Aufschwung in Europa und den USA: Top-Konzerne verdienen mehr

Apple

Apple Store an der 5th Avenue in New York. (Foto: Apple)

Apple bleibt gewinnstärkstes Unternehmen dies- und jenseits des Atlantiks: Apple Store in der 5th Avenue in New York. (Foto: Apple)

Zürich – Während Energie- und Rohstoffkonzerne im ersten Halbjahr weltweit erhebliche Umsatzeinbussen hinnehmen mussten, erzielte das Gros der europäischen und US-amerikanischen Konzerne im bisherigen Jahresverlauf ein beachtliches Umsatzplus. Dabei schafften Europas Top-Konzerne im Wettbewerb mit ihren US-Konkurrenten sogar die Trendwende: Die umsatzstärksten europäischen Konzerne erzielten ein Umsatzwachstum von 6,0 Prozent, während die US-Konzerne «nur» um 3,2 Prozent wuchsen. Und während in Europa drei von vier Unternehmen den Umsatz steigern konnten, lag der Anteil der Unternehmen mit positiver Umsatzentwicklung in den USA nur bei 58 Prozent.

Zudem schnitten in 14 von insgesamt 16 Branchen die europäischen Konzerne bei der Umsatzentwicklung besser ab als ihre jeweiligen US-Konkurrenten – nur in zwei Branchen hatten US-Konzerne die Nase vorn (Handel und Bergbau). Dies- und jenseits des Atlantiks war der Gesundheitssektor (Klinik- und Laborbetreiber, Pharmahandel) die am stärksten wachsende Branche (plus 16 Prozent in Europa, plus 13 Prozent in den USA).

Beim Gewinn und der Profitabilität liegen allerdings weiterhin die US-Konzerne deutlich vorn: Während die umsatzstärksten europäischen Unternehmen – abermals ohne Öl- und Rohstoffkonzerne – ihren operativen Gewinn um 1,7 Prozent steigern konnten, legten die US-Konzerne um starke 6,2 Prozent zu. Ohnehin wirtschaften die US-Konzerne deutlich profitabler als ihre europäischen Konkurrenten: In Europa ging die Marge im ersten Halbjahr von 9,7 auf 9,3 Prozent zurück, die US-Konzerne konnten ihre Marge hingegen von 12,4 auf 12,7 Prozent steigern.

Das mit grossem Abstand gewinnstärkste Unternehmen dies- und jenseits des Atlantiks ist weiterhin ein US-Konzern: Der Technologieriese Apple erzielte im ersten Halbjahr einen operativen Gewinn von umgerechnet 38,1 Milliarden Euro – das ist mehr, als die fünf gewinnstärksten europäischen Unternehmen zusammen erwirtschaften.

Dies sind Ergebnisse einer Studie von EY, für die Bilanzzahlen der jeweils 300 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen in Europa und den USA (ohne Banken und Versicherungen) im ersten Halbjahr 2015 analysiert wurden.

Markus Thomas Schweizer, Managing Partner des Bereichs Advisory bei EY Deutschland, Schweiz und Österreich, kommentiert: «Noch im letzten Jahr waren in Europa die Gewinne bei stagnierendem Umsatz deutlich gesunken. Nun geht es bei Umsatz und Gewinn endlich wieder aufwärts, allerdings nicht überall, notabene in der Schweiz.»

Hauptgrund für die partiell gute Entwicklung sei allerdings der schwache Euro: Stark internationalisierte Unternehmen aus der Eurozone, die einen erheblichen Anteil ihres Umsatzes im aussereuropäischen Ausland erwirtschaften, profitieren derzeit erheblich von positiven Währungseffekten. Im zweiten Quartal dieses Jahres lag der Eurokurs etwa im Vergleich zum US-Dollar knapp 20 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Der starke Wertverlust des Euro lässt im Ausland erzielte Einnahmen bei der Umrechnung in die europäische Gemeinschaftswährung wachsen – wovon vor allem stark internationalisierte Unternehmen profitieren, die erhebliche Umsätze ausserhalb des Euroraums erwirtschaften.

Schweizer Konzerne mit Umsatz- und Margenrückgang
Für die grossen Schweizer Konzerne ging es im europäischen Ranking im ersten Halbjahr mehrheitlich nach unten: Glencore fiel im ersten Halbjahr im Umsatzranking vom dritten auf den vierten Platz (hinter BP), Nestlé von 12 auf 13. Roche hielt sich auf Platz 36, Novartis rutschte dagegen von 30 auf 37 und ABB von 50 auf 59. Adecco machte Boden gut und verbesserte sich vom 90. auf den 85. Rang. Insgesamt finden sich unter den 300 umsatzstärksten Konzernen Europas aktuell 22 Unternehmen aus der Schweiz – im Vorjahr waren es 23.

