von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Kähli, die sitEX Properties Holding AG hat auch im letzten Geschäftsjahr ein erfreuliches Betriebsergebnis von 39.03 Mio Franken auf Stufe EBIDTA und einen Reingewinn von 21.16 Mio Franken erzielt. Wie ordnen Sie das Resultat ein ?
Beat Kähli: Wir haben unser Ziel auch im 2022 übertroffen, und sind glücklich und dankbar. Über die letzten 7 Jahre hat sitEX kummuliert einen Reingewinn von insgesamt 196.957 Mio Franken vor Steuern und 138.921 Mio Franken nach Steuern erzielt. Bei einem durchschittlichen Eigenkapital von 143.857 Mio Franken entspricht dies einer durchschnittlichen Eigenkapitalrendite von 19.49 % p.a. vor Steuern, respektive 13.79 % p.a. nach Steuern.
An der Generalversammlung 2017 haben wir eine nachhaltige Rendite auf das Eigenkapital von 10 % p.a. als Ziel genannt. Wie die Resultate über die letzten 7 Jahre zeigen, wurde das Ziel übertroffen.
«Nur ein realisierter Gewinn ist ein wirklicher Gewinn» lautet die Maxime von sitEX Properties. Welche Verkäufe konnten 2022 realisiert werden ?
In unseren Projekten in Zentralflorida und Texas haben wir 2022 Hunderte von EFH-Parzellen und in der Schweiz eine Immobilie im Kanton Luzern verkauft.
Die grösste Transaktion im letzten Jahr war der Verkauf unserer Towncenter 3/4 Buildings in Avalon Park Orlando. Dabei handelt es sich um insgesamt 189 Wohnungen, welche wir mit einem zweistelligen Millionengewinn im 1. Semester 2022 an einen institutionellen Investor aus Austin/Texas verkauft haben. Wir haben diese Wohnungen in den letzten Jahren geplant, gebaut, vermietet und nun verkauft, dies ist das Kerngeschäft von sitEX.
Die Federal Reserve hat die Zinsen in Rekordgeschwindigkeit erhöht. Hätten Sie eine solche Entwicklung je für möglich gehalten ?
Ich denke es ist eher selten, dass eine Notenbank ankündigt, dass sie die Zinsen in einem Jahr sieben Mal erhöhen würde. Das FED hat dies 2022 getan, und 2023 ging es weiter. Somit waren wir nicht wirklich überrascht, sondern konnten dank der präzisen Voraussage des FED planen.
«Bei sitEX waren wir schon immer der Meinung, dass man absichern soll, was man absichern kann. (…) Zinsen kann man absichern, und bei sitEX tun wird dies.»
Beat Kähli, CEO sitEX Properties Holding AG
Wie spüren Sie gerade in den USA die Auswirkungen der Zinserhöhungen und welchen langfristigen Effekt erwarten Sie – auch in der Schweiz ?
Wenn man wie wir grosse Entwicklungsprojekte mit einem Zeithorizont von Jahrzehnten als Geschäftsmodell hat, denkt man auch langfristig. Mitte der 90er Jahre musste ich bei der Bank of America 10.5 % Zins für meine persönliche Hypothek bezahlen. Der Tiefststand war 2021 mit leicht unter 3 % für eine 30-jährige Hypothek erreicht. Heute sind wir bei gut 7 % für 30-jährige Laufzeiten – bei US-Wohnhypotheken immer noch der Standard – und somit langfristig betrachtet in etwa der Mitte von Höchst und Tiefst bei den Hypothekarzinsen in den USA.
Wie bei jedem Zinsanstieg wurden einige Immobilienakteure und manche Banken auf dem «falschen Fuss erwischt». Der Verkauf der 189 Wohungen von sitEX im 1. Semster 2022 zeigt dies auf: Damals hat man den Kaufpreis mit einem Kapitalisierungsfuss von 4.25 % ermittelt und kam so auf 57 Millionen Dollar. Heute ergibt die Bewertung mit einem Kapitalisierungsfuss von 6.5% rund 37 Millionen. Natürlich sind wir bei sitEX über das Timing des Verkaufes glücklich.
Auch in der Schweiz kann ich mich noch an ein Zinsniveau von 5% + p.a. erinnern. Somit liegen also langfristig zwischen «high + low» ähnliche prozentuale Schwankungen vor wie in den USA.
Wie hat sitEX auf den Turnaround bei der Geldpolitik reagiert?
