisekunden entstehen kann. Es scheint, dass ein Verbot des Hochfrequenz-Handels notwendiger ist als je zuvor, um dieses Risiko zu reduzieren und wieder allen Marktteilnehmern die gleichen Chancen einzuräumen. Unterschiede in der Übertragungstechnik oder der Abstand zwischen Handelsplätzen (Chicago und New York sind 720 Meilen voneinander entfernt) können heute über Millionen Dollar Gewinn oder Verlust entscheiden. Selbst die meisten Hedge-Fonds können nicht mehr mit den superschnellen Computern der grossen Finanzfirmen mithalten.
Super-Crash ante portas?
Im heutigen Umfeld ist die Manipulation der Märkte der dominierende Trend. Hochfrequenz-Tradingsysteme geben Kauf-oder Verkaufsaufträge heraus, die in Millisekunden wieder zurückgezogen werden – nur um zu testen, wer bereit ist zu bestimmten Preisen zu handeln. Der beste Weg, diese Praktiken zu beschreiben, ist Front-Running. Die Finanzaufsichtsbehörde SEC hat bisher nichts getan, um diese Manipulation zu stoppen. Untätigkeit und Verzögerung ist momentan der modus operandi für den Umgang mit diesem komplexen Finanzbetrug. Eine Studie der Chicago Fed zeigt, wie Flash-Trading-Roboter mittlerweile die Kontrolle der Finanzmärkte übernommen haben. Die Studie zeigt aber auch, dass die High-Speed-Tradingfirmen mehr und mehr die Kontrolle über ihre eigenen Roboter verlieren. Out-of-Control-Algorithmen treten immer häufiger auf, weshalb das Risiko eines Black Day mit 40% oder mehr Tagesverlust deutlich zugenommen hat. Es ist sehr gefährlich, wenn zwei Drittel der Eigenhandelsunternehmen und der Börsen einen oder mehrere fehlerhafte Algorithmen haben. Wie will eine Aufsichtsbehörde Algorithmen kontrollieren, wenn diese nicht einmal durch die Besitzer der Maschinen kontrolliert werden können? Die Wahrscheinlichkeit von noch mehr Flash-Crashes und dem ultimative Black Day Flash Crash ist nicht von der Hand zu weisen. Während Blasen an den Finanzmärkten im Voraus zu erkennen sind, kommen computer-basierte Kursstürze aus heiterem Himmel, ebenso wie sogenannte Killerwellen in den Weltmeeren.
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Über Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com, www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH. Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.