Der Gesamtumsatz der Schweizer Unternehmen im Top-300-Ranking entwickelte sich im Vergleich zum Vorjahr um etwa 10 Prozent nach unten, davon ist ein Grossteil auf den Umsatzrückgang bei Glencore zurückzuführen. Aber auch die EBIT-Margen in der Schweiz waren rückläufig: Sie betrugen 10,9 Prozent versus 11,5 Prozent im Vorjahr.

Markus Thomas Schweizer gibt zu bedenken: «Die Schweiz spürt den Frankenschock und die entsprechenden Unternehmen natürlich auch die Einbrüche am Rohstoffmarkt. Für den Euroraum trifft währungsseitig das Gegenteil zu. Die positive Entwicklung vieler deutscher Konzerne zum Beispiel ist weniger auf einen weltweiten Nachfrageboom nach Produkten ‹Made in Germany› zurückzuführen. Vielmehr ist sie grossenteils Wechselkurseffekten zu verdanken: Der schwache Euro lässt die Umsatzentwicklung ausserhalb Europas besser aussehen, als sie tatsächlich ist.» Nach EY-Berechnungen brachten Währungseffekte allein den DAX-30-Konzernen im ersten Halbjahr einen Umsatzschub von mindestens 37 Milliarden Euro.

«Ab dem kommenden Jahr werden die Unternehmen dann aber wohl ohne diesen zusätzlichen Umsatzturbo auskommen müssen», warnt Schweizer. «Und dann wird sich zeigen, ob sie auch aus eigener Kraft Wachstum generieren können. Gut möglich, dass sich dann der aktuelle Aufwärtstrend als Strohfeuer erweist.» Schweizer rät den Unternehmen, die günstigen Rahmenbedingungen zu nutzen, um ihre Profitabilität nachhaltig zu steigern und endlich der US-Konkurrenz in Sachen Profitabilität Paroli bieten zu können. Vor allem aber sollten sie auf Sicht fahren – denn Volatilität ist die neue Normalität. «Die Wechselkursgewinne von heute können die Wechselkursverluste von morgen sein. Darauf müssen sich die Unternehmen vorbereiten.»

Umsatz und Gewinnrückgang der Öl- und Rohstoffunternehmen trüben das Gesamtbild
Während sowohl in Europa als auch in den USA die meisten Branchen eine positive Umsatzentwicklung verzeichneten, erlebten die Öl- und Gasbranche sowie Rohstoff- bzw. Bergbauunternehmen einen Umsatz- und Gewinneinbruch: So sanken die Umsätze der europäischen Rohstoff- und Bergbaukonzerne um 13 Prozent, die Umsätze der US-Wettbewerber sanken um 11 Prozent. Bei den Ölkonzernen lag der Umsatzrückgang sogar bei 31 Prozent (Europa) bzw. 33 Prozent (USA).

Schweizer betont: «Für die Industrieländer bedeutet der niedrige Ölpreis einen willkommenen Konjunkturschub, die hiesigen Unternehmen profitieren von niedrigeren Energiekosten und der gestiegenen Kaufkraft der Verbraucher. Aber es gibt auch Verlierer: Ölproduzenten – Unternehmen wie Länder – leiden massiv unter dem niedrigen Preisniveau.»

Hinzu komme der vor allem von China ausgehende Einbruch der Nachfrage nach sonstigen Rohstoffen wie Kupfer, Silber, Aluminium oder Kohle. «Einigen Schwellenländern droht eine Abwärtsspirale: Fallende Preise stürzen die grossen Rohstofflieferanten in die Krise, Kapital fliesst aus den Schwellenländern ab, die Wachstumsaussichten trüben sich ein, die Nachfrage fällt weiter.»

Die Konjunkturentwicklung in den Schwellenländern gebe daher Anlass zur Sorge, so Schweizer: «Die Schwellenländer entwickeln sich derzeit von Hoffnungsträgern zu Sorgenkindern. Russland und Brasilien sind längst Krisenfälle, und auch die Entwicklung in China bereitet zunehmend Sorge. Die wirtschaftliche Dynamik in China leidet unter der Immobilienblase und dem Aktienmarktcrash. Das werden viele Unternehmen, die dort stark en-gagiert sind, schmerzlich spüren.» Chinas schwaches Wachstum führe zudem zu sinkenden Wachstumsraten auch in anderen asiatischen Ländern, so Schweizer. «Die Schwellenländer fallen als Wachstumsmotor der Weltwirtschaft vorerst aus.»  (EY/mc/ps)

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