Bei sitEX waren wir schon immer der Meinung, dass man absichern soll, was man absichern kann. In unserem Geschäft gibt es viele politische, ökonomische und andere Risiken, die man nicht absichern kann. Zinsen kann man absichern, und bei sitEX tun wird dies. Manchmal können solche Absicherungsgeschäfte auch «weh tun», so dachten wir im 2012, dass die Zinsen in Franken kaum unter 2 % fallen können. Damit waren die damals von sitEX getätigen Zinsswaps natürlich für viele Jahre kein gutes Geschäft.
Unsere Finanzchefin Marybel Defillo hat mit grossem Geschick gruppenweit fast alle unsere Kredit langfristig abgesichert. Bei vielen Krediten in den USA zahlen wir über Jahre einen tieferen Zinssatz als der amerikanische Staat aufgrund der heutigen Treassury Bond Rates – dies dank konsequenter Absicherung und Refinanzierung von Krediten vorallem 2021-22.
Und wie gesagt: Die Zinswende kam in den USA mit einer klaren Ansage, man hatte also Zeit zu reagieren, und wir haben das mit unseren Absicherungsgeschäften und Refinanzierungen getan.
Eine weitere Belastungsprobe war und ist die Inflation in der Bauwirtschaft. Wie stark belastet das die Umsetzung Ihrer Projekte ?
Auch hier braucht es einen lanfristigen Horizont. Bei sitEX können wir auch warten mit bauen. Wir gehen hier von einer Beruhigung der Preisentwicklung aus. Ich denke sogar, dass es möglich sein sollte, ab Ende dieses Jahres zu tieferen Preisen zu bauen – in Florida, Texas und in der Schweiz.
In unseren Gesprächen mit den grossen Bauunternehmern zeigt sich, dass heute noch viel gebaut wird mit Projekten die vor ein bis zwei Jahren gestartet wurden. Es fehlen aber Folgeaufträge für die 2. Jahreshälfte 2023. Ich denke, die Preise könnten fallen, und somit könnte das Timing für ein Grossprojekt wie Avalon Park Daytona vielleicht gerade richtig sein.
«Ich denke sogar, dass es möglich sein sollte, ab Ende dieses Jahres zu tieferen Preisen zu bauen – in Florida, Texas und in der Schweiz.»
Die Herausforderungen sind gross. Welche Chancen bringen die Entwicklungen, gerade an der Zinsfront, möglicherweise mit ?
Falls die Zinsen sich in den USA und der Schweiz auf dem heutigen Niveau halten, bin ich eher zuversichtlich, dass wir keinen Crash wie 2008/2009 in den USA oder Anfang der 1990er Jahre in der Schweiz vor uns haben.
In den Jahren 2005 bis 2007 wurde in Florida auf Spekulation und auf Halde gebaut. Viele machten mit und kauften ohne eigene Mittel 3, 4 oder gar 5 Einfamilienhäuser – mit dem Ziel diese dann nach Fertigstellung mit Gewinn zu verkaufen. Diese Entwicklung führte zusammen mit der Verbriefung der Kredite zur «Subprime-Krise», welcher die UBS und viele andere Banken beinahe zum Opfer fielen. Wir hatten also Häuser in Florida, die niemand brauchte, und somit dann auch einen entsprechenden Crash, in welcher eine Immobilienkrise zur Finanzkrise und damit zur Weltwirtschaftkrise wurde.
«sitEX hat alleine in Florida und Texas eine Entwicklungspipeline von über 5 Mrd Dollar, deren Land in der Bilanz von sitEX mit weniger als 5 % bewertet wird.»
Heute haben wir eine eigentliche «Wohnungsnot» in Florida. Es suchen mehr Leute Einfamilienhäuser als solche am Markt sind. Florida ist der am schnellsten wachsende Bundesstaat in den USA und wird in den kommenden Jahren mehr Einwohner als ganz Australien haben. Und Texas ist der am zweitschnellsten wachsende Bundesstaat, flächenmässig in etwa so gross wie Frankreich, mit noch viel Potenzial.
Ich bin mittel- und langfristig zuversichtlich. sitEX hat alleine in Florida und Texas eine Entwicklungspipeline von über 5 Mrd Dollar, deren Land in der Bilanz von sitEX mit weniger als 5 % bewertet wird. Wir «predigen» ja laufend das Monetarisieren, und tun es auch. Das ist «das Geheimnis unseres Erfolges» – eine grosse Entwicklungspipeline, die laufende Gewinnrealisierungen erlaubt.
Beim Entwicklungsprojekt Avalon Park Wesley Chapel veräussert sitEX Properties die Grundstück an lokale und renommierte nationale Bauunternehmen und entwickelt die kommerzielle Innenstadt für das Projekt. Hier entsteht nun der Bau der ersten Etappe an. In welchem Rahmen können wir uns «Downtown» vorstellen?
Downtown Avalon Park Wesley Chapel (APW) wird auf einer Fläche von gut 1 Mio m2 gebaut und nach dem vollständigen Ausbau ca. 2750 Wohneinheiten, eine K-12-Schule mit 3000 Schülern (Kindergarten bis 12. Schuljahr, Anm. der Redaktion) sowie Läden und Büros mit rund 50’000 m2 Fläche aufweisen. Zu heutigen Preisen entspricht dies in etwa einem Bauvolumen 1.25 Mrd Dollar.
sitEX plant, von diesen rund 1.25 Mrd Dollar rund 100 Mio im Eigenbesitz zu halten. Zur Zeit baut sitEX USA ein Mixed-Use-Building mit 40 Wohungen und rund 2000m2 Gewerbeflächen, Middleburg aus Virginia baut in drei Phasen 600 Wohnungen und wir haben einen Vertrag mit unserem strategischen Partner Stanley Martin für den Bau von rund 400 weiteren EFH und Townhomes in Downtown Avalon Park Wesley Chapel.
Zusammen mit den 1000 Einfamilienhäusern, welche der grösste US Homebuilder DR Horton in APW in Etappen baut, ist Avalon Park Wesley Chapel eines der grössten Immobilienprojekte in der Tampa Bay Gegend.
«Im Immobiliengeschäft spricht man oft von «Lage, Lage, Lage». Ich denke hier aber anders, für mich ist «Timing, timing, timing» das Wichtigste in unserem Geschäft.»
Eine fast doppelt so grosse Fläche wie Wesley Chapel weist das grösste Entwicklungsprojekt von sitEX, Avalon Park Daytona Beach, auf 12 Mio Quadratmeter. Haben die Bauarbeiten begonnen?
Wir haben am 17. April «clearing and mass grading»-Bewilligung erhalten und können somit mit dem Bau bald starten. (2. Halbjahr 2023). Avalon Park Daytona ist eines der Projekte, bei welchem wir aus politischen und Gründen der Baukosten keine Eile hatten. Die Landpreise sind seit unserem Landerwerb Mitte 2020 angestiegen. Die ersten Häuser werden wohl im 2025 bezogen werden.
«Im Immobiliengeschäft spricht man oft von «Lage, Lage, Lage». Ich denke hier aber anders, für mich ist «timing, timing, timing» das Wichtigste in unserem Geschäft.»
Welche Projekte stehen in diesem Jahr in der Schweiz im Fokus ?
Wir sind glücklich, dass wir im Powerhouse in Muttenz – dem grössten sich in privatem Besitz befindlichen Gewerbebau in Baselland – eine Vollvermietung erzielt haben. In Bubendorf bauen wir einen Aldi und Büros für den Medical Bereich. Ebeso haben wir letztes Jahr den Quartierplan für einen neuen Stadtteil von Liestal einstimmig genehmigt erhalten. Hier sind die Vorbereitungen für einen Baustart im 2024 im Gange.
Letzte Frage: Im Herbst 2022 kam in Kuala Lumpur ein weiterer Standort für das Coworking-Konzept «the 5th Floor» dazu. Wie sind Sie mit der Auslastung dort und an den anderen Standorten zufrieden ?
The 5th Floor hat uns 2022 und 2023 viel Freude bereitet. In Muttenz und Orlando konnten wir alle Cowork-Büros vermieten. In Orlando haben wir sogar eine Warteliste und haben auch in ein Nachbargebäude expandiert. Kuala Lumpur ist ein kleiner Standort für «The 5th Floor», aber schon gut ausgelastet.
Wir arbeiten weiterhin an der Expansion auf rund 30 Standorte, dieses Jahr wird auch Sidney dazukommen, wo wir in den letzten fünf Jahren erfolgreich Immobilien-Investitionen realisiert haben. sitEX ist eine inhabergeführte Immobiliengesellschaft und wir wollen uns durch unsere auch für US-Verhältnisse riesigen Entwicklungsprojekte und Konzepte wie «The 5th Floor» von anderen Immobiliengesellschaften unterscheiden.
Herr Kähli, besten Dank für das Interview.