Wien – Der Brexit-Chefunterhändler der Europäischen Union, Michel Barnier, sieht in den Gesprächen mit London die «heikelsten Themen» noch offen. Man müsse sich darauf vorbereiten, dass es zu keiner Einigung mit den Briten kommt, sagte Barnier laut einer Aussendung der Parlamentskorrespondenz am Montagnachmittag bei einem Treffen mit Vertretern der fünf Nationalratsparteien in Wien.
«Ihre Ratspräsidentschaft ist entscheidend», sagte Barnier mit Blick auf den österreichischen EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr. Komme es in den Streitfragen wie dem Binnenmarkt oder Nordirland zu Fortschritten, könnten die Austrittsverhandlungen wie geplant im Oktober abgeschlossen werden. «Aber es gibt immer ein Risiko.» Die EU-Kommission habe daher schon ein «Notfallszenario» vorbereitet, um einen geordneten Austritt ohne vorherige Vereinbarung zu schaffen.
Nationale Parlamente behalten Vetorecht auch bei Gestaltung der Post-Bexit-Beziehungen
Barnier machte auch klar, dass die nationalen Parlamente bei der Gestaltung der Post-Brexit-Beziehungen zwischen Brüssel und London ein Vetorecht haben werden. Die Ausgestaltung der gemeinsamen Zukunft zwischen der EU und Grossbritannien werde über «gemischte Verträge» erfolgen, weswegen es einer Ratifikation aller nationalen Parlamente der verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten bedürfe. Deshalb setze er seit Beginn der Verhandlungen auf Transparenz, so Barnier.
Der frühere EU-Kommissar setzte sich bezüglich der künftigen EU-Grossbritannien-Beziehungen für ein Modell nach dem Vorbild der Beziehungen der EU mit Norwegen ein. Damit wären die Briten weiter Teil des Binnenmarktes und der Zollunion, und es würde keine Grenze in Irland entstehen. Allerdings wird dieses Modell von London abgelehnt. Barnier warnte, dass eine harte Grenze in Irland die Stabilität der Insel gefährden würde. (awp/mc/ps)