Barings: Was treibt die Kreditmärkte in 2022?

Barings: Was treibt die Kreditmärkte in 2022?
Von Martin Horne, Head of Global Public Fixed Income und Omotunde Lawal, Head of Emerging Markets Corporate Debt bei Barings. (Bilder: zvg)

Die Kreditmarktexperten von Barings erörtern Zukunftsaussichten diverser Anlageklassen. Welche Risiken und Chancen birgt die Zukunft?

Im kommenden Jahr dürften Inflation und Zinsen wohl die Dynamik bestimmen. Was bedeutet das für die Fundamentaldaten der Unternehmen?
Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern sind auf dem Weg ins Jahr 2022 offenbar recht gut aufgestellt und werden durch die anhaltende Wiederbelebung der Volkswirtschaften und weitgehend erfolgreiche Einführung von Impfstoffen auf der ganzen Welt gestützt. Auch die Erträge haben sich durchweg verbessert, zudem werden Zahlungsausfälle voraussichtlich gering bleiben. Dennoch herrschen angesichts steigender Rohstoffkosten und angebotsseitiger Beeinträchtigungen weiterhin Bedenken über inflationäre Tendenzen. Viele Unternehmen konnten höhere Kosten an Verbraucher weitergeben, dennoch werden die längerfristigen Folgen von Problemen in den Lieferketten noch einige Zeit zu spüren sein – auch haben wir wahrscheinlich noch nicht die vollen Auswirkungen der Lohninflation verzeichnet. Diese Faktoren werfen die Frage auf, wie stark die Margen durch den anhaltenden Inflationsdruck in Zukunft eingetrübt werden könnten. Positiv war zu vermerken, dass insbesondere Unternehmen aus Schwellenländern in den Jahren 2020 und 2021 umfangreiche Refinanzierungsmassnahmen ergriffen haben. So haben sich zahlreiche Unternehmen niedrigere Finanzierungskosten gesichert und verfügen nun über einen grösseren Puffer gegen diesen Druck. Das wiederum dürfte die Stabilität der Fundamentaldaten dieser Unternehmen fördern.

Wie sehr sorgen Sie sich über höhere Zinsen mit Blick auf die Rentenmärkte?
Seit der globalen Finanzkrise sind Zentralbanker darauf bedacht, übermässig gegenüber den Märkten zu kommunizieren. Genau das erleben wir auch heute. Das lässt den Schluss zu, dass bevorstehende Zinserhöhungen weit im Vorfeld angekündigt werden, und sorgt für weniger Überraschung auf den Märkten. Dennoch werden die Zinsen irgendwann steigen. Während dies für einige Fixed-Income-Anlageklassen eine Herausforderung sein wird, können andere Schutz gegen eintretende Zinsschwankungen bieten. Ein Beispiel sind Investment-Grade-Strategien mit kürzerer Duration sowie Hochzinsanleihen, die im Vergleich zu einigen traditionellen Rentenprodukten eine kürzere Duration aufweisen. Darüber hinaus kann es Vorteile bringen, Anlageklassen mit variabler Verzinsung wie CLOs, öffentliche und direkte Darlehen sowie bestimmte verbriefte Instrumente in Betracht zu ziehen.

Quelle: Bloomberg Barclays Research. Stand: Februar 2021.

China hat in letzter Zeit die Schlagzeilen beherrscht. Halten Sie eine Ansteckung der Industrieländer für möglich?
China war sicherlich einer der Märkte, die das Geschehen des Jahres 2021 mit am stärksten bestimmt haben. Grund dafür war die Einführung weitreichender regulatorischer Änderungen in Bereichen wie Immobilien, Technologie und Bildung durch die chinesische Regierung. Diese Massnahmen haben zwar zu erheblicher Volatilität und einer Ausweitung der Spreads geführt, dennoch halten wir die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung ausserhalb Chinas für sehr gering. Zum einen muss es einen grenzüberschreitenden Mechanismus geben, damit es zu einer Ansteckung kommt. Ein Beispiel ist der Immobiliensektor, wo die meisten Kredite von chinesischen Banken und nicht von internationalen Banken vergeben werden. Darüber hinaus gibt es nur sehr wenige internationale Anleger, die bei chinesischen Immobilienanleihen engagiert sind, was darauf hindeutet, dass die Volatilität und die Verluste innerhalb des Sektors nicht unbedingt zu Abflüssen oder zu einer Ansteckung ausserhalb der Region führen werden. Insbesondere für den Markt für Unternehmensanleihen aus Schwellenländern besteht jedoch eines der grössten Risiken darin, dass die chinesische Regierung mit ihren regulatorischen Änderungen zu weit geht und damit eine deutliche Abkühlung der chinesischen Wirtschaft auslöst – was erheblichen Gegenwind für die gesamte Anlageklasse der Schwellenländer erzeugen könnte.

Wie verändern ESG-Aspekte die Branche heute? Wie beeinflussen sie die Investitionen Ihrer Fixed-Income-Teams?
Emittenten festverzinslicher Wertpapiere haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, doch es gibt noch viel zu tun. Insbesondere Daten und Offenlegungen, darunter auch die Abdeckung durch Drittanbieter, können auf dem Markt recht begrenzt sein. Auf dem europäischen Loan-Markt veröffentlichen beispielsweise nur etwa 20 % der Unternehmen transparente CO2-Daten. Da der Klimawandel jedoch die Gespräche und die Regierungspolitik überall auf der Welt beeinflusst, üben Anleger zunehmend Druck auf Manager aus, die Auswirkungen ihrer Portfolios bezüglich CO2-Emissionen zu quantifizieren und letztendlich zu reduzieren. Als Folge zielen einige laufende Brancheninitiativen darauf ab, die Anlegern zur Verfügung stehenden Daten zu verbessern. Zugleich erkennen viele Unternehmen allmählich, dass ein stärkeres ESG-Profil zu günstigeren Finanzierungskosten führen kann. Das wiederum regt an, bessere Daten und Offenlegungen über ESG-Themen bereitzustellen. Wir rechnen im kommenden Jahr mit einer weiteren Verstärkung dieser Bemühungen.

Wo sehen Sie die attraktivsten Chancen für 2022?
Je nach den Risiko-Rendite-Zielen eines Anlegers steht eine Vielzahl von Kreditanlageklassen zur Auswahl. Manche könnten liquide Darlehen als attraktiv erachten, da sie in der Regel recht stabil sind und nach grossen Marktereignissen normalerweise ziemlich schnell wieder ihren Nennwert erreichen. Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sind eine weitere Anlagemöglichkeit. Vor allem im High-Yield-Segment des Markts entstehen derzeit immer wieder neue Chancen durch Schwankungen in Ländern wie Brasilien, der Ukraine und der Türkei. Häufig führen diese Volatilitätsphasen dazu, dass sich die Spreads von Unternehmen stärker ausweiten, als es die Fundamentaldaten vermuten lassen würden – und bieten so die Möglichkeit, solide, global diversifizierte Emittenten zu attraktiven Preisen zu identifizieren.

Allerdings bieten auch flexible Mandate Vorteile. Denn wir konnten immer wieder beobachten, dass sich die Chancen innerhalb von Kreditanlageklassen bisweilen sehr rasch verschieben. Das unterstreicht die Bedeutung von Investitionen mit einem Manager, der Ereignisse in Echtzeit verfolgen und Gelegenheiten dynamisch wahrnehmen kann, sobald sich diese bieten – im Jahr 2022 und auch darüber hinaus. (Barings/mc/ps)